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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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fünf-, sechs-, siebenhundert. «
    » Ist das nicht himmlisch! « , rief Tante Mame. Noch ein verzückter Zug an ihrer Zigarette, dann richtete sie sich kerzengerade auf. » Schreck, lass nach! Ich hatte doch Neysa McMein versprochen, auf einen Drink bei ihr vorbeizuschauen. Jetzt bin ich schon viel zu spät dran! Meine Güte, sie hat zugesagt, Entwürfe für uns zu machen, das habe ich ganz vergessen! Hör zu, mein Junge, hol mir meinen Mantel und ruf ein Taxi. Ich muss mich sputen! «
    » Was soll ich mit dem ganzen Geld machen? « , fragte Norah.
    » Lass es in der Kasse liegen. Ich schließe ab. Schnell, Patrick, besorg uns ein Taxi, ich setze euch beide zu Hause ab. « Sie verschloss die Tür, und wir rannten los.
    Noch in derselben Nacht vernichtete eine, wie die Revolverpresse schrieb, » Feuersbrunst unbekannter Herkunft « fast den halben Häuserblock in der East Fifty-fourth Street. Drei Löschzüge waren im Einsatz, um den Brand zu bändigen, und was vom Maison Moderne übrig blieb, passte gut und gerne in einen der » sensationellen « Aschenbecher.
    » Oh Patrick, warum setzt mir das Schicksal so zu « , greinte Tante Mame. » Mein schönes, neues mutiges Projekt, einfach so in Rauch aufgegangen. Gott sei Dank habe ich letzte Woche die erste Prämie an die Feuerversicherung gezahlt. « Geziert schnäuzte sie sich die Nase. » Verdammt noch mal « , sagte sie, während sie in eine leere Schale aus Kristallglas fasste, » gibt es denn keine Zigaretten mehr in diesem Haus? Sei brav und reich mir mal meine Handtasche. «
    Munter weiterplappernd kramte sie in ihrer Handtasche aus Eidechsenleder. Plötzlich wurde Tante Mame ganz still und erbleichte. Aus dem Innern ihrer Tasche zog sie einen breiten weißen Umschlag, adressiert an die Feuer- und Seeversicherung in Hartford, Connecticut.
    Nach dem kostspieligen Flammentod des Maison Moderne befand Tante Mame, es wäre wohl doch besser, für andere Leute zu arbeiten als für sich selbst. Damals zwang ihre Leidenschaft für ausgefallene Stoffe sie dazu, dass sie ihre Kleidung hauptsächlich bei Jessie Franklin Turner kaufte, einem Geschäft von bescheidener Größe, das sich an eine unbescheidene Klientel richtete. » So was von angenehm und intim « , schrieb Tante Mame in einem ihrer Briefe, » als wären die Kunden alte Freunde und Gäste– was sie ja im Grunde genommen auch sind. « Wegen Tante Mames aufgelaufener Schulden bei Mrs. Turner stellte diese sie als Verkäuferin ein– » eigentlich heißt das vendeuse, Darling « , schrieb sie mir.
    Tante Mame arbeitete gern dort, umgeben von schönen teuren Kleidern, und fast jeden Abend kam sie mit einer neuen Kreation von Jessie Franklin Turner nach Hause. Im Winter des Jahres 1931 gingen die Geschäfte schlecht, doch Tante Mames Selbstvertrauen war nicht zu erschüttern.
    Leider besaß meine Tante eine verhängnisvolle Freimütigkeit, die manche erfrischend fanden, andere abschreckte. Ihre einnehmende Aufrichtigkeit stellte ihr ein Bein, als Mrs. Turner eine Bemerkung mithörte, die Tante Mame einer launischen Matrone von furchterregendem Umfang gegenüber machte: » Ach, meine Gute, wir haben wirklich kein einziges Stück, das wir Ihnen anpassen könnten. Unsere Kleider stehen Ihnen einfach nicht– sie sind viel zu grazil geschnitten. Hören Sie auf meinen Rat und gehen Sie mal in die Abteilung Mode für Mollige bei Lane Bryant. « Ein hitziger Wortwechsel, und die Kundin stolzierte aus dem Laden, um ihn nie wieder zu betreten. Eine Viertelstunde später– nach einer kurzen Auseinandersetzung mit Mrs. Turner, die ihr mit Nachdruck nahelegte, sie solle sich einen reichen Mann angeln, und zwar schleunigst, um die aufgelaufene Rechnung in ihrem Laden zu begleichen– tat Tante Mame es ihr gleich.
    Tante Mames letzte Station in der Bekleidungsindustrie war Henri Brendel, bei dem sie, dank ihrer tollen Figur und einer langen Freundschaft mit Mr. Brendel, knapp über eine Woche als Modell für elegante Damenbekleidung arbeitete. An dem Tag, als ein schmutziger alter Herr von unbegrenzter Kaufkraft sie in ihr elegant geschwungenes Hinterteil kniff, kam es zu einer unschönen Szene, und man entledigte sich ihrer Dienste. Mr. Brendel schrieb Tante Mame einen anrührenden Brief, in dem er sagte, die ganze Sache täte ihm schrecklich leid, aber sie sei nun mal eine Lady und viel zu fein, um als Wäscheständer zu dienen. Hinzu fügte er noch, die beste Laufbahn für Tante Mame sei wohl doch die der Ehefrau.
    Dennoch

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