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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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Desinfektionsmittel in der Luft hing und mir das Wasser in die Augen trieb.
    »Kann ich reinkommen?«, fragte ich und lächelte ihn matt an.
    Dieses Lächeln war sonst nur für Father Malloy reserviert. Viele Zähne und kaum Augenkontakt. Denn ich wusste, was ich in Finbars Augen lesen würde. Tausend Fragen statt Vorwürfen, obwohl mir Wut lieber gewesen wäre. Denn ich wollte ihm nicht erklären, was mit der alten Fiona geschehen war.
    »Ich spüle gerade«, sagte er mit einer Stimme, die ich nicht wieder erkannte. Sie war belegt, als habe er gerade Honig gegessen und vergessen zu schlucken.
    Ich setzte mich auf eines der weißen IKEA-Sofas, die er sich vor zwei Monaten für viel Geld aus London hatte liefern lassen. Zwei Tage lang musste ich mit ihm das verdammte Ding zusammenbauen. Seitdem hasste ich Inbusschlüssel und niedliche Zeichnungen, mit denen man sich wie ein kompletter Idiot fühlt. Finbar wischte sich die Hände an seiner blütenweißen Schürze ab und setzte sich mir gegenüber. Eine Kristallfigur, die eine Meerjungfrau und einen lüsternen Fisch darstellte, stand als stummer Schiedsrichter auf dem Couchtisch zwischen uns. Die Meerjungfrau sah aus, als sei ihr diese Aufgabe sehr unangenehm. Der Fisch glotzte einfach nur blöd.
    »Ich habe keine Entschuldigung für mein Verhalten, Finbar, und es tut mir sehr leid«, begann ich wenig originell, sehr darum bemüht, normal zu atmen. Jetzt, da ich hier saß, verflog der mysteriöse Rausch, in den Jim mich versetzt hatte, und mein Herz klopfte stärker, als läge direkt darunter meine Scham, die sich gerade mit Zähnen und Klauen einen Weg an die Oberfläche bahnte.
    Finbar blieb zunächst stumm und wischte sich weiterhin die knochentrockenen Finger an der Schürze ab. Da erst fiel mir auf, dass er betrunken war. Erst zweimal in unserer Beziehung hatte ich erlebt, dass er freiwillig die Kontrolle abgab. Einmal, als er erfolgreichster Makler von ganz Irland geworden war und seine neidischen Kollegen uns in ein schickes Restaurant mit italienischem Namen in Cork City geschleppt hatten. Er hatte ganz alleine zwei Flaschen Champagner geleert, und als ich ihn nach Hause gefahren hatte, verbrachte er den Rest der Nacht damit, nach unsichtbarem Schmutz an seinem Anzug zu suchen. Das zweite Mal, als wir zum ersten Mal Sex hatten und er mir kurz vor seinem Orgasmus gestand, dass er mich liebte. Ich verstand jetzt, warum es hier überall nach künstlichen Zitronen roch - besser als nach Single Malt. Seine Augen waren gerötet. Vielleicht hatte er geweint, vielleicht lag es aber auch am Whiskey.
    »Du musst mit mir zu dem Dinner gehen«, sagte er nur. Ich wartete auf den Rest, aber Finbar legte beide Hände auf die Knie. Offenbar war er fertig.
    »Wovon redest du?«
    »Nächsten Samstag. Im Ristorante Rabenga in Glengarrif. Die Firmenfeier. Alle erwarten, dass wir zu zweit dort auftauchen.« Er sprach in abgehackten Sätzen, als würden ihn längere Sätze zu sehr schmerzen. Er hatte immer noch nicht gelächelt, was im Nachhinein das einzig Positive an diesem Morgen war.
    »Vielleicht ... ist das keine so gute Idee. Ich meine, so wie die Dinge zwischen uns stehen ... «
    Finbar legte die Hand vor den Mund, bevor er antwortete. »Und wie stehen die Dinge zwischen uns? Kannst du mir mal genauer verraten, an welche Dinge ich da denken könnte?« Er lispelte, als führten seine Lippen ein Eigenleben und sprächen Dinge aus, von denen sein restlicher Mund nichts wusste. Er sah nicht mich an, sondern die Kristallmeerjungfrau, und seinem Gesicht nach zu urteilen, stand ihr eine ordentliche Tracht Prügel bevor.
    »Ich habe das nicht geplant«, sagte ich. »Und es tut mir leid, dass ich dich seinetwegen angelogen habe. Aber es ist nun mal passiert, und ich kann es nicht mehr ungeschehen machen.« Ich sah Finbars Hände an und fragte mich, wie es sein konnte, dass ich nichts fühlte, wenn er meine Brüste wie Kuchenteig knetete, und ein einziger Blick von Jim ausreichte, damit ich vor Erregung fast verging.
    »Heißt das, du kommst nicht mit zum Essen?«, fragte er.
    Ich stand auf, stellte mich hinter ihn und legte ihm die Hand in den Nacken. Kurz überlegte ich, ob ich bleiben und aus Mitleid mit ihm schlafen sollte, aber das hätte den armen Kerl völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Also ließ ich nur meine Hand dort einen Augenblick ruhen, spürte seinen Pulsschlag und die Liebe, die uns nie wirklich verbunden hatte. Dann schob er meine Hand weg.
    »Wir sehen uns,

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