Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
Hatte er überhaupt Münzen dabei? Ja, in seinem Gurtbeutel fanden sich ein paar.
Trotz der abendlichen Kühle stand die Tür zu der Gasse, die an der Küche vorbei zur Bäckerei führte, einen Spalt offen. Er huschte hinaus in die Düsternis und wurde mit jeder Sekunde aufgeregter. War das der Grund, warum Rhodri all diese ungezogenen Dinge tat? Was für ein Dummkopf er doch gewesen war, seinem kleinen Bruder allein den ganzen Spaß zu lassen!
Die Wärme, die von der Wand der Bäckerei abstrahlte, war angenehm, und es tat ihm fast Leid, als er an ihr vorüber war.
Er schlug die Kapuze seines Mantels hoch und ging ruhig an der Kaserne vorbei, in der die Wachleute wohnten, wobei er darum betete, dass ihm keiner von ihnen begegnete. An den Geräuschen erkannte er, dass die Gardisten, die gerade frei hatten, ihr Abendessen einnahmen. Es war ein freundlicher, ausgelassener Klang, und er dachte daran, wie sehr er es stets genoss, mit ihnen zu essen. Sie zeigten bei Tisch keine Ehrerbietung, sondern behandelten ihn wie jeden anderen jungen Mann: Reich doch mal die Schale, junger Freund.
Schließlich gelangte er in eine schmale Straße und wandte sich nach rechts. Sie war menschenleer, aber die Häuser zu beiden Seiten waren beleuchtet, und gelegentlich hörte er Stimmen. Nach einigen Minuten Fußmarsch lag Burg Comyn hinter ihm, und seine Furcht, entdeckt zu werden, verflüchtigte sich. Die Straße machte einige Kurven, führte dann zu einer größeren Durchfahrt und verlief weiter zu einem einen Platz. Dort waren an den Häuserwänden Fackeln angebracht, Und auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes erblickte Domenic einen Stand, der Essen feilbot.
Zwei stämmige Fuhrleute standen davor und warteten darauf, dass der alte Betreiber des Standes ihnen Taschen aus Fladenbrot servierte, die mit gebratenem Geflügel gefüllt waren. Es roch wunderbar. Domenic war froh, dass er nicht vorher gegessen hatte, denn es erschien ihm abenteuerlicher, sein Nachtmahl auf der Straße einzunehmen.
Im flackernden Licht der Fackeln sah er ganz gewöhnlich aus mit seiner abgetragenen und unscheinbaren Kleidung.
Niemand würde je vermuten, wer er war. Nachdem die Fuhrleute bedient worden waren, trat er hungrig schnuppernd vor.
Er lauschte dem Gespräch der Männer, die mit vollem Mund redeten. En fröhlichem Tonfall, der ihre Worte Lügen strafte, beschwerten sie sich über das armselige Trinkgeld, das sie für einen Umzug bekommen hatten. Domenic nahm an, dass ihnen das Murren über die Knickrigkeit ihrer Auftraggeber Spaß machte und dass es sich hierbei um ein verbreitetes Gesprächsthema handelte.
Er bat um eine Portion, und der alte Mann schob mehrere Stücke Fleisch von einem schlanken Spieß und ließ sie auf einen knusprigen Fladen Brot fallen, den er um die Füllung herumwickelte, damit das Ganze leichter zu essen war. Domenic holte seine kleinste Münze hervor und gab sie dem Mann.
Dann biss er herzhaft in das zusammengerollte Brot. Er schmeckte die Gewürze, in denen man das Geflügel mariniert hatte, und es war köstlich. Warum gab es in der Burg nicht auch so gute Sachen?
Noch immer kauend verließ er den Platz und ging rasch auf der Straße in Richtung Nordtor. Der Abendwind strich ihm kühl übers Gesicht und zersauste ihm das Haar, aber er bemerkte es kaum. Es machte ihm großen Spaß, einfach nur allein zu sein und den nächtlichen Geräuschen Thendaras zu lauschen. Er beendete sein Mahl, stellte fest, dass sein Gesicht ein wenig fettverschmiert war, und grinste, bevor er sich mit dem Ärmel über die Wangen wischte. Heute Abend einmal keine Servietten und Tücher! Und – noch besser – keine Javanne, die ihm den Appetit verdarb.
Nach einer halben Stunde Fußmarsch sah er Leute vor sich auf der Straße. Sie strebten dem Tor zu, und er verlangsamte seinen Schritt, um sie nicht einzuholen. Als sie unter einigen Fackeln hindurchliefen, bemerkte er, dass sie terranische Lederkluft trugen, und fragte sich, was sie außerhalb der Handelsstadt trieben. Es war Terranern in ihrer dienstfreien Zeit nicht verboten, sich ins eigentliche Thendara zu wagen, aber selbst Domenic wusste, dass sie es üblicherweise nicht taten.
Vielleicht langweilten sich die beiden und hatten gehört, dass das Fahrende Volk eine Vorstellung gab.
Aber ein bisschen seltsam war es schon. Domenic hatte in den letzten Tagen dies und jenes von seinem Vater oder von Großvater Lew aufgeschnappt und den Eindruck gewonnen, es existiere eine Art Befehl der
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