Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
widerwärtiges Spiel gewesen, für das ich mich schämte.
Und nun noch das tote Mädchen ...
Ich hob meine rechte Hand auf Augenhöhe. Sie zitterte. Ich vernahm ein Geräusch. Direkt hinter mir. Ein emsiges Schaben und Kratzen. Es kam aus der Wand.
Er war wieder da.
Und er wollte, dass ich es wusste. Nur deshalb konnte ich ihn überhaupt hören.
Es hieß, dass ihn schlechte Gedanken ... Zweifel ... anzogen. Wie Aasfresser das tote Fleisch wittern.
Mit einem Mal war er ganz still.
Unwillkürlich hielt ich den Atem an. Stellte mir vor, wie er dort im Innern der Wand hockte und jede meiner Bewegungen belauschte. Begierig auf irgendetwas, das sich als Verrat deuten ließ.
Ich weiß nicht warum, aber ich tat etwas, das ich mich niemals zuvor getraut hatte. Ich streckte meine Hand aus und presste sie gegen die Tapete. Genau dort, wo ich ihn vermutete.
Für einen Moment lang schien es, als würde die Kreatur in der Wand lachen. Es klang wie ein bösartiger Hund, der versuchte, die menschliche Stimme zu imitieren. Ich wandte mich erschrocken ab und gab vor, mich mit den Unterlagen auf meinem Schreibtisch zu beschäftigen.
Er verhöhnte mich nicht länger und verschwand.
Lautlos.
Ich konnte es spüren, dass er nicht mehr da war.
Christine, meine kleine Schwester, hatte vor einer Woche einen Jungen geboren. Das war ein wunderbares Ereignis, auf das ich mich zu konzentrieren versuchte.
Ich benötigte dringend gute Gedanken.
Christine war zwölf Jahre jünger als ich. Ein hübsches und zartes Wesen, das bei jedermann sofort einen Beschützerinstinkt auslöste. Meine Arbeit ließ es nicht zu, dass ich sie besuchen konnte, aber ich wollte ihr ein paar Geschenke zur Geburt ihres Sohnes zukommen lassen. In der Stadt hatte ich herrlich altmodische Babywäsche gekauft. Jetzt fehlte mir nur noch eine kleine Überraschung. Vielleicht fand ich etwas an dem kleinen Souvenirstand im Hotelfoyer. Das Sortiment war zwar auf die Touristen ausgerichtet, bestand aber, dem erstklassigen Niveau unseres Hauses angemessen, aus hochwertigem Spielzeug und zeitgenössischen Kunstgegenständen.
Ich betrachtete gerade die geschnitzte Handpuppe einer historischen Persönlichkeit – sie stellte den ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon dar – als sich jemand hinter mir vernehmlich räusperte.
»Mrs. Melinda McFaden?«
Ein alter Mann. Ein dünnes Lächeln teilte die untere Hälfte seines faltigen Gesichts.
»Ja, ... was kann ich für Sie tun?«
Der Mann knipste sein Lächeln aus. »Seien Sie morgen gegen zwölf Uhr mittags am ›Abidias Asylum‹.«
»Warum?«, fragte ich erstaunt.
Der Fremde senkte die Stimme. »Es geht um Ihre Familie, Mrs. McFaden.«
»Was ... ist geschehen? Wer sind Sie?«
»Bitte!« Der Mann hob beschwörend die Hände und sah sich nach allen Seiten um. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Ich riskiere auch so schon Kopf und Kragen.« Er seufzte und ging schnellen Schrittes in Richtung Aufzug.
Ich eilte zur Rezeption. »Lisa! Der Mann dort. Wer ist das?«
Meine Mitarbeiterin konnte gerade noch einen Blick auf den Fremden erhaschen, ehe sich die Aufzugtür hinter ihm schloss. Lisa bediente die Computertastatur, und auf dem Monitor erschien ein Foto des Mannes. Es war bei seiner Ankunft von einer versteckten Kamera aufgenommen worden.
»Victor von Zerneck«, las Lisa die Angaben neben dem Foto vor. »Er kam gestern mit der Touristengruppe an. Ist mit ihm etwas nicht in Ordnung?«
Ich schüttelte den Kopf und stieß einen kurzen Lacher aus, von dem ich hoffte, dass er echt klang. »Ach, ... er erinnerte mich an einen Verwandten. Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend.«
»Oh!«, machte Lisa nichts sagend und wurde durch einen Hotelgast abgelenkt, der sich mit einer Frage an sie wandte.
Von Zerneck – der Name brachte in meiner Erinnerung etwas zum Klingen. Irgendwo ... irgendwann hatte ich von dem Mann gehört.
Zehn Minuten später erhielt ich einen Anruf von Howards Sekretärin. Es täte ihm sehr leid, aber wegen beruflicher Verpflichtungen müsste er unser heutiges Treffen absagen.
Das war nichts Neues. Howard K. Brenner gehörte zu den führenden Köpfen der Anwaltskanzlei ›Macintosh & Partner‹. Vor elf Monaten war er zu mir gekommen, um das alljährlich im ›Olympic Regent‹ stattfindende Bankett der Kanzlei zu besprechen. Es hatte mich erstaunt, dass er sich als Mitglied der Führungsspitze mit solch profanen Dingen abgab. Als ich ihn darauf ansprach, gestand er mir mit einem
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