Darling Jim
bestimmt gleich nach dem Mittagessen darum kümmern.«
»Du hörst mir nicht zu«, sagte ich entnervt. Ich fühlte mich furchtbar. Aoife war sonst nicht so kaltschnäuzig, wenn ihr eindeutige Beweise vorgelegt wurden. »Er hat mir ein Messer an die Kehle gehalten, okay? Er hat Sarah und die Frau in ... was weiß ich wo getötet. Du weißt, dass ich recht habe. Und Jim weiß Bescheid. So gehen die beiden vor. Tomo hat mir das praktisch gestanden.«
Aoife befestigte den Gartenschlauch am Wasserhahn, drehte das Wasser an und spritzte demonstrativ den Benz ab. Ich sah, dass sie sich ihre Meinung bereits gebildet hatte.
»So so. Und deshalb vermutest du« - Gott, wie sie dieses Wort genüsslich dehnte -, »dass dein Jim und sein Freund der Verbrecher jeden Auftritt mit einem feierlichen Mord abschließen? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!« Ein paar Spritzer Dreckwasser trafen mich ins Gesicht. Bestimmt aus Versehen. »Außerdem lag Jims knackiger Hintern doch in deinem Bett, als Sarah ermordet wurde, stimmt's? Du hast ihm ein Alibi verschafft. Und woher willst du wissen, dass er am Abend des ersten Mordes einen Auftritt hatte? Beruhig dich mal wieder. Ich glaube, du bildest dir da was ein.«
Ich wollte schon protestieren, als meine kleine Schwester sich dem Heck des Wagens zuwandte und ich ihren Gesichtsausdruck sah.
In ihren Augen lag die gleiche wütende Eifersucht, die ich gestern im Gesicht unserer Tante Moira gesehen hatte. Und ihr verkniffenes Lächeln besagte: »Erwarte bloß kein Mitleid von mir, weil Jim etwas Besseres gefunden hat als dich. Wie man sich bettet, so liegt man.« Sie warf den Gartenschlauch beiseite und ging ins Haus, ohne mir einen Tee anzubieten.
So viel zur Schwesternliebe.
»Ich ruf dich nachher an«, sagte ich, bekam darauf aber nur selbstmitleidiges Gemurmel zur Antwort. Fassungslos stand ich noch eine Zeit lang an Ort und Stelle. Ich hatte nur einen Trost:
Die abgesägte Schrotflinte unseres Vaters lag jetzt in meiner Tasche. Und heute Nacht würde ich sie unter mein Kopfkissen legen und darum beten, dass der hässliche Karpfen sein Glück noch einmal versuchte.
Ich bin kein Feigling, auch wenn du das inzwischen vielleicht glauben magst.
Deshalb stand ich nach einer ohnehin schlaflosen Nacht in aller Herrgottsfrühe auf und ging rüber zu Finbar. Die Flut an SMS, mit der er mich überschüttet hatte, war verebbt, aber die, die er mir jetzt schickte, klangen eher verzweifelt als wütend. WO BIST DU? und BITTE RUF AN klang schon besser als WAS ICH HÖRE, GEFÄLLT MIR NICHT. ABER ICH LIEBE DICH oder WAS GLAUBST DU, WER DU BIST??? F
Inzwischen war mein schlechtes Gewissen so groß, dass nicht einmal die Bantry Bay genug Platz dafür geboten hätte. Die Wahrheit ist, dass ich ihn bereits in dem Augenblick betrogen hatte, als ich Jim zum ersten Mal gesehen habe. Nicht erst, als ich in seinen Armen lag.
Ich ging durch die Stadt zu Finbars Haus. An der Tür war eine Schramme, weil Rosie bei der letzten Silvesterparty ihre Stilettos gegen sie geschleudert hatte. Dann zögerte ich einen Augenblick. Die Talion Road führte zu einem Hügel, wo die Häuser mit dem schönsten Meerblick lagen. Das meines Freundes hatte Panoramafenster und eine Alarmanlage, die es sonst nur in amerikanischen Filmen gibt.
Die Straßenlaterne schien auf Finbars blitzblankes Auto, das neben zwei Karren stand, die aussahen, als wären sie liebevoll in Schlamm getaucht worden. Ich konnte ihn durchs Küchenfenster sehen, er trocknete gerade Geschirr ab, obwohl er ein Vermögen für eine deutsche Spülmaschine ausgegeben hatte, die damals mehr gekostet hatte als der Mallorcaurlaub für uns drei Schwestern. An der Art, wie er den Kopf zur Seite legte, sah ich, dass er stinksauer war und am liebsten meine Tür eingetreten hätte. Das Geschirrtrocknen wirkte wie eine Meditationsübung und sollte offenbar dazu dienen, ihn davon abzuhalten. Seine Hände bewegten sich ruhig, ohne Freude oder Ärger. So machte er alles. Als flösse in seine Adern lauwarmes Wasser statt Blut. Am liebsten hätte ich einen Stein durch die Scheibe gepfeffert, nur um eine Reaktion zu erhalten. Stattdessen streifte ich die Schuhe ab, lauschte auf das Geräusch meines Atems und drückte die Klingel.
»Fiona«, sagte er nur, als hätte ich meinen Namen vergessen.
Er hatte sich in den vergangenen Tagen so oft und so gründlich rasiert, dass ich drei Schnitte sah, die noch nicht verheilt waren.
Ich roch seine Zitronenseife, die wie
Weitere Kostenlose Bücher