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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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nicht sollte, bewunderte er ihr rüdes Benehmen. Er wünschte, er hätte den Mut, zu jedermann so grob zu sein, anstatt immer nur zu tun, was man von ihm erwartete. Für einen Moment amüsierte er sich über die Vorstellung einer Begegnung zwischen diesem Mädchen und Javanne Hastur und versuchte sich auszumalen, was die Kleine wohl sagen würde.
»Wenn du zur alten Gerberwiese beim Nordtor kommen magst, dort geben wir heute Abend eine Vorstellung!«, rief das Mädchen in seine herrliche Träumerei hinein, während der Wagen davonfuhr. »Du hast ja nicht die ganze Zeit Dienst, oder?« Domenic schüttelte den Kopf, er war plötzlich sprachlos und kam sich wie ein Tölpel vor. Die merkwürdigsten Eindrücke überfielen ihn, und im Kopf spürte er ein Pochen, ein störendes Gefühl. Ihn durchfuhr das Verlangen, die Alton-Gabe anzuwenden und in die Gedanken des Mädchens einzudringen, wenn auch nur für eine Sekunde – nur um ihren Namen herauszufinden. Oder wollte er mehr wissen? Das Mädchen war so anders als alle, die er kannte, dass er sich kurz zu ihm hingezogen fühlte.
Die Rothaarige winkte ihm keck zu, und der Wunsch, eine Dummheit zu begehen, verblasste. Erleichtert holte er tief Luft. Sein heimlicher Wunsch, unerwartete Dinge zu tun, ging doch nicht so weit, dass er sich mit einer Göre aus dem Fahrenden Volk einlassen wollte. Mochte das bei einem anderen noch hinnehmbar sein, so kam es bei ihm als dem Erben seines Vaters keinesfalls in Frage. Was für ein Skandal!
Wer er wohl ist?
»Wem rufst du da, Illona?« Das Mädchen drehte sich um und sah in das düstere Wageninnere, wo eine ältere Frau auf einer Pritsche lag.
»Ach, nur einem von der Wache, Tante Loret.« »Halt dich bloß fern von denen, Mädchen. Und benimm dich nicht so dreist, wenn du nicht willst, dass man dich mit einer Hure verwechselt.« »Ja, Tantchen.« Flüchtig fing Domenic die Neugier des Mädchens auf und freute sich unwillkürlich. Dann kehrte seine düstere Stimmung zurück, als wäre sie verärgert, weil man sie nicht beachtete. Was bei Zandrus kältester Hölle war nur los mit ihm? Seit Wochen fühlte er sich erbärmlich, schon vor Regis’ Tod. Er war unruhig und, was noch schlimmer war, zutiefst zornig.
Die meiste Zeit war er wütend auf alles und jeden, hielt aber seine Gefühle eisern unter Verschluss, was ihn erschöpfte und noch mehr in Rage brachte. Warum konnte er das Leben nicht so leicht nehmen wie sein Bruder Rhodri? Er war zu ernst und zu langweilig. Gut, eigentlich nicht langweilig. Er machte nur niemals Dummheiten, und sehr zu seinem Abscheu stellte er fest, dass er gern welche machen würde.
Wenn er doch nur mit jemandem sprechen könnte, bei dem er nicht befürchten musste, sich nackt und schutzlos zu fühlen. Sein Vater hatte ihn wiederholt gefragt, ob er reden wolle.
Obwohl Mikhail so beschäftigt war, bemühte er sich immer, für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen, aber Domenic wusste, das kam für ihn nicht in Frage. Wie könnte Mikhail den stummen Aufruhr verstehen, der in seinem Innern schwelte und seine Seele zerrüttete? Er wusste, sein Vater würde zuhören, weil er es stets getan hatte, aber er war sich auch sicher, dass Mikhail sehr betrübt wäre, wenn er hörte, wie unglücklich sein ältester Sohn war. Bestimmt war es ihm selbst nie so ergangen! Und es spielte keine Rolle, wie unglücklich er war, er war trotzdem der Erbe und hatte Verpflichtungen. Ein widerliches Wort! Er musste seine unklaren Sehnsüchte beiseite schieben und sich am Riemen reißen. Er durfte seinen Vater nicht mit seinen kindischen Problemen belasten – schon gar nicht in diesen Tagen!
Das Wissen um jene Pflichten war eine schwere Bürde. Und solange er atmete, würde er sie nie mehr loswerden. Das machte alles nur noch schlimmer. Er war allein, ein Gefangener seines Erbes … und sein besonderes Laran , das anscheinend niemand einordnen konnte und das bei einer ganzen Reihe von Leuten Unbehagen auslöste, machte die Sache nur umso misslicher. Selbst Lew Alton, den Domenic anbetete, konnte ihm nicht helfen. Abgesehen davon, wie sollte jemand, der so alt war wie sein Großvater, auch nur ansatzweise verstehen, was ihn quälte? Er konnte sich seine Gefü hle selbst kaum erklären, wie könnte er sie da einem anderen vermitteln?
Nach der Wachablösung war Domenic zutiefst niedergeschlagen. Er riss sich den Lederriemen aus dem Haar, verließ seinen Posten und kehrte zur Burg zurück, wo er die lange Treppe vom Eingang zu den oberen

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