Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
Aufstoßen und Sodbrennen deshalb oft.
Auch Schwangerschaftshormone können so ein Durcheinander auslösen. Eigentlich sollen sie die Gebärmutter bis zur Geburt schön locker und gemütlich halten. Diese Wirkung haben sie allerdings auch am Schließmuskel der Speiseröhre. Die Folge ist ein lockerer Magenverschluss, der zusammen mit dem Druck aus dem gewölbten Unterbauch die Säure nach oben fliehen lässt. Wer ein Verhütungsmittel mit weiblichen Hormonen benutzt, kann als Nebenwirkung auch öfter sauer aufstoßen.
Zigarettenrauch oder Schwangerenhormone – unsere Nerven sind keine komplett isolierten Elektrokabel. Sie sind organisch in unser Gewebe eingeflochten und reagieren auf alle Stoffe um sie herum. Daher empfehlen einige Ärzte den Verzicht auf eine Vielzahl von Lebensmitteln, die die Kraft des schließenden Ringmuskels herabsetzen: Schokolade, scharfe Gewürze, Alkohol, Zuckerbomben, Kaffee und so weiter und so fort.
All diese Substanzen beeinflussen unsere Nerven, sie müssen aber nicht bei jeder Person einen Säurestolperer auslösen. Modelle aus der amerikanischen Forschung empfehlen, lieber selber auszuprobieren, bei welchen Lebensmitteln die eigenen Nerven empfindlich reagieren. So muss nicht unnötig auf alles verzichtet werden.
Es gibt einen interessanten Zusammenhang, den man durch ein Medikament entdeckt hat, das wegen seinen Nebenwirkungen nie zugelassen wurde. Dieses Mittel blockiert Nerven an einer Stelle, an der sonst Glutamat an Nerven bindet. Glutamat kennen die meisten als Geschmacksverstärker. Es wird aber auch von unseren Nerven freigesetzt. Bei den Nerven der Zunge bewirkt das Glutamat eine Intensivierung von Geschmackssignalen. Im Magen kann es Verwirrung stiften, denn die Nerven wissen nicht unbedingt, ob das Glutamat von ihrem Kollegen kommt oder vom China-Restaurant. Die Idee für das Selbstexperiment lautet deshalb: eine Zeitlang auf glutamat-reiches Essen verzichten. Dafür muss man im Supermarkt schon mal die Lesebrille auspacken und die Miniaturwörtchen der Inhaltsstoffliste anschauen. Oft versteckt sich das Glutamat auch in kryptischen Wortkreaturen wie Natrium-Mono-Glutamat oder Ähnliches. Wenn man eine Besserung merkt – gut. Wenn nicht, hat man auf jeden Fall einige Zeit gesünder gelebt.
Wer seltener als einmal pro Woche sauer stolpert, kann auf einfache Mittel zurückgreifen: Säureneutralisierer aus der Apotheke funktionieren – als Hausmittelchen hilft auch Kartoffelsaft. Säure zu neutralisieren ist allerdings eine ziemlich schlechte Dauerlösung! Magensäure verätzt auch Allergene und schlechte Bakterien aus der Nahrung oder hilft bei der Eiweißverdauung. Einige der neutralisierenden Medikamente beinhalten außerdem Aluminium. Das ist ein sehr fremder Stoff für unseren Körper – man sollte also niemals zu viel davon nehmen, sondern sich immer streng an die Vorgaben auf dem Beipackzettel halten.
Spätestens nach vier Wochen sollte man mit Säureneutralisierern skeptisch umgehen. Hört man nicht auf diesen Ratschlag, lernt man sehr schnell einen trotzigen Magen kennen, der seine Säure zurückwill. Unser Magen produziert dann einfach extra viel Säure – einmal, um das Medikament abzupuffern, und darüber hinaus, um endlich wieder sauer zu sein. Säureneutralisierer sind nie Dauerlösungen – auch nicht bei anderen Säurephänomenen wie der Magenschleimhautentzündung.
Hat man also trotz Säureneutralisierern immer noch Beschwerden, muss der Arzt kreativer werden. Er sollte ein Blutbild machen und eine körperliche Untersuchung. Bei normalen Ergebnissen kann er dann einen Säure-Pumpen-Hemmstoff empfehlen. Solche Hemmstoffe hindern die Magenzellen daran, überhaupt erst Säure in den Magen zu pumpen. Die Säure fehlt dem Magen vielleicht hier und da – aber man muss ihm und der Speiseröhre in solchen Fällen erst mal wieder Ruhe verschaffen, um sich von den Säureattacken zu erholen.
Wenn die Probleme nachts auftreten, ist es clever, sich im 30°-Winkel erhöht hinzulegen. Es kann schon eine ganz lustige Abendbastelei sein, so eine Konstruktion mit Geodreieck und Kopfkissen hinzubekommen. Es gibt aber auch vorgefertigte Kissen im Fachhandel. Die 30°-Oberkörper-Hochlagerung ist außerdem super für das Herz-Kreislauf-System. Das hat unser Physiologieprofessor gefühlte dreißig Mal gesagt – und da er Herz-Kreislauf-Forscher ist und sich selten wiederholt, glaube ich ihm das. Gleichzeitig führt es auch dazu, dass ich ihn mir immer in 30°
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