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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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Felsen und Hecken, von der er als Junge immer geträumt hatte, und spürte, wie sich seine Muskeln spannten und ihn durch die Luft katapultierten. Als er sich endlich eine Pause gönnte, entdeckte er einen Bach, dessen Oberfläche in der windstillen Luft ganz ruhig dalag. Euan beugte sich vor, um zu trinken.
    Seiner verletzten Kehle entfuhr ein entsetztes Knurren. Von der Wasseroberfläche blickte ihm ein Wolf entgegen.
    Er blickte an sich herunter und sah dickes Fell und Pfoten, wo gestern noch seine Hunde gewesen waren. Euan schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Das musste ein Traum sein. Er öffnete die Augen wieder und lehnte sich bis zum Wasser vor. Seine schwarze Schnauze berührte den kalten Bach. Er roch die Lachse und Frösche, die darin verendet waren, und spürte instinktiv, dass das Wasser ein paar Meter stromaufwärts frischer war. Er roch auch totes walisisches Blut, dessen Gestank sich mit dem verfaulender Zweige mischte. Er zog sein pelziges Gesicht zurück, saß heftig atmend am Ufer und sah auf seine Haut, die zu grauem Fell geworden war. Sein Körper war nun groß und muskulös, und von der Wunde, die ihm der Wolf im Wald zugefügt hatte, war nur eine kleine Kruste an seinem Hals geblieben. Beinahe gegen seinen Willen erfüllte ihn Bewunderung für seinen neuen Körper. Jetzt war er nicht länger der schmächtige Zwilling, über den die Leute trotz der Krone seines Vaters insgeheim spotteten. Solche Macht! Solche Kraft! Nie hätte er sich träumen lassen...
    „Hier entlang!“, schrie einer seiner besten Wolfsjäger ein paar Heckenreihen hinter ihm, und die Hufe der Pferde klangen wie laute Explosionen.
    Euan rannte weiter und hielt erst an, als der Himmel schwarz geworden war und seinen diamantenen Sternenteppich ausgerollt hatte, dessen Strahlen ihn blendete. War das der Große Wagen? Wie hieß noch gleich die Kette blinkender Sterne daneben? Er fragte sich, ob sein Bruder von den Sternen auf ihn herabblickte und ob er ihn überhaupt noch erkannte. Aber die Gedanken an Ned, der ihm vor langer Zeit „Gottes leuchtende Augen“ erklärt hatte, wurden vom hungrigen Gesang seines neuen Blutes vertrieben. Einem Wolf war es egal, was die Sternbilder bedeuteten. Für ihn war nur wichtig, dass Neumond war und die Jäger ihn so weniger leicht entdecken würden. Er drehte den Kopf und lauschte. Im Gras bewegte sich etwas. Leichte Beute.
    Am selben Abend verschlang Euan einen Hasen, den er gefangen hatte, in drei Bissen, während dieser noch zwischen seinen Fängen strampelte. Als er das Fleisch schmeckte, hörte er einen neuen, hungrigen Rhythmus, der für kurze Zeit alle anderen Geräusche seiner Umgebung übertönte. Endlich rollte er sich unter einem Baum zusammen. Euan war nass und müde vom Laufen, seine Pfoten waren aufgerissen und geschwollen. Seine letzten Erinnerungen an ein Leben in seidenen Gemächern, zwischen den Beinen junger Frauen und in der Großen Halle, wo Hunderte von Wolfsköpfen wehmütig auf ihn herunterblickten, verblassten und vergingen. Sie wurden durch den Wunsch ersetzt zu überleben. Egal, wie.
    Der Wolf in ihm jubelte, weil er in dieses großartige Raubtier verwandelt worden war.
    Der Teil seines Wesens, der noch menschlich war, verspürte nur kindische Furcht.
    Er lag eine Weile unter dem Baum, lauschte den ächzenden Stimmen der Zweige und spürte den Herzschlag aller Rehe, Ratten und Eulen des Waldes, so weit seine neuen Augen reichten. Die Verwandlung war abgeschlossen. Der Fluch des Wolfes hing wie eine schwere Wolke Weihrauch über ihm, und die Warnung hallte noch immer in seinem Kopf wider. Er spürte, wie der Druck zwischen seinen Ohren stärker wurde, und öffnete die Kiefer.
    Und von animalischem Instinkt geleitet, warf der Wolf den Kopf in den Nacken und heulte.«

IX.
    Ich sehe immer noch vor mir, wie Jim auf seinem Barhocker saß und den Applaus genoss. Mistkerl.
    »So endet der erste Teil meiner Geschichte«, sagte er in bester seanchai-Manier und blieb gelassen sitzen, während ihm alle, vom wettergegerbten Fischer bis zu Möchte-gern-Paris-Hilton-Girlies im Sport-BH, donnernd applaudierten. Er nickte und wollte sich gerade unter die Zuschauer mischen, als sich jemand zu Wort meldete:
    »Was wird denn nun aus Euan? Muss er für immer ein Wolf bleiben?«
    Ich schaute in die Richtung, aus der die Stimme kam. Es war nicht schwer, die Quelle dieses kleinen Flirtversuchs zu erraten. Sarah McDonnell hatte sich zu Jim durchgedrängelt und stand nun in ihrem

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