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Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)

Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)

Titel: Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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ordiniert werden konnte.
    »Jetzt hören Sie mal zu, ehemaliger Vater Hurley«, sagte John. »Ich will nicht hier sein, aber ich weiß nicht, wo ich sonst hingehen soll. Genau wie diese Kinder. Ehrlich gesagt ist es mir egal, ob Sie mich John, Keller oder Zimtplätzchen nennen, aber wenn Sie in meiner Gegenwart irgendeine rassistische Bemerkung über die Kinder machen, dann werden Sie mich mal so richtig wütend erleben. Vermeiden Sie das, gehen Sie zum Friseur, dann kommen wir klar miteinander.«
    »Was ist mit deiner Akte?« Hurleys Blick wanderte über ihn. »Du hast eine, soviel ich weiß. In Übersee und unter Verschluss, sodass ich mir keine Kopie davon besorgen kann, aber ich weiß, dass sie existiert.«
    John wollte aufstehen und gehen. Aber er würde nicht vor seinen Sünden weglaufen oder vor diesem Mann. Damit war er fertig. »Ich wurde in Rio wegen Verkehr mit einer Prostituierten verurteilt. Ich habe neunzehn Monate im Gefängnis gesessen.«
    »Verkehr mit einer Prostituierten.« Hurley pfiff, dann holte er ein Fax hervor und warf es auf den unordentlichen Schreibtisch, wo es sich zusammenrollte. »Das klingt viel netter als ›eine Hispano-Nutte durchgezogen‹, nicht wahr? Und auch noch im Priestergewand.«
    »Sie wussten es schon.«
    »Nenn es einen Lügentest.« Hurleys Lippen wurden schmal. »Also gut, hier mein Angebot, Don John. Du isst, schläfst und arbeitest hier. Keine privaten Sachen, keine besonderen Privilegien.«
    »Sie bieten mir den Job an?«
    »Schnauze, ich sage das nur einmal. Du wirst genauso die Toiletten schrubben und Kartoffeln schälen wie alle anderen. Ich kann dir nur den Mindestlohn zahlen, aber ich lege noch das Zimmer und die Verpflegung drauf. Wenn ich eine Hand von dir auf irgendeinem Körperteil meiner Leute finde, aus welchem Grund auch immer, dann wanderst du zurück in den Knast.« Er schenkte ihm ein breites Lächeln. »Das, was von dir übrig ist.«
    Es war nicht das, was er sich erhofft hatte, aber es war mehr, als er hatte. »Akzeptiert.«
    »Mein Gott, du bist dümmer, als ich dachte.« Hurley nahm die Füße vom Tisch. »Dann führe ich dich mal eine Runde durch den Zoo.«
    John erwartete eine endlose Flut von rassistischen Witzen und Verunglimpfungen aus Hurleys Mund, während sie durch die schmalen Flure des Haven gingen. Der Leiter der Einrichtung lieferte ihm stattdessen einen genauen und informativen Minivortrag über die Ausreißer.
    »Anderthalb Millionen Kinder leben in diesem Land auf der Straße«, erzählte Hurley ihm, als sie durch eine Küche in Restaurantgröße mit unglaublich alten Geräten gingen. »Jeden Tag laufen fünfzehnhundert mehr weg, werden im Stich gelassen oder mit ihren Familien obdachlos. Fünftausend davon werden ermordet, bringen sich um oder sterben da draußen innerhalb eines Jahres.«
    John erfuhr, dass die Jugendlichen in der Einrichtung von ein paar Tagen bis zu einem Jahr auf der Straße gelebt hatten und dass zwei Drittel von ihnen Mädchen waren.
    »Fünfzehn-, Sechzehnjährige haben es am schwersten«, sagte Hurley, als sie hinauf in den ersten der Zimmerflure gingen, von denen John angenommen hatte, sie wären leer. Stattdessen waren sie voller Teenager, die aus den Zimmern kamen oder hineingingen, die im Türrahmen herumlungerten oder im Flur saßen. Alle Augen richteten sich auf ihn und Hurley, als sie in Sichtweite kamen. Merkwürdigerweise erinnerten die Jugendlichen ihn an Hamster, die er einmal in einer Zoohandlung gesehen hatte: ängstlich, resigniert, schlecht behandelt von einer Vielzahl rauer Hände. »Sie sind zu jung, um Jobs oder Wohnungen zu bekommen, zu alt für einen Platz in einer Pflegefamilie. Deshalb habe ich die staatliche Förderung verloren: keine maximale Aufenthaltsdauer, keine erzwungenen Vermittlungen oder Familienzusammenführungen.«
    »Ich kenne diese Begriffe nicht.« John versuchte, nicht auf ein schrecklich dünnes Mädchen zu starren, deren ältere, schwangere Begleiterin ein Lederband durch zwei Reihen Stahlringe schob, die in einem Abstand von jeweils einem Zentimeter ihren Arm entlangliefen. Die Mädchen blickten John durch dicke Kajalringe an. Beide mussten dreizehn oder vierzehn sein.
    »Maximale Aufenthaltsdauer ist die vorher festgelegte Länge der Wohnzeit«, erklärte der Einrichtungsleiter. »Die meisten Einrichtungen haben einen maximalen Aufenthalt von einem Monat, bevor sie die Kinder zurück auf die Straße schicken. Erzwungene Vermittlung bedeutet, dass man die Kinder in

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