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Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)

Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)

Titel: Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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dass der Dämon mit den goldenen Augen erschien. Er tat es nicht. Das Milchmädchen arbeitete weiter, und die Kuh kaute. »Es tut mir leid, ich spreche kein Deutsch, aber ich brauche Hilfe. Ich suche nach einem Mann.«
    Das Milchmädchen zog einen Blecheimer unter der Kuh hervor und stand von ihrem Schemel auf. »Wie bitte?« Sie blickte auf Jemas Nachthemd, und ihr Lächeln wurde unsicher.
    »Was ist das für ein Ort?« Hinter der Kuh befand sich eine weitere offene Tür, aber Jema konnte nicht sehen, was dahinterlag. »Warum bin ich hier?«
    Das Milchmädchen lächelte wieder.
    Jema blickte sich um. Der Traum ergab keinen Sinn. Das Milchmädchen war nur eine deutsche Frau, die Kuh war eine Kuh, und das Zeug in dem Eimer war … Milch. Ein bisschen schaumig am Rand und definitiv nicht pasteurisiert, aber ganz sicher keine Säure oder Nitroglyzerin.
    Bin ich wirklich so langweilig?
    Sie blickte zu einem Nest in den Dachsparren. Eine Schwalbe streckte den Kopf heraus, war nicht beeindruckt und ging wieder schlafen. Die deutsche Frau stand lächelnd da, die Kuh stand kauend da, und die Milch im Eimer blieb Milch.
    Jema versuchte erneut zu kommunizieren. »Sprechen Sie gar kein Englisch?«
    Die andere Frau verzog das Gesicht, was wohl der universelle höfliche Ersatz für Offensichtlich nicht, du Genie war.
    Der Spanischkurs in der Highschool war vielleicht doch keine so gute Idee, dachte Jema, während sie an der Frau vorbeiging, um die Kuh zu umrunden.
    Der Eimer fiel zu Boden, und Milch spritzte in alle Richtungen. »Gefahr!« Die Frau warf ihre molligen Arme in die Luft. »Bleiben Sie hier!«
    Jema streckte abwehrend die Arme in die Luft, aber das Milchmädchen schlug sie nicht. Sie standen sich kurz gegenüber, Jema abwartend, das Milchmädchen mit weit ausgestreckten Armen und einem entsetzten, angstvollen Gesichtsausdruck.
    »Du«– Jema deutete auf das Milchmädchen – »willst nicht, dass ich« – sie deutete auf ihre eigene Brust und schüttelte den Kopf – »da hineingehe« – sie lief mit zwei Fingern zu der Tür hinter der Kuh –, »stimmt’s?«
    Das Milchmädchen nickte so heftig, dass die Enden ihrer Zöpfe auf ihrem üppig gefüllten Arbeitskittel auf und ab hüpften.
    »Es tut mir leid, aber das ist genau der Sinn.« Jema ging um die Kuh herum, trat durch die Tür in die Dunkelheit und fühlte etwas Glitschiges unter ihren Schuhen. Der Geruch von rohem Fleisch füllte ihre Nase und drehte ihr den Magen um. »Hallo?«
    Ihre Stimme ließ Fackeln über ihrem Kopf aufflackern. Die Flammen beleuchteten frische Rinderkadaver, die aufgespießt auf riesige Stahlhaken an dicken, groben Ketten hingen. Innereien und Blutlachen bedeckten zehn riesige Steintische; Blut und Haufen von rohem Fett überschwemmten den moosigen glatten Fußboden. Der Gestank unterstrich die grausige Szenerie.
    Dieser Ort war nicht nur einfach abstoßend, beschloss Jema. Er war extravagant abstoßend. Er war so abstoßend wie ein teures Restaurant mit Extrasommelier und einer Speisekarte, auf der keine Preise standen.
    An einer Seite befand sich ein enger Pferch, in dem neun dreckige, dürre, unglücklich aussehende Kühe standen. Sie machten keine Geräusche, und ihre Augen waren so eingesunken, dass sie wie schwarze Höhlen wirkten. Diejenige, die am nächsten zum Gatter stand, hatte ein faltiges Euter mit verschorften, ausgetrockneten Zitzen, die so tief hingen, dass sie über das dungverschmierte, zertrampelte Stroh im Pferch schleiften.
    »Du hättest nicht herkommen sollen«, sagte eine tiefe, vertraute Stimme.
    Die Luft, die Jema kurz und heftig einsog, war so kalt, dass ihre Zähne davon taub wurden. »Aus irgendeinem bestimmten Grund?«
    Die Kühe bewegten sich im Pferch, Kadaver fingen an zu schwingen, und der Boden bebte. Keine Spur jedoch von ihrem goldäugigen Dämonen.
    »Ich werde mich an das hier erinnern«, warnte ihn Jema. Sie wandte sich um und blickte in die Schatten. »Sei besser nett zu mir, damit ich dich morgen früh nicht hasse.«
    Jemas Dämon sprang aus den Dachsparren und landete direkt vor ihr. Er trug eine weiße Tunika mit einem riesigen roten Kreuz auf der Brust und ein Schwert mit einer anderthalb Meter langen Klinge.
    Das hier war eine viel größere, bösere Version des Dämons, der sie in ihren Träumen verfolgt hatte, eine, der es offensichtlich egal war, ob sie seine fehlende Körperhygiene abstoßend fand. Er war dreckig, sein Haar lang und verfilzt, seine Augen waren feindselige Schlitze.

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