Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
und Autoimmunkrankheiten gibt es dort. Je steriler ein einzelner Haushalt ist, desto eher haben dessen Bewohner Allergien und Autoimmunkrankheiten. Vor dreißig Jahren war etwa jeder Zehnte gegen etwas allergisch – heute ist es jeder Dritte. Gleichzeitig ist die Anzahl der Infektionen seitdem nicht deutlich gesunken. Clevere Hygiene sieht anders aus – die Forschung an den Bakterien dieser Welt läutet ein neues Verständnis von Sauberkeit ein. Es geht dabei nicht mehr nur um das Abtöten von Gefährlichem.
Mehr als 95 Prozent aller Bakterien auf dieser Welt tun uns nichts. Viele helfen uns sehr. Desinfektion hat im normalen Haushalt nichts zu suchen – außer jemand in der Familie ist krank oder der Hund hat auf den Wohnzimmerboden gekackt. Wenn auch noch ein kranker Hund auf den Boden gekackt hat, dann sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: Dampfreiniger, Sagrotan-Flutung, kleine Flammenwerfer … so etwas kann auch Spaß machen. Wenn der Boden voller Schuhabdrücke ist, dann reicht allerdings Wasser und ein Tropfen Reinigungsmittel. Die beiden reduzieren die Bodenbakterien bereits um bis zu 90 Prozent. Die normale Fußbodenbevölkerung hat so die Chance, wieder zurückzukehren – vom schlechten Rest ist dafür einfach zu wenig übrig.
Beim Saubermachen sollte es darum gehen, weniger Bakterien zu haben – nicht gar keine. Auch schlechte Bakterien können gut für uns sein, solange unser Körper sie zum Trainieren benutzen kann. Ein paar tausend Salmonellen in unserer Spüle sind für unser Immunsystem Sightseeing. Erst wenn die Salmonellen zu viel werden, wird es gefährlich. Zu viel werden Bakterien dann, wenn sie perfekte Bedingungen dafür vorfinden: geschützten Raum, feuchte Wärme und ab und zu leckeres Essen. Um sie in Schach zu halten, gibt es vier sinnvolle Haushaltstechniken: verdünnen, Temperatur, trocknen und reinigen.
Das Verdünnen
Die Technik des Verdünnens nutzen wir auch im Labor. Wir verdünnen Bakterien mit Flüssigkeit und geben Wachsmottenlarven unterschiedlich konzentrierte Bakterientropfen. Wachsmottenlarven verfärben sich, wenn sie krank werden. So kann man gut sehen, ab wann bestimmte Bakterien krank machen – manche schon ab 1000 , andere erst ab 10 Millionen pro Tropfen.
Verdünnen im Haushalt ist beispielsweise auch das Abwaschen von Gemüse und Obst. Die meisten Bakterien aus dem Erdboden werden so runtergedünnt, bis sie uns nicht mehr schaden können. In Korea gibt man zu dem Wasser noch etwas Essig dazu, um es den Bakterien durch Säure ungemütlich zu machen. Auch das Lüften von Zimmern gehört zur Verdünnungstechnik.
Wenn man Geschirr, Besteck oder Bretter schön unter Wasser verdünnt, dann noch mal mit dem Schwamm drüberwischt und zur Seite stellt, hätte man sie genauso gut mit der Zunge ablecken können. Küchenschwämme sind schön warm, feucht und voller Nahrung – perfekt für jede Mikrobe, die vorbeikommt. Jeder, der einen Küchenschwamm unter dem Mikroskop anguckt, möchte sich eine halbe Stunde auf dem Boden zusammenkrümmen und hin- und herschaukeln.
Küchenschwämme sind nur für groben Dreck – danach sollte man Besteck oder Teller unter fließendem Wasser kurz abspülen. Das gilt genauso für dauerfeuchte Küchenhandtücher. Sie dienen eher der gleichmäßigen Bakterienverteilung als dem Abtrocknen. Schwämme und Tücher müssen gut ausgewrungen werden und zwischendurch trocknen – ansonsten sind sie die perfekt nahrhaft-feuchten Wirtshäuser für Bakterien.
Das Trocknen
Auf trockenen Oberflächen können sich Bakterien nicht vermehren, einige sterben sogar ab. Ein gewischter Boden ist nach dem Trocknen am saubersten. Trockenere Achseln durch Deo sind ungemütlicher für Bakterien – das vermindert Geruch. Trocknen ist eine feine Sache. Wenn wir Lebensmittel richtig trocknen, sind sie lange haltbar, ohne zu vergammeln. Das sieht man bei vielen Getreideprodukten wie Nudeln, Müsli oder Knäckebrot, bei Obst (wie Rosinen), bei Bohnen oder Linsen und bei Fleisch.
Die Temperatur
In der Natur wird einmal im Jahr ordentlich durchgekühlt: Der Winter ist – bakteriell gesehen – eine Art Putzprogramm. Für unseren Alltag ist das Kühlen von Lebensmitteln sehr wichtig. Ein Kühlschrank beinhaltet so viel Essen, dass er auch bei niedrigen Temperaturen ein Bakterienparadies ist. Am besten kühlt man ihn auf maximal 5 °C.
Bei den meisten Waschgängen reicht das Prinzip des Verdünnens völlig aus – bei feuchten Küchentüchern, vielen
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