Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
Nebenwirkungen verursachen, und Daniel versuchte nur, seinen Job zu machen.
»Ja.« Sie nahm sich einen Vollwertmuffin und ließ ihn in ihre Tasche gleiten. »Ich esse ihn auf dem Weg zur Arbeit, zur Sicherheit.« Sie wandte sich an ihre Mutter. »Ich entschuldige mich dafür, dass ich gestern Abend zu spät war. Du hast recht: Es wird wahrscheinlich wieder passieren. Vielleicht wird es Zeit, dass ich endlich in eine eigene Wohnung ziehe.«
»Das ist nicht nötig, wie du weißt.« Meryl Shaw schob sich ebenfalls vom Tisch zurück. Sie konnte nicht aufstehen, weil sie seit einem Unfall bei einer Ausgrabung in Griechenland vor dreißig Jahren von der Hüfte an gelähmt war. Sie benutzte den Schalter an ihrem elektrischen Rollstuhl, um näher zu kommen. Sie hob das Kinn. »Ich verstehe dein Bedürfnis nach … Privatsphäre.« Sie sagte es genauso, wie sie Prostitution ausgesprochen hätte. »Ich weiß, dass ich manchmal sehr dominant sein kann, aber das bin ich nur aus Sorge um dein Wohlergehen.«
Nur auf diese Weise drückte ihre Mutter aus, dass sie etwas für Jema empfand, und das hielt die Distanz zwischen ihnen aufrecht wie sonst nichts. Jema hatte versucht, das zu ändern, aber Meryl hielt ihre Emotionen zu gut unter Kontrolle. Sie hat ihr Herz mit meinem Vater verloren , erinnerte sie sich selbst. Früher hatte Jema bei diesem Gedanken eine hilflose Liebe für Meryl empfunden, aber Liebe musste erwidert werden, sonst verwandelte sie sich langsam in Qual.
Jetzt empfand sie nur noch Mitleid für ihre Mutter und eine Verantwortung, die inzwischen genauso schwer wog wie ihre Einsamkeit. Es half nicht, dass das meiste von dem, was Meryl gesagt hatte, der Wahrheit entsprach.
Kein Mann würde sie jemals so lieben, wie sie war. Sie hatte nur ihr Erbe zu bieten und eine Krankheit, die dafür sorgen würde, das er es mit einer anderen Frau verprassen konnte, während er noch jung war.
Träum von mir.
Es gab niemanden, von dem sie träumen konnte. Niemanden, der von ihr träumte.
»Ich muss zur Arbeit.« Sie ging schnell, bevor Daniel oder ihre Mutter ihr Gesicht sehen und merken konnten, wie sehr sie sich selbst in diesem Moment hasste.
6
JEMAS BENZ. Jema.
Thierry versuchte, es irgendwie zu erklären. Viele Frauen in Chicago konnten so heißen. Ein Dutzend? Hundert? Tausend?
Er kannte nur eine.
Jema war der Name der Frau, die er suchte. Ein Name, der in Cypriens Akte auf der Liste mit den Leuten stand, die verhört worden waren. Jema Shaw, eine Anthropologin, die im Shaw-Museum angestellt war, dort, wo das Mädchen nachts gearbeitet hatte. Diese Jema Shaw war außerdem die einzige Tochter von James Shaw, dem Gründer des Museums. Sie kannte vielleicht jemanden oder wusste etwas, das ihm helfen konnte, die verantwortlichen Männer zu finden.
Er konnte nicht sagen, ob seine kleine Katze dieselbe Jema war. Es gab kein Foto von ihr. Die einzige andere Information in der Akte über sie war ein Hinweis gewesen, geschrieben mit undeutlicher, kräftiger Schrift: Jema Shaw leidet an Diabetes, und ihr Zustand verschlimmert sich derzeit. Jeder Kontakt mit den Kyn muss zuerst von Suzerän Jaus genehmigt werden.
Vielleicht hatte diese Warnung etwas mit Jema Shaws gesellschaftlicher Stellung zu tun oder sollte sie davor schützen, jemandem als Nahrungsquelle zu dienen. Und Thierry hatte sie benutzt, hatte ihr Blut getrunken, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.
Hatte er ihr geschadet? Wurde sie jetzt gerade ins Krankenhaus gebracht, wo sie an dem Blutverlust sterben würde? Er war sicher, rechtzeitig aufgehört zu haben – aber sie war krank. Krank, und er hatte ihr Blut getrunken, sie benutzt, als wäre sie niemand, nichts.
Thierrys Gedanken rollten sich vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang in seinem Kopf wie Schlangen zusammen, die abwechselnd zischten und bissen. Sobald das Sonnenlicht verschwunden war, verließ Thierry die Gasse und suchte, bis er ein Auto mit einer Zündung fand, die er kurzschließen konnte. Er stahl nicht gerne Autos, aber ein Wagen würde ihn bei einer Flucht schneller sein lassen, falls er in der Stadt in Bedrängnis geriet. Außerdem durfte er nicht zu spät zum Shaw-Museum kommen; wenn Jema Shaw dort arbeitete, dann verließ sie es vielleicht, wenn es schloss.
Wenn seine Jema von gestern Nacht die Jema aus dem Museum war und er ihr keinen Schaden zugefügt hatte, dann würde sie ihn sofort erkennen, wenn er ihr zu nahe kam. Durch l’attrait würde ihr Körper seinen
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