Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
die Enge in dem Gefährt mache sie krank. »Kate, das Pferd wird nicht mit dir durchgehen. Wenn du dich weiter daran klammerst, als ob es um dein Leben ginge, wirst du am Ende fix und fertig sein. Lass den Sattelknopf los, halt die Knie locker und atme mal tief durch.« »Das ist bestimmt ein ausgezeichneter Rat, und ich werde mich bemühen, ihn zu befolgen. Ich bin nicht mehr geritten, seit ich fünf war, und das auf einem Pony, wo es nicht so weit bis zum Boden war! Wir haben auf Renney gar keine richtigen Pferde, nur friedliebende Ponys mit Bäuchen wie Bierfässer und struppigem Fell. Man lässt sie Karren ziehen und die Kinder zum Spaß darauf reiten.« »Hat es dir gefallen?« Marguerida war fest entschlossen, Katherine zu beruhigen. Diese Aufgabe lenkte sie wenigstens von ihren und Katherines Ängsten ab. Letztere waren ein pausenloses gedankliches Murmeln, das sich um Herm und die Sicherheit ihrer Kinder drehte. Kate tat ihr Leid, weil sie so zwischen zwei nicht zu vereinbarenden Treuepflichten hin- und hergerissen war. Wenn Gisela nicht angeboten hätte, die Kinder zu nehmen, wäre es noch schwerer für sie. Und jetzt, im Rückblick und da sie nicht mehr so übermüdet war, spürte Marguerida, dass die Entscheidung ihrer Schwägerin aufrichtig gemeint war und echter Zuneigung zu Katherine Aldaran entsprang. Und nachdem Gisela offenbar so entschlossen war, sich besser zu benehmen, würde sie selbst lernen müssen, ihr mehr zu vertrauen. Nach allem, was zwischen den beiden vorgefallen war, hatte die Vorstellung etwas Erschreckendes, und Marguerida bezweifelte, dass sie sich leicht damit würde anfreunden können.
»Ich weiß nicht recht. Ich glaube mich zu erinnern, dass mir die vielen Zähne ein bisschen Sorgen machten – für ein kleines Mädchen wirkt selbst ein Pony schon ziemlich bedrohlich. Und wir ritten ohne Sattel und Zügel. Ich packte einfach die Mähne – ich weiß noch, dass sie sich drahtig anfühlte – und klammerte mich daran, was das Zeug hielt.« Sie lachte kurz.
»Das habe ich dir aber nicht erzählt, sondern Fertigkeiten vorgetäuscht, die ich gar nicht besitze«, gab sie zu.
»Schon gut. Du hast nicht in der Absicht gelogen, jemanden zu verletzen, und ich verstehe, dass es schwierig für dich gewesen wäre, in eine Kutsche gequetscht zu sein.« »Wie weit ist es noch?« »Zur Rhu Fead oder bis Carcosa?« »Carcosa.« Marguerida blickte mit Kennermiene den Zug entlang.
»Wenn keine Kutsche ein Rad verliert, werden wir den Ort gegen Mittag erreichen, und falls es keine weiteren Verzögerungen gibt, könnten wir bis Einbruch der Nacht am See von Hali sein.« Bis jetzt hatte sie Katherine nichts von einem möglichen Angriff auf den Trauerzug gesagt und auch nicht, dass sie nach Carcosa doch in eine Kutsche umsteigen musste. Es war schon schwer genug gewesen, ihr die Möglichkeit eines Angriffs auf die Burg zu vermitteln, damit man die Kinder in Sicherheit bringen konnte.
»Bis Einbruch der Nacht?« Katherine zitterte im Wind, als ginge ihr endlich auf, was es hieß, den ganzen Tag lang zu reiten. »Aber wo werden wir die Nacht verbringen? Gibt es dort eine Stadt? Davon hat niemand etwas gesagt.« »Nichts dergleichen – nach deinen Begriffen ist Thendara die einzige richtige Stadt auf Darkover. Es gibt noch ein paar größere Orte wie Neskaya, die man fast als Stadt bezeichnen könnte, aber hauptsächlich gibt es Dörfer, Marktflecken und Weiler. Ich habe vor drei Tagen Leute vorausgeschickt, die alles vorbereiten. Mittlerweile müsste es dort ein Lager mit Küchen, Schlafzelten und Latrinen geben.« »Ihr schlaft bei dieser Kälte draußen, in Zelten?« Marguerida konnte gerade noch ein Lachen unterdrücken.
»Nach darkovanischen Maßstäben ist es nicht kalt, Kate.« »Bei welcher Temperatur wird es euch dann ungemütlich?« »Naja, weit unter dem Gefrierpunkt, würde ich sagen, und wenn einem der Schnee bis zur Nase reicht. Ich habe mich inzwischen so daran gewöhnt, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenke. Bei meiner Rückkehr nach Darkover glaubte ich am Anfang, ich müsste hier erfrieren, aber ich habe mich angepasst, und dir wird es genauso gehen.« »Da wäre ich mir nicht so sicher. Du warst damals doch viel jünger, als ich jetzt bin.« »Ja, aber ich bin trotzdem überzeugt, dass du dich mit der Zeit an das Klima gewöhnen wirst.« Katherine ließ den Blick über die Landschaft schweifen, bis zum Horizont, als suchte sie nach etwas, das weit entfernt war. »Herm hat immer
Weitere Kostenlose Bücher