Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
steht in der Nähe des Sees von Hali.« Marguerida hielt inne und atmete tief durch. »Ich habe einmal mehrere Wochen in den Wassern des Sees von Hali verbracht – allerdings ist es kein richtiges Wasser –, und ich weiß nicht mehr darüber als vorher. Es hilft also nichts, mich danach zu fragen. Ich wünschte, ich könnte dir mehr erzählen. Nimm einfach zur Kenntnis, dass Hali ein heiliger Ort ist und Darkover ein Planet, der mehr zu Traditionen neigt als zu Innovationen.« Sie grinste. »Man denkt hier nicht viel über solche Dinge nach. Ich glaube, wenn du hundert beliebige Leute fragst, warum dies und jenes auf eine bestimmte Weise gemacht wird, werden dir neunzig nur antworten, was gut genug für ihren Großvater war, ist auch gut genug für sie.«
»Ach so, eine religiöse Stätte. Solche Dinge lassen sich eigentlich nicht erklären. Selbst wenn du mit einem bestimmten Glauben aufwächst, verstehst du ihn nicht ganz. Ich vermute, Religion ist nur ein Behälter, in den echte Geheimnisse geworfen werden wie alte Kleidung.«
Marguerida sah Kate erfreut an. Sie hatte fast schon vergessen, wie schön ein Gespräch über geistige Vorstellungen sein konnte, denn nur wenige Leute auf Darkover verfügten über die Bildung und intellektuelle Neugier, nach der sie sich sehnte. Und bis jetzt war ihr gar nicht in den Sinn gekommen, dass Katherine eine Frau mit eigenen, ungewöhnlichen Vorstellungen sein könnte. »Das ist aber eine interessante Einstellung. So habe ich es noch nie betrachtet, aber es hört sich vernünftig an. Ich hatte aus manchen Dingen, die du erwähnt hast, den Eindruck gewonnen, dass Renney ein ziemlich komplexes religiöses leben hat – eure heiligen Wäldchen und alles. Lässt du diese Dinge denn nicht mehr gelten?«
»Vielleicht hat mich meine Zeit in der Föderation ein bisschen zynisch gemacht.« Katherine seufzte nachdenklich. »Wir haben Göttinnen auf Renney, und die Leute dort glauben an sie. Es vergeht kein Tag, an dem meine Nana nicht ihre Gebete spricht und ihre kleinen religiösen Handlungen verrichtet. Als ich noch ein Kind war, fand ich das wundervoll, aber als wir dort zu Besuch waren, damit Nana Terese kennen lernen konnte, da … war es mir fast peinlich. Es kam mir so rückständig und abergläubisch vor, einfach ein bisschen dumm. Ich würde das natürlich nie ihr gegenüber anklingen lassen. Meine Nana mag alt sein, aber ich bin immer noch Wachs in ihren Händen, wenn sie will, und sie muss sich nicht einmal übermäßig anstrengen dabei.« Katherine lachte. »Nach einigen Jahren in der Föderation, wo ich Dutzende von Religionen beobachten konnte, deren Anhänger alle hartnäckig behaupten, ihre sei die einzig wahre – da begann mir das alles ein bisschen lächerlich zu erscheinen. Es ist sehr schwer, weiterhin an die Macht von Göttinnen zu glauben, wenn du nie eine gesehen hast und von Leuten umringt bist, die so viele Verschiedene und gegensätzliche Dinge glauben.«
Marguerida antwortete nicht, sondern dachte an ihre persönlichen Erfahrungen. Ihre Erinnerung kehrte zu dem Moment ihrer Heirat mit Mikhail zurück, an der Varzil der Gute und die Göttin Evanda teilgenommen hatten. Sie hatte nie daran gezweifelt, dass es tatsächlich so gewesen war, aber es widerstrebte ihr, ihrer neuen Freundin davon zu erzählen.
Es war eine sehr persönliche Erinnerung, und auch jetzt noch, Jahre danach, empfand sie so viel Ehrfurcht, dass sie nur mit Mikhail darüber sprechen konnte.
Zuletzt sagte sie: »Die darkovanische Mythologie ist ziemlich einfach – zwei männliche und zwei weibliche Gottheiten und keine nennenswerte Theologie. Die Götter sind eher wie Naturkräfte, die man gelegentlich zeremoniell anruft und ansonsten nicht weiter. beachtet. Es gibt auch noch andere kleinere Gottheiten. Aber ich glaube, die Leute haben die allgemeine Einstellung, dass sie die Götter am besten in Ruhe lassen, solange sich diese nicht aktiv in ihr Leben einmischen.« Sie hielt kurz inne. »Oben in Nevarsin gibt es eine Kultgeme inde namens Cristoforos . Ihr Glaube ist monotheistisch und wird von den meisten Darkovanern nicht geteilt, aber sie waren jahrhundertelang ein Zentrum des Lernens.
Früher wurden viele Söhne des Comyn zur Ausbildung dorthin geschickt – darunter auch Regis Hastur. Die Sitte ist in letzter Zeit aus der Mode gekommen, obwohl Giselas ältester Sohn aus ihrer ersten Ehe zu den Cristoforos gegangen ist und anscheinend beschlossen hat, bei ihnen zu bleiben. Ich kann
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