Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
Oberflächengedanken abzuschirmen. So war es durchaus eine Offenbarung gewesen, dass Francisco junior nicht annähernd der Protege seines Vaters war, für den sie und alle anderen ihn immer gehalten hatten. Zwischen den beiden Männern herrschte ein unterschwelliges Misstrauen, das sie überrascht hatte. Bei der Beobachtung der beiden Ridenows und ihres Wechselspiels gelangte sie schließlich zu der Ansicht, dass Francisco niemandem gehorchte als sich selbst, dass er einen ernsten und nüchternen Charakter hatte, seinem eigenen Urteil vertraute und stets vor seinem Erzeuger auf der Hut war.
Es war Franciscos Vorschlag gewesen, die Kinder in den Kutschen, mit denen die Leroni aus Arilinn zur Beerdigung gekommen waren, aus der Burg zu schmuggeln, während die Leroni in der Burg blieben, um bei ihrer Verteidigung zu helfen. Er hatte eine genaue Zahl von Männern nennen können, die zum Schutz der Burg sowie des Trauerzugs zur Verfügung standen, und Marguerida vermutete, dass er die Möglichkeit solcher Angriffe bereits selbst erwogen hatte. Tatsächlich hatte er die Stadtwache längst zu diesem Zweck organisiert und die vielen pensionierten Gardesoldaten in Thendara zusammengetrommelt und in Alarmbereitschaft versetzt. Er würde zu beachten sein, falls sie diese Krise heil überstanden. Dennoch konnte sie nicht umhin, ihm wegen seines Vaters ein wenig zu misstrauen, und nach gründlicher Erforschung ihres Gewissens kam sie zu dem Schluss, dass dies eher klug als kleinlich von ihr war. Es konnte nie schaden, schlaue Menschen scharf im Auge zu behalten, egal für wie loyal sie sich selbst hielten.
Marguerida war unendlich erleichtert, dass sie die Kinder weggebracht hatten. Rhodri hatte zwar mächtig protestiert und daraufbestanden, er sei alt genug, um zur Rhu Fead mitzukommen. Er hatte getobt, weil Domenic ein Abenteuer erleben würde, von dem er ausgeschlossen blieb, aber Marguerida war froh, dass sie sich keine Sorgen um ihn zu machen brauchte. Und Gareth Elhalyn war ebenfalls ungehalten gewesen. Nein, das war ein zu harmloser Ausdruck für das Benehmen des Jungen. Gareth hatte einen regelrechten Wutanfall bekommen. Beinahe tat ihr Gisela Leid; sie wunderte sich ohnehin immer noch, dass sich ihre Base freiwillig um ihre und Katherines Kinder kümmerte. Sie beneidete Gisela nicht um eine Kutschenfahrt mit acht Bälgern, von denen wenigstens zwei schmollten, wie es nur Pubertierende vermögen.
Plötzlich ging Marguerida durch den Kopf, dass Gisela erleben könnte, wie ihre Jugendträume wahr wurden, falls sie alle bei diesem verrückten Abenteuer sterben sollten. Als Tante von Rhodri und Alanna und Frau von Rafael Lanart-Hastur käme sie logischerweise als eine der Personen in Frage, denen man die Kinder anvertrauen würde, auch wenn sie eine geborene Aldaran war. Damit wäre sie im Besitz der Macht, nach der sie sich ihr ganzes Leben lang gesehnt hatte. Und ohne dass Marguerida genau sage n konnte, warum, beunruhigte sie diese Möglichkeit nicht. Gisela würde es mit Miralys Elhalyn zu tun bekommen, die wegen ihrer Schwangerschaft in der Burg geblieben war, und mit Javanne, die Gisela sogar noch mehr hasste als Marguerida. Nur so zum Spaß und um sich von weniger zuträglichen Gedanken abzulenken, stellte sie sich eine Begegnung zwischen den beiden vor. Das funktionierte zwar eine Weile, aber dann drängten ihre Sorgen und Zweifel mit Macht zurück.
Wenn alles gut ging, hatte Lyle Belfontaine keine Ahnung, dass die Kutschen voller bewaffneter Männer waren, statt der Frauen und Kinder, die eigentlich darin fahren sollten. Zwanzig Kutschen mit jeweils sechs Leuten – damit hatten sie noch einmal einhundertzwanzig unsichtbare Kämpfer, zusätzlich zu den zweihundertfünfzig Gardisten und dem Trupp Entsagender, die am Ende der Prozession ritten. Keine sehr große Zahl, wenn man bedachte, welche Waffen die Föderation einsetzen konnte. Allerdings rechneten sie nicht damit, auf mehr als hundert Feinde zu treffe n. Und außerdem wusste die Föderation weder über Mikhails noch über Margueridas eigene Kräfte Bescheid. Ihre Zukunft schien an einem dünnen Faden zu hängen, aber nach stundenlangen Diskussionen im Kristallsaal, an deren Ende alle Anwesenden heiser waren, hatten sie keine andere Möglichkeit gefunden.
Plötzlich wurde Marguerida die Ironie der ganzen Sache bewusst. Jahrelang hatten sich alle vor Mikhails Matrix gefürchtet, so sehr, dass sie das Potenzial ihrer eigenen Schattenmatrix fast vergaßen. Lady
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