Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
das Rascheln, und Morris jagt davon. Ich atme aus, meine Hände zittern.
Von der Tür ein Murmeln: »Immer dasselbe …«
Dann wieder das Knarren, die Tür schließt sich.
Ich stehe auf. Die Dogge ist verschwunden. Schnell umrunde ich die Hecke, suche die Hauswand ab, finde die Tür. Sie ist nur angelehnt. Ich drücke sie auf, eine kleine dunkle Kammer. Sie ist leer. Eine weitere Tür, halboffen, ein schwacher Lichtschein. Einige flache Atemzüge lang lausche ich in die Stille, spähe durch den Spalt, lauere auf eine Bewegung in der Finsternis dahinter, doch sie bleibt aus. Das hohle Klopfen meines Herzens ist das einzige, was ich höre. Also gehe ich weiter. Drei Stufen unter mir entfaltet sich das Haus zu einer riesigen schwarzen Halle. Auf kleinen Tischen stehen mit Steinen gefüllte Schalen. Die Steine leuchten türkiswarm, kleine Lichtinseln im schwarzen Meer.
Ich steige die Stufen hinab und versinke im tiefen Teppich. Ich stehe in der Mitte der Halle und sehe mich um. Zu drei Seiten gehen weitere Räume ab. Ich wende mich nach rechts. Ein breiter Korridor, die Wände gesäumt von Rahmen. Auch von ihnen geht ein schwacher Lichtschein aus. Urkunden, Dokumente, viele in einer fast unleserlichen Handschrift. Akademische Auszeichnungen, ein Doktortitel in Ökonomie, ein weiterer in Jura. Ich lese den Namen: Thomas Adamius Field.
Es dauert einige Sekunden, bis ich erkenne, in wessen Haus ich eingebrochen bin. Thomas Field, der bekannte Bankier, der wahrscheinlich reichste Mann Portervilles. Ich gehe weiter, ohne zu wissen, wonach ich eigentlich suche. Einer der Rahmen ist größer als die anderen. Eine Zeitung, eine Titelseite. Ich überfliege die Überschriften und stocke. Eine von ihnen lautet: St. Helena Park gesperrt, von David Dunford. Mein Blick wandert nach oben, zum Namen der Zeitung. Ich versuche, die geschwungenen Lettern zu entziffern, mein Gehirn weigert sich. Immer wieder lese ich den Namen. Meine Knie geben nach, ich stütze mich gegen die Wand, atme tief durch. Es ist die ›Porterville Times‹. Ich lese das Kleingedruckte am oberen Rand. Erstausgabe, 23. Januar 1881. Ich stehe keuchend da und starre auf die 23 Lettern. Sie verändern sich nicht. Es ist die Erstausgabe der ›Porterville Times‹. Die Erstausgabe, an der wir seit zwei Wochen arbeiten. Doch diese Zeitung ist beinahe sechs Monate alt.
Meine Hände zittern, als ich den Rahmen von der Wand nehme. Vorsichtig löse ich die Glasplatte, nehme die Titelseite heraus. Das Papier fühlt sich alt und brüchig an. Plötzlich eine Stimme, ein Rufen, gedämpft, wahrscheinlich aus dem Obergeschoss.
Dann eine zweite Stimme, wesentlich näher: »Sehr wohl, Sir.«
In der Halle ein Lichtschein, von rechts laute Schritte, ich ducke mich, presse mich flach gegen die Korridorwand. Ein Mann betritt die Halle, seine Schritte verstummen im Teppich, und ich erstarre. Ein alter Mann in Butleruniform, in der Hand hält er eine Lampe. Ganz still steht er da, nur die Lampe in seiner Hand bewegt sich, Schatten rucken durch die Halle. Der alte Mann dreht sich zur Seite, ganz langsam, und sieht in den Korridor. Er sieht mich an. Eine Ewigkeit, vielleicht länger. Sein Mund öffnet sich und erlöst mich aus meiner Erstarrung. Ich renne zurück in die Halle, der Alte rührt sich nicht, glotzt mich nur an. Ich renne an ihm vorbei, die Stufen hinauf, durch die beiden Türen. Draußen höre ich den Schrei, alt und schwach. Auf der Vorderseite höre ich eine zweite Stimme, kurz vor dem Gartentor eine dritte. Als ich den Bürgersteig erreiche, wird die Haustür aufgerissen. Ich drehe mich nicht um. Ich biege in die nächste Seitenstraße und laufe um mein Leben.
Ich laufe, noch lange nachdem die Rufe verstummt sind, die Schritte verklungen. Als ich nicht mehr laufen kann, gehe ich. Runter bis zum Hafen, von da nach Osten, bis zum Stadtrand. Meine Beine fühlen sich an, als wären sie mit Wasser gefüllt, dick und schwer. Die Straßen leeren sich. Porterville kommt zur Ruhe, schläft schließlich ein.
Ich bin alleine. Meine Schritte hallen über das Kopfsteinpflaster, die Zeitung raschelt unter meinem Jackett. Ich frage mich, ob mich jemand erkannt hat. Wahrscheinlich wurde bereits eine Fahndung ausgegeben, mit einer Personenbeschreibung, einem Bild. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie meinen Namen kennen. Irgendwann bin ich zu müde, um noch weiter wegzulaufen, und mache mich auf den Heimweg.
Ich schließe die Tür auf, niemand packt mich. Der Hausflur ist
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