Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
wieder lügen müssen. »Ich bin nach der Arbeit noch um den See gefahren. Es war schon spät, als ich fuhr, und ich dachte, du wärst schon im Bett, als ich zurückkam.« Jema starrte ihr in die Augen und hielt den Ausdruck in ihren Augen unschuldig. »Es tut mir leid.« Sie trank den Rest des Wassers.
»Da hörst du es, Meryl«, meinte Daniel und nahm seinen Platz gegenüber von Jema ein. »Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Natürlich wird es das. Das war jetzt das dritte Mal in diesem Monat. Dachtet ihr beide, das würde mir nicht auffallen?« Ihre Mutter hob ihre Teetasse hoch und stellte sie dann zurück auf die Untertasse, fest genug, um das Porzellan zum Klingen zu bringen. »Es ist ein Mann, nicht wahr? Warum versteckst du ihn vor mir? Ist es jemand Unpassendes? Jemand, den du im Museum kennengelernt hast?«
»Nein, Mutter.«
Sie schwiegen alle, als das Hausmädchen hereinkam, um Daniel zu bedienen und Jemas Wasserglas zum zweiten Mal aufzufüllen. Wir können uns die ganze Zeit streiten, wenn wir allein sind , dachte Jema, aber wehe, es fällt ein falsches Wort vor den Dienstboten . Manchmal hasste sie ihr Leben so sehr, dass sie gerne von zu Hause weggelaufen wäre.
Wo würdest du denn hingehen? , wollte die schneidende Stimme der Vernunft wissen. Was willst du tun? In einem Wohnwagenpark leben? Bei McDonald’s arbeiten? Wie solltest du dein Insulin bezahlen?
»Ich habe dir niemals verboten, jemanden zu uns einzuladen«, meinte Meryl und führte das Gespräch fort, sobald sich das Hausmädchen in die Küche zurückgezogen hatte. »Ich möchte ihn kennenlernen. Ich könnte ihn zu einem kleinen Dinner einladen …«
»Es gibt keinen Mann in meinem Leben, Mutter.«
»Ihr beide müsst essen, bevor es kalt wird«, mischte sich Daniel ein und nahm seine Gabel in die Hand. »Die armen Ritter sehen großartig aus. Mit Puderzucker und Erdbeeren schmecken sie besonders gut, nicht wahr?« Er blickte zu Jema und verzog das Gesicht. »Ich würde sie mit dir teilen, aber dann würde dein Blutzucker durch die Decke schießen.«
»Ich bin nicht dumm«, sagte Meryl und ignorierte den Versuch des Arztes, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben. »Meine Ehe mit deinem Vater war vielleicht kurz, aber ich erinnere mich noch daran, wie es ist, verliebt zu sein.« Sie schürzte die Lippen und senkte endlich den Blick auf ihre Serviette. »Ich verstehe zwar nicht, wieso du deine Zeit damit verschwendest, aber das ist natürlich deine Angelegenheit.«
Jema schloss für einen Moment die Augen. »Ich bin mit niemandem zusammen.«
»Möchte einer von euch ein bisschen Saft?«, warf Daniel mit erzwungener Fröhlichkeit ein. »Ich denke, ein kleines Glas könntest du verkraften, Jema.« Er betrachtete ihr Wasserglas, das sie zum dritten Mal geleert hatte. »Es sei denn, du möchtest lieber mit deiner Kamelimitation weitermachen und so tun, als müsstest du gleich die Wüste durchqueren.«
»Nein, danke, Dr. Bradford. Ich weiß nicht, warum ich so durstig bin.« Sie versuchte ihn anzulächeln, aber der basiliskenhafte Blick ihrer Mutter ruhte erneut auf ihr, und diesmal war es unmöglich, ihm zu entgehen.
Ihre Mutter wollte ihr offenbar wieder mal einen Vortrag halten. Jema nahm an, dass es eine neue Version von »Die wollen dich nur wegen deines Geldes« sein würde.
»Diese Männer schenken dir nur aus einem Grund ihre Aufmerksamkeit«, sagte Meryl und enttäuschte sie nicht. »Wegen deines Geldes. Wenn ich nicht mehr da bin, wirst du die reichste junge Frau in diesem Land sein.« Meryls Gesichtsausdruck wurde nicht weicher, aber ihre Stimme. »Hast du ihm von deiner Krankheit erzählt? Hast du erwähnt, dass sie schlimmer wird?«
Daniels Lächeln schwand. »Meryl, ich glaube nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um …«
»Sei still, Daniel. Jema, warum verstehst du denn nicht, dass es das Einzige ist, was sie attraktiv an dir finden?« Meryls Stimme wirkte angestrengt. »Die Tatsache, dass du noch vor deinem vierzigsten Geburtstag tot sein wirst …«
» Es gibt keinen Mann .« Jema konnte das nicht einen Moment länger ertragen und schob ihren Stuhl zurück. »Ich habe lange gearbeitet. Ich bin rumgefahren und danach nach Hause gekommen. Das ist alles. Das war schon immer alles.«
Daniel stand auf, und seine Miene verriet mehr als Mitgefühl. »Hast du dir deine Morgeninjektion schon gespritzt?«
Jema war es so leid, ständig ausgefragt zu werden. Auf der anderen Seite konnte zu viel Insulin
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