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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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der Schutzkleidung zerrten. Er beobachtete, wie die teuren Kopfbedeckungen gegen Steine geschmettert wurden, und sah einen Mann, der sich die Finger in die eigenen Augen rammte. Mehrere andere machten kehrt und begannen, die Treppe hinab auf ihn zuzulaufen.
    »Halt!« Sein Befehl wurde vom Wind weggetragen, ohne etwas zu bewirken. Ein Soldat stürzte an ihm vorbei, er warf im Laufen seine Waffen weg und schrie aus Leibeskräften. Die Augen des Mannes waren glasig und ausdruckslos, und aus dem offenen Mund lief ihm ein Speichelfaden. Belfontaine wollte den Mann zurückhalten, doch der stieß ihn nur weg, und er fiel mit solcher Wucht zu Boden, dass ihm die Luft wegblieb. Der Kampfanzug schützte ihn zwar, aber er spürte den Aufprall dennoch. Benommen sah er, wie die auf dem Treppenabsatz verbliebenen Soldaten herumsprangen, die Anzüge abstreiften, brüllten und sich erbrachen. Er drehte sich um und stellte fest, dass der Rest seiner kleinen Streitmacht ebenfalls verrückt geworden war.
    Er rappelte sich auf und versuchte verzweifelt, sich wieder in die Gewalt zu bekommen. Der Anzug fühlte sich plötzlich viel zu warm an, und in Erinnerung an den Kurzschluss in seinem Helm blickte er an sich hinab, um festzustellen, ob irgendwo verräterischer Rauch emporstieg. Es wurde immer heißer, unerträglich heiß, obwohl er keinen Defekt erkennen konnte. Raus aus dem Anzug!
    Belfontaine zog an den Verschlüssen und fühlte, wie der Anzug an ihm hinabglitt, bis er in seiner Thermounterwäsche dastand. Der frische Wind kühlte seinen überhitzten Körper rasch ab, und er bemühte sich zu begreifen, was sich hier abspielte.
    Du hast nie zu etwas getaugt, Lyle. Du warst ein Versager vom Tag deiner Geburt an! Er hörte die Worte und erkannte die Stimme, obwohl sein Verstand sich dagegen sträubte.
    Dann sah er den Sprecher vor sich stehen, seinen riesigen und übermächtigen Vater, der höhnisch auf ihn herabsah, so dass er sich noch kleiner fühlte, als er ohnehin war. Die Vision war zunächst durchsichtig, doch dann verfestigte sie sich und fing an, näher zu kommen. Instinktiv hob Lyle die Arme, um den erwarteten Schlag abzuwehren; er nahm inzwischen überhaupt nicht mehr wahr, was seine Männer ringsum trieben.
    Er kauerte vor dem Abbild seines Vaters, versuchte die Stimme wiederzufinden, etwas zu sagen, das die Gefahr abwendete. Aber seine Kehle war wie zugeschnürt vor Angst, und er spürte, wie sich sein Schließmuskel entspannte. Als ihm der Geruch in die Nase stieg, zitterte Belfontaine vor Scham.
    Dann verschwand das Trugbild seines Vaters so plötzlich, wie es gekommen war, und er sah schreiende oder weinende Männer auf dem Treppenabsatz sitzen. Er drehte sich zum Rest seiner Truppe um und stellte fest, dass die meisten auf dem Rückzug waren. Doch als wäre das nicht bereits schlimm genug, ritt ihnen eine Kompanie der Stadtwache entgegen.
    Hatten die den Verstand verloren, zu Pferd gegen Energiewaffen anzutreten? Aber dann sah er, dass keiner seiner Soldaten auch nur daran dachte, nach einer Waffe zu greifen – sie waren viel zu beschäftigt damit, herumzuhüpfen und sich ihrer Anzüge zu entledigen. Dieser verdammte Planet trieb sie in den Wahnsinn!
    Bevor er diese neue Entwicklung ganz begriffen hatte, hörte er ein anderes Geräusch, ein Knirschen von Stein auf Stein.
    Er drehte sich um. Auf einer Seite des großen Haupttors hatte sich eine Öffnung in der Burgmauer aufgetan, und aus dieser strömte die Palastwache, von der man ihm versichert hatte, sie sei nicht in der Burg.
    Belfontaine griff an seine Seite, wo eine Schusswaffe hätte sein sollen, aber seine Finger strichen nur über das Gewebe seiner Thermounterwäsche. Er bückte sich und versuchte, die Waffe in dem Kampfanzug zu finden, der ihm als ein Häufchen auf die Knöchel hinabgerutscht war.
    Na, kleiner Mann?
    Die Worte dröhnten wie ein Kanonenschlag in seinem Geist, vertraut und fremd zugleich. Das war zu viel; Lyle Belfontaine wurde zum ersten Mal in seinem Leben ohnmächtig.
    Als Belfontaine zu sich kam, fand er sich auf einer langen Couch wieder, ohne seine Kampfausrüstung. In einem großen steinernen Schlund brannte ein angenehmes Feuer, das den Geruch von Cottman-Balsam verströmte. Er lag benommen und konfus in seiner besudelten Thermowäsche.
    Er hörte das leise Rascheln von Stoff und drehte den Kopf in die Richtung des Geräuschs. Eine dunkelhaarige Frau in einem rubinroten Kleid kam in sein Blickfeld. Das Kleid fiel weich und fließend

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