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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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wollte Tante Mame unbedingt beweisen, dass sie als Frau in einer Männerwelt bestehen konnte. Eines Abends lernte sie im Twenty-one einen jungen Heißsporn aus einer alteingesessenen Familie in Baltimore kennen, der über Kapital verfügte, das er in eine kleine, aber feine Flüsterkneipe investieren wollte. Da er so gut wie niemanden in New York kannte und da Tante Mame so gut wie ganz New York kannte, überredete er sie, die Gesellschaftsdame für seine neue Unternehmung zu geben. Zuerst hatte Tante Mame ihre Zweifel, aber sie brauchte dringend Geld, und außerdem sollte es ja » nicht irgendeine verkeimte Abfüllstation werden, sondern eigentlich ein exklusiver Klub mit erlesenen Mitgliedern, ein Ort, an dem Damen und Herren wie zivilisierte Menschen miteinander trinken, vornehm speisen und ein, zwei Partien Bridge oder so spielen können. Ein guter Dienst an der Menschheit, wenn man so will. «
    Gemeinsam fanden sie eine alte Villa in den Forties, die für ihre Zwecke bereits ausgestattet war. In den zurückliegenden zwei Jahren hatte das Etablissement nacheinander Tony’s, Belle’s Bar Sinister, The Ole Plantation, Tony’s, Alt Wien, Paris bei Nacht– Pariser lacht, im Volksmund–, Victor’s Vesuvius, Chez Cocotte, York House, Gay Madrid und noch einmal Tony’s geheißen. Tante Mame und der junge Mann ließen das Haus dennoch renovieren, nannten es Club Continentale und legten los.
    Jeder, der Gelegenheit hatte, das Haus in Augenschein zu nehmen, bestätigte, Tante Mame und der junge Gentleman aus Baltimore hätten alles wirklich überaus hübsch hergerichtet. Die beiden verschickten gedruckte Einladungen und Mitgliedsausweise an die wichtigsten Personen aus dem Gesellschaftsregister und dem Bereich der schönen Künste. Sie engagierten einen der beliebtesten Barkeeper New Yorks, einen französischen Koch, ein ungarisches Orchester, einen irischen Türsteher, einen italienischen Oberkellner und eine spanische Tänzerin mit dem klangvollen Namen Euthanasia Gomez. Zur weiteren Unterhaltung der Gäste wäre Tante Mame, auf Verlangen, durchaus bereit gewesen, ein bisschen auf dem weißen Flügel zu klimpern und einige leichte französische Weisen zu singen. Dazu kam es nicht. In ihrem Eifer, alles nur ja richtig zu machen, hatten Tante Mame und der junge Mann vergessen, Schutzgeld an die Polizei zu zahlen. Das Geschehen am Abend der feierlichen Eröffnung ließ sich an Glanz und Vornehmheit nicht mehr überbieten, da wurde der Club Continentale gestürmt, die Flaschen und Innendekorationen mit Äxten zerschlagen und die sorgfältig ausgesuchten Mitglieder in eine Polizeiwache verfrachtet.
    Als Nächstes gründete Tante Mame, dank der Großzügigkeit von Frank Case, als Angebot für die Gäste des Algonquin einen privaten Shoppingservice. Leider hatte das Algonquin 1931 nicht allzu viele Gäste, und die wenigen, die es gab, fanden Tante Mames Geschmack etwas zu exzentrisch und viel zu teuer. So verging das Frühjahr hauptsächlich damit, dass sie in der Lounge saß und mit alten Freunden schwatzte. Um keine Schulden zu machen, musste sie ihre Perlen und einen Saphirring verkaufen, und als ich über die Sommerferien nach Hause kam, war Tante Mame viel zu sehr von innerer Unruhe getrieben, um weiter zwischen den Topfpflanzen im Algonquin zu hocken.
    Danach ging sie Klinken putzen am Riverside Drive, mit Haushaltswaren aus Aluminium, aber niemand kaufte ihr etwas ab, und an dem Tag, als der Verkaufsleiter sie verführen wollte, gab sie ihm eine Ohrfeige und wurde an die Luft gesetzt.
    Im Juli arbeitete sie als Sekretärin eines Schnürsenkelherstellers– sie beherrschte kein Steno, dafür konnte sie schnell schreiben und saloppe Briefe auf der Schreibmaschine heraushauen. Nach drei Wochen hatte er immer noch nichts produziert– und sie kein Gehalt.
    Im August schrieb Tante Mame ein dreißig Szenen umfassendes griechisches Drama mit einem zweihundert Mann starken Chor. Sie zeigte es Annie Laurie Williams, einer Agentin, die meinte, es hätte ein paar ganz gute Stellen, aber aufgeführt wurde das Stück nie.
    Im September war Tante Mame, nach einigem Lügen, eines Morgens plötzlich als Telefonistin bei einer Versicherungsgesellschaft tätig. Beinahe hätte sie ihrem Leben mit einem tödlichen Stromschlag versehentlich ein Ende gemacht, und rechtzeitig zum Lunch war sie wieder zu Hause.
    Dann folgte ein kurzer Ausflug in das Immobiliengewerbe. 1931 zog jedermann aus großen teuren Wohnungen aus und in kleine

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