Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
sprichst.« »Ich weiß, es klingt ironisch, aber mir scheint, ich habe mich selbst nie verstanden, bis ich nach Darkover kam, habe nie begriffen, warum mir in Gegenwart anderer meistens unbehaglich zu Mute ist. Dich, Hermes-Gabriel Aldaran, habe ich auch deshalb geheiratet, weil ich mich mit dir wohl fühlte – und jetzt erkenne ich, dass der Grund dafür deine Distanziertheit ist! Sicher, du bist lieb und nett und äußerst hingebungsvoll, aber es gibt einen Teil von dir, den du nicht preisgibst. Dieser Teil sorgte dafür, dass ich mich nicht bedroht fühlte, aber jetzt ist alles so anders. Wenn wir unsere Ehe noch kitten wollen, wirst du dich ändern müssen!« Domenic wünschte, er könnte irgendwie verhindern, dass er alles mithörte, aber er war gleichzeitig auch sehr interessiert. Sprachen seine Eltern auch über solche Dinge, wenn sie allein waren? Es musste so sein, denn sowohl Mikhail als auch Marguerida waren sehr starke und eigensinnige Persönlichkeiten, und sie hatten ihre Ehejahre sicher nicht ohne Auseinandersetzungen überstanden. Das war eine neue und nicht ganz angenehme Einsicht in die Beziehung der zwei wichtigsten Menschen in seinem Leben. »Distanziert? Ich?« Herm klang jetzt eingeschnappt, fast wie ein Kind.
»Ja, und du versteckst dich auch! Oder glaubst du, dass dieser muntere, leutselige Bursche, den du spielst, der echte Hermes ist?« Der Mann krümmte sich und verschränkte die Finger. Dann schluckte er heftig und entgegnete: »Ich vermeide es eben möglichst, in mich hineinzuschauen.« »Dann solltest du lieber damit anfangen, sonst werde ich … ich weiß es nicht genau. Vielleicht schließe ich mich der Malergilde an und trenne mich von dir. Oder ich lasse mich für den Rest meiner Jahre von deinem Bruder ernähren. Auch wenn du mich auf diese fremde Welt ins Exil geführt hast, bin ich nicht ohne Möglichkeiten!« »Du verlangst von mir, ein anderer Mensch zu werden. Ich weiß nicht, ob das realistisch ist. Ich weiß nicht, ob ich das kann.« »Ich will, dass du es versuchst. Ich lasse mich nicht mehr ausschließen, und ich will auch nicht mehr im Stich gelassen werden, Herm. Das solltest du möglichst schnell in deinen klobigen Aldaranschädel kriegen!« »Reicht es denn nicht, dass ich dich liebe?« »Nicht annähernd, Cario.« Die Kosebezeichnung nahm ihrer Forderung nicht die Schärfe, und Domenic verschleierte ein Lächeln, indem er den Kopf senkte, sodass man seinen Mund nicht sah. Er hatte das Gefühl, eine wichtige Lektion über das Leben als Erwachsener zu lernen, die er allerdings noch nicht ganz verstand.
»Was willst du von mir, Kate?« Herm wirkte nun demütig, aufrichtig und ein bisschen ängstlich.
»Ich möchte, dass du endlich erwachsen wirst! Keine Spielchen und Intrigen mehr und keine Geheimnisse, jedenfalls nicht vor mir!« Herm sah eine Minute lang niedergeschlagen aus, und Domenic wartete gespannt auf seine Antwort. »Ohne meine Komplotte und Intrigen weiß ich nicht, wer ich bin, Kate.« »Dann ist es höchste Zeit, dass du es herausfindest.« Er seufzte tief. »Ist dir klar, wie sehr ich es hasse, wenn du Recht hast?« »Ja.« Kate streckte die Hand aus und legte sie auf seine verschränkten Finger. »Wenn ich dich nicht so sehr lieben würde, würde ich dich nicht quälen, das weißt du.« »Womit habe ich dich nur verdient?« Er senkte den Kopf.
Sie beugte sich über ihn und küsste ihn auf die spiegelnde Glatze. »Du musst wohl unter einem Glücksstern zur Welt gekommen sein«, murmelte sie.
Domenic gähnte, aber nicht aus Müdigkeit, sondern um die Spannung in seinem Kiefer zu lösen. Es war erstaunlich noch vor wenigen Minuten waren die beiden sehr wütend aufeinander gewesen, und jetzt war es plötzlich vorbei, vorläufig, jedenfalls. Vermutlich war die Sache noch nicht ganz beigelegt, Katherine würde ihren Gatten wieder und wieder schelten müssen. Aber der Frieden war wiederhergestellt, und Domenic hatte den Eindruck, etwas gelernt zu haben. Er wünschte, er könnte seine Mutter danach fragen, aber dazu müsste er offen legen, was zwischen Herm und Katherine geschehen war, und das wollte er nicht. Nach kurzem Grübeln ließ er die Angelegenheit ruhen und konzentrierte sich auf Dinge außerhalb der Kutsche. Er überflog die Gedanken der Wachen, die neben ihnen herritten, und dann tastete er nach jenen, die irgendwo auf dem Weg vor ihnen auf sie warteten.
Mikhail und Marguerida ritten Seite an Seite an der Spitze des sich langsam fortbewegenden
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