Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
jemanden treffen? Warum sollten sie das tun? Es ergab überhaupt keinen Sinn.
Der Name klang merkwürdig und war eindeutig nicht darkovanisch. Warum sollten sich diese Männer mit einem anderen Terraner vor der Stadt treffen? Plötzlich nahm die ganze Geschichte eine düsterere Schattierung an. Die Männer suchten nicht nach Unterhaltung, sondern verfolgten ein anderes Ziel. Domenic ging schneller, weil er hoffte, ihr Gespräch weiter belauschen oder noch einen Gedankenfetzen auffangen zu können. Es war nicht so, als würde er spionieren, da er nichts dagegen tun konnte, dass er die obersten Gedanken anderer Leute hörte. Trotzdem war ihm nicht ganz wohl dabei.
Die Männer durchschritten den Bogen des Nordtors, und Domenic folgte ihnen. Vor dem Tor loderten ein halbes Dutzend Feuerstellen, Fackeln brannten in Ständern. Nach den vergleichsweise dunklen Straßen wirkte die Szenerie heller, als sie war. Der Junge sah mehrere bemalte Wagen des Fahrenden Volks an einer Seite der großen Wiese stehen. Auf der anderen Seite gab es Essenstände und Buden, in den allerlei Tand verkauft wurde. Gleich dahinter standen mehrere Gruppen von Maultieren, die mit Seilen angebunden waren, und Wagen auf den sich Waren türmten. Domenic wunderte sich kurz, warum die Maultiertreiber hier draußen campierten.
Wahrscheinlich wollten sie die Kosten für einen Mietstall sparen. Es gab anscheinend so vieles, was er nicht wusste, und er ärgerte sich sehr darüber. Schöne Erziehung, die er genossen hatte!
Bei einem der Wagen war eine Seitenwand heruntergelassen, und auf der Plattform stand ein Jongleur, der furchtlos kleine brennende Fackeln in die Luft warf. Er ließ vier von den Dingern fliegen und sagte gleichzeitig etwas auf. Domenic näherte sich fasziniert diesem Schauspiel. Das rothaarige Mädchen war nirgendwo zu sehen und die Seitenwand des Puppenwagens war hochgezogen und geschlossen. Vielleicht hatten sie bereits gespielt, und er hatte es verpasst.
Er mischte sich unter die Zuschauer und lauschte den höhnischen Bemerkungen des Jongleurs und den Pfiffen und Rufen des Publikums. Über allem hing der Geruch von billigem Bier und ungewaschener Kleidung. Es war ein derber Menschenhaufen, Männer sowohl als Frauen und sogar ein paar Kinder, die vor Staunen große Augen machten. Aber es war keine aufsässige Menge – die Leute amüsierten sich einfach an einem recht milden Abend. In wenigen Wochen würde es zu kalt für diese Art Unterhaltung sein, und alle nutzten das schöne Wetter und die Gelegenheit zu ein wenig harmlosem Spaß.
Die beiden Männer in der terranischen Lederkluft blieben mehrere Minuten in der Menge stehen, mit dem Rücken zu Domenic. Sie waren kräftig, breitschultrig und muskulös. Einer hatte dunkelbraunes Haar, und der andere war blond, aber davon abgesehen unterschieden sie sich nur wenig. Gelangweilt verfolgten sie die Vorstellung, als würden sie auf etwas oder jemanden warten.
Als Domenic schon beinahe dachte, sie wollten eine der Akrobatinnen oder Tänzerinnen in den knappen Kostümen sehen, über die sich manche Leute in Arilinn empört hatten, machte einer der Männer seinem Partner durch Kopfnicken ein Zeichen. Sie schlichen still davon und verschwanden zwischen zwei abgestellten Wagen. Dabei sahen sie nicht aus, als würden sie die Gesellschaft von Frauen suchen, und soweit Domenic wusste, bot das Fahrende Volk solche Dienste auch nicht an. Bei seiner bodenlosen Unkenntnis des Lebens jenseits der Burgmauern schien natürlich so gut wie alles möglich. Aber wenn sie nur eine Wärmflasche brauchten, hätten sie in den Schenken der Handelsstadt leichter jemanden aufgegabelt.
Für einen kurzen Moment zögerte er, dann konnte er nicht widerstehen. Er musste herausfinden, was die beiden vorhatten. Unbemerkt schlich er durch die Menge und ging zu der Lücke zwischen den beiden Wagen. Dort lehnte er sich gegen eines der Fahrzeuge und beugte sich vor, als müsste er die Schnürsenkel seiner Stiefel neu binden. Der Mantel fiel um ihn herum und verhüllte seine Bewegungen. Zu seiner Erleichterung schien ihm niemand auch nur die geringste Beachtung zu schenken. In Domenics Ohren rauschte das Blut, und zunächst hörte er nichts als die Geräusche seines Körpers. Warum spionierte er diesen Männern nach? Weil sie nicht dorthin gehörten, wo sie im Augenblick waren, und auch weil er, wie er sich widerwillig eingestand, äußerst neugierig darauf war, was sie hierher geführt hatte. Er vernahm ein Flüstern in
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