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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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auf das, was wir im Kino gesehen hatten– grässliche Folterungen; unschuldige Jungfrauen, die betäubt und verkauft wurden, gezwungen zu einem Leben, das schlimmer war als Hungerleiden am Jangtse; blutige Kriege zwischen den chinesischen Geheimbünden– doch Hollywood hatte unmissverständlich klargemacht, was passiert, wenn der Osten auf den Westen trifft.
    » Paddy « , schluchzte Norah plötzlich, » man hat uns in eine Opiumhöhle gelockt. Man wird uns töten oder uns noch Schlimmeres antun. Wir müssen hier raus. « Sie erhob sich, zog mich mit sich, sank jedoch gleich wieder mit einem verzagten Stöhnen auf die Bank nieder.
    In das Foyer kam jetzt eine japanische Puppenfrau geschlendert. Sie trug einen sehr kurzen Pony mit senkrecht heruntergekämmten Fransen oberhalb der schräg stehenden Augenbrauen; ein langes Kleid aus bestickter goldener Seide lief hinten in einer Schärpe aus. Die Füße steckten in winzigen, juwelenbesetzten Pantöffelchen, an den Armen klapperten Reifen aus Jade und Elfenbein. Sie hatte die längsten Fingernägel, die ich je gesehen hatte, jeder war in einem zarten Grün lackiert. Zwischen ihren hellroten Lippen hing träge eine schier endlose Zigarettenspitze aus Bambus. Irgendwie kam mir die Frau bekannt vor.
    Norah und mich betrachtete sie mit amüsiertem Erstaunen. » Oh « , sagte sie, » der Mann vom privaten Vermittlungsdienst hat mir nicht gesagt, dass Sie auch noch ein Kind mitbringen. Egal. Er sieht ja wie ein ganz manierlicher Junge aus. Wenn er ungezogen ist, können wir ihn immer noch aus dem Fenster in den Fluss werfen. « Sie lachte, wir nicht. » Sie wissen, was von Ihnen erwartet wird, nehme ich an. Leichte Sklavenarbeit in der Wohnung, und jeden Donnerstag haben Sie natürlich zu Ihrer freien Verfügung. «
    Norah sah sie mit weit aufgerissenen Augen an, die Kinnlade hing herunter.
    » Sie kommen ein bisschen spät « , sagte die orientalische Dame. » Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Sie heute Abend dieser Meute aufwarten. « Sie deutete in die Richtung, aus der der Lärm kam. » Aber das ist nicht so tragisch. Ich werde Sie schon mit was Passendem ausstaffieren, wenn Sie keine Sachen dabeihaben. « Sie ging zurück zu der Lärmquelle. » Warten Sie hier. Ito soll Ihnen Ihr Zimmer zeigen. Ito! Ito! « , rief sie und rauschte davon.
    » Heil’ge Muttergottes. Hast du gehört, was sie gesagt hat? Diese vielen Wörter! Wie eine richtige Chinesin mit ihrem Singsang. Was sollen wir machen, Paddy? Was sollen wir bloß machen? «
    Ein finsteres Paar schlenderte durchs Foyer. Der Mann sah aus wie eine Frau, und die Frau war, abgesehen von ihrem Tweedrock, fast das Ebenbild von Ramon Novarro. » Du hast bestimmt auch schon gehört, dass sie die arme Miriam in die Wüste geschickt haben « , sagte der Mann.
    Die Frau antwortete: » Wenn sie sie unbedingt berufsmäßig erledigen wollen, dann ist das genau der richtige Ort für die Schlampe, die Arme. « Sie lachte hämisch, und die beiden verschwanden hinter dem Schirm gegenüber.
    Norah bekam Stielaugen, ich auch. Plötzlich gellte ein Schrei durch die Luft. Wir beide sprangen auf. Über den Lärm hinweg erhob sich eine hysterische weibliche Stimme. » Oh Aleck! Hör auf! Bitte. Du erschlägst mich noch! « Brüllendes Gelächter, dann wieder ein schriller Schrei. Norah packte mich am Arm und klammerte sich fest. Hinter einem Wandschirm tauchten zwei Männer auf. Einer hatte einen hellroten Bart. Sie trugen eine ganz in Schwarz gekleidete Frau, deren Kopf nach hinten übergekippt war, die Augen geschlossen, das lange Haar schleifte über den Boden. Norah schluckte. » Arme Edna « , sagte einer der Männer. » Mir tut sie nicht so leid « , sagte dagegen der Bärtige. » Heute Nachmittag noch habe ich zu ihr gesagt, Edna, habe ich zu ihr gesagt, du unterschreibst dein eigenes Todesurteil, wenn du zu Mittag dieses ganze Giftzeug trinkst. Um sieben Uhr bist du kalt wie eine Makrele. Und jetzt haben wir den Salat, umgekippt ist sie. « Norah bekreuzigte sich.
    Ein erneuter Schrei und irres Gelächter. Der kleine Japaner kam hinter einem Schirm hervorgeschossen und hastete quer durchs Foyer, in der Hand ein großes Messer. Norah stöhnte.
    » Heilige Maria, Muttergottes, beschütze uns « , betete sie. » Bewahre das kleine Waisenkind und mich vorm Abschlachten und vor Schlimmerem in den Händen dieser chinesischen Kehlenaufschlitzer. « Inbrünstig fing sie an, ein langes Gebet zu murmeln, so unzusammenhängend, dass

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