Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
sein?« Beides war bei alten polytheistischen heiligen Ritualen beliebt gewesen.
»James glaubte, dass es sich um einen Gegenstand mit einer Karte darauf handeln könnte, auf der die alten Pfade um den Berg herum und die Lage von bestimmten Höhlen verzeichnet waren. Die Einheimischen benutzten die Höhlen als natürliche Tempel.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es gibt nirgendwo eine Beschreibung der Hommage, nur den Namen und einige unspezifische Hinweise darauf, sodass das reine Spekulation von ihm war.«
Die Hommage von Athos. Es klang quälend vertraut. Und es zog auch Jemas Magen zusammen, aber vielleicht lag das auch nur an der vielen Stärke im Abendessen. Reis bekam ihr abends nie besonders gut. »Ich glaube, ich habe irgendwo davon gelesen, aber ich kann mich nicht mehr erinnern, wo.«
»Es wird in einigen wissenschaftlichen Texten über griechische Mythologie erwähnt«, meinte Meryl. »Einige der neueren Arbeiten bezeichnen es als ›Bild von Athos‹.«
»Das würde Vaters Kartenansatz erklären.«
»Ob es nun eine Hommage oder ein Bild war, es ging vor achttausend Jahren verloren.« Die Falten um den Mund ihrer Mutter vertieften sich. »Dein Vater glaubte, die Leute von Athos hätten es in einer rituellen Höhle eingeschlossen, damit niemand es benutzen konnte. In der Schriftrolle wird das Versteck nur als ›die Quelle des Lebens‹ bezeichnet.«
»Eine Höhle, die auch eine Quelle ist.« Jema hob die Augenbrauen, während sie einen Schluck Tee trank. »Normalerweise ist es entweder das eine oder das andere, nicht beides.«
»Ich weiß, wie absurd das klingt. Ich habe versucht, deinen Vater zu überreden, die Ausgrabung aufzugeben, sehr oft. Ich hatte immer ein ungutes Gefühl dabei.« Der Ausdruck in Meryls Augen wurde verschlossen. »Er wollte nicht auf mich hören. Es war das einzige Mal, dass ich ihn nicht dazu bringen konnte, vernünftig zu sein. Er war besessen davon, die Hommage zu finden.«
Nach einigem Drängen von Jema erzählte Meryl die Details der Legende.
»Es ist eigentlich die Prometheusgeschichte, mit ein paar besonderen Änderungen«, sagte Jema, als ihre Mutter geendet hatte. »Das ist dir bewusst.«
»Genau das habe ich deinem Vater auch gesagt. Aber er besaß eine ägyptische Schriftrolle, die die Legende untermauerte, und irgendeine merkwürdige Passage von Hesiod, von der er glaubte, sie beweise etwas anderes. Er wollte nicht auf mich hören. Deshalb ist er tot.« Sie zog mit der Hand am Kragen ihrer Bluse. »Ich wusste, es würde schlimm enden. Ich wusste es in dem Moment, in dem ich die Höhle sah, dass jedem etwas Schreckliches passieren würde, der da hineinging. Ich hätte nur nicht gedacht, dass ich …« Sie brach ab. »Ich bin da drin fast gestorben. Das war die Höhle, die über mir zusammengebrochen ist und mir das Rückgrat gebrochen hat.«
»Diese Quelle des Lebens«, meinte Jema und versuchte, das Thema zu wechseln, »war das nur ein Versteck, oder spielte sie in der Legende eine Rolle?«
»Hesiod erwähnt sie als Quelle der Unsterblichkeit. James’ Theorie war, dass derjenige, den die Götter nach dem Opfer auswählten, zur Quelle des Lebens geführt wurde und aus ihr trinken durfte. Das Wasser schloss angeblich alle Wunden, heilte alle Krankheiten und schenkte Unsterblichkeit.« Meryl schnaubte verbittert. »Die griechische Quelle der ewigen Jugend.«
»Dafür muss man nicht nach Athos gehen«, meinte Daniel in jovialem Tonfall. »Lourdes ist viel näher.«
»James ging zurück.« Meryls Stimme wurde hart. »Er brachte mich und Jema in die Staaten, sobald er den griechischen Arzt bestechen konnte, uns zu entlassen. Er ließ mich hier mit gebrochenem Rückgrat und einem Neugeborenen zurück und flog sofort zurück nach Athos und kam an diesem Berg um.«
Jema konnte kaum glauben, dass ihr Vater so sehr an eine alte Legende geglaubt haben sollte. Nach allem, was sie gehört hatte, war ihr Vater ein sehr pragmatischer Mann gewesen, darauf konzentriert, greifbare Beweise für vergangene Zivilisationen zu entdecken und zu bewahren. Das alles klang eher nach dem Inhalt eines Indiana-Jones-Films.
»Kann ich irgendetwas tun, um dir bei dem Projekt zu helfen, Mutter?«, fragte Jema.
»Ich bin beinahe fertig«, erklärte Meryl.
»Was immer dein Vater dachte, ich bin sicher, dass die Hommage nur eine Legende ist«, meinte Daniel sanft. »Es gibt kein Zauberwasser, das uns heilen oder unsterblich machen kann.«
»Wer will denn auch für immer leben?«, warf
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