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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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uns an und versuchten abzuschätzen, wer einen Kampf gewinnen würde. Dann schossen ihre Augenbrauen in die Höhe, und sie griff fast freudig wieder nach ihrer Waffe. »Du warst das!«, kreischte sie und stürzte sich wie eine Verrückte auf mich. »Ich wusste doch, dass ich dein Gesicht schon mal irgendwo gesehen habe. Genau. Du warst gestern im Pub, oder? Und dann bist du mir und Jim hierher gefolgt, du perverse Spannerin!« Ihr Gesicht war kalkweiß geworden. »Den Ring, den meine Mutter mir vererbt hat, meinen Pass, Bargeld, die Schlüssel für den Audi und alle Telefonnummern, die ich mir jemals aufgeschrieben habe, hast du geklaut! Und du bist dreist genug wiederzukommen, um noch mehr abzustauben? Bleib stehen!«
    Das Holzgeschoss zischte an meinem Kopf vorbei, und ich wich aus und rannte aus dem Haus, wobei ich einen Schuh verlor.
    »Bleib stehen, du verfluchte Zigeunerschlampe!«, schrie Kelly aus voller Kehle.
    »Erinnerst du dich an den Asiaten, der gestern auch dort war?«, schrie ich und rannte, so schnell ich konnte.
    »Lügnerin!«, brüllte sie und verfolgte mich wie eine tollwütige Hündin. »Welcher Asiate?« Ein Auto hatte angehalten, und der Fahrer kurbelte das Fenster herunter, um die Show zu genießen.
    »Jims Assistent. Er ist dir auch hierher gefolgt«, keuchte ich. »Ich bin euch gestern hinterhergefahren, weil ich eifersüchtig war, weil Jim dich aufgerissen hat. Ich geb's zu! Aber dieser Typ hat dich beklaut, das habe ich genau gesehen. So arbeiten die beiden. Einer macht die Tür auf, und der andere sorgt dafür, dass sie offen bleibt.« Kelly erwischte meine Haare und riss mir ein paar Strähnen aus, bevor ich meine letzten Adrenalinreserven mobilisierte und ihr noch einmal entwischte.
    »Netter Versuch«, sagte sie mit pfeifendem Atem. »Jim ist ein Gentleman. «
    »Ja«, sagte ich, »bis seine kleinen Helferlein mal ein falsches Wort sagen. Dann bringt er sie um. Dieser Chinese ist mausetot.« Ich blickte mich um und sah, dass sie angehalten hatte. Ihre Arme hingen schlaff herab, als seien sie plötzlich sehr schwer geworden.
    »Was hast du gesagt?«, fragte sie.
    »Genau das, was du gehört hast«, fuhr ich fort und ließ mich ins Gras sinken. »Ich hab ihn vor zwei Stunden gesehen, und sein Kopf war völlig zerbeult.«
    Auch Kelly setzte sich. Ihr Mund bewegte sich, als kaue sie auf einem unsichtbaren Grashalm, also beschloss ich den letzten Informationspfeil, über den ich verfügte, direkt in ihr kleines Yuppieherz abzuschießen. »Eines interessiert mich noch«, sagte ich und verkniff mir das Lächeln. »Hat er dir auch erzählt, dass die Geschichte und nicht er die Fäden zieht? Bestimmt hat er das getan. Und hast du dir sein tolles Tattoo genauer angeguckt? Was ist das noch mal, ich hab's vergessen. Schweinchen Dick oder der heldenhafte Cuchulainn? Manchmal sind die genau gleich angezogen.«
    »Halt den Mund«, sagte sie und senkte den Kopf. Ich hatte genau ins Schwarze getroffen. Jeder will den Hauptgewinn, aber teilen will ihn niemand.
    »Jim bezaubert alle und erzählt Geschichten. Sein kleiner Diener macht derweil die Drecksarbeit.« Den letzten Satz sagte ich ganz ohne Wut, denn so viel brillante Gerissenheit musste man einfach bewundern.
    »Jim hatte damit nichts zu tun«, sagte Kelly, aber ihre Stimme hatte ihre Sicherheit verloren. Dann stand sie auf und klopfte sich mit verkniffenem Gesicht Grashalme vom Bademantel, als halte ihr jemand gegen ihren Willen die Nase zu. »Der Tod dieses Mannes war ganz sicher ein Unfall. Und jetzt geh, bitte. Denn ich bleibe dabei: Jim ist ein echter Gentleman.«
    »Da bin ich mir sicher«, sagte ich.

    Meine teuflische Schwester hatte Mitleid mit mir. Wer sonst würde dem Mädchen Obdach gewähren, das umsonst die Pferde scheu gemacht hatte? Bis zum Abend hatte bereits die ganze Stadt von meiner lächerlichen Serienmördertheorie erfahren. Hämisches Gekicher folgte mir auf dem ganzen Weg von der Polizeiwache nach Hause.
    Dort bekam ich eine gesunde Dosis Ewgenija, denn als ich an Rosies Tür klopfte, machte mir ein blondes, sommersprossiges Mädchen auf.
    Ewgenija war die Geliebte meiner Schwester, auch wenn wir sie nicht so nannten und zuließen, dass Tante Moira immer noch von »Rosies ehemaliger Mitbewohnerin« sprach. Wir hätten die Sache sicher ausfechten können, aber versuch du mal, dich in einer Gegend zu outen, in der du entweder mit einem Jungen oder mit deiner Schwester Händchen halten darfst, sonst setzt's was.
    Ewgenija

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