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Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Titel: Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giulia Enders
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Unterhosen oder Wäsche von Kranken dürfen es gerne auch mal die 60 + °C sein. Über 40 °C sterben die meisten E.coli-Bakterien, bei 70 °C entledigt man sich auch hartnäckiger Salmonellen.
Das Reinigen
    »Reinigen« bedeutet, einen Film aus Fett und Eiweiß von Oberflächen abzulösen. Alle Bakterien, die sich darin oder darunter eingemantelt haben, entfernt man dadurch ebenfalls. Meistens nimmt man dazu Wasser und Reinigungsmittel. Reinigen ist das Mittel der Wahl bei allen Wohnräumen, Küche und Bad.
    Man kann dieses Verfahren auf die absolute Spitze treiben. Das macht Sinn bei der Herstellung von Medikamenten, die Patienten direkt in die Adern laufen (wie Infusionslösungen) – hier darf nicht ein einziges Bakterium drin sein. Die pharmakologischen Labore machten das zum Beispiel mit Jod, weil es sublimieren kann. Sublimieren bedeutet, dass ein fester Jodkristall bei Wärme zu Dampf wird – ohne davor noch kurz flüssig zu sein. Man heizt also Jod auf, so dass der komplette Raum in einem blauen Dampf verschwindet.

Abb.: Bakterien in Jod-Kristallen
    Bis jetzt klingt das noch nach dem Dampf-Staubsauger-Prinzip, aber da geht noch mehr: Jod kann auch resublimieren. Dazu kühlt man das Zimmer wieder ab, und der komplette Dampf kristallisiert sofort aus. Auf allen Oberflächen und sogar mitten in der Luft bilden sich Millionen kleiner Kristalle, schließen alle Mikroben darin ein und fallen eingesperrt zu Boden. Arbeiter kommen durch mehrere Luft- und Desinfektionsschleusen, kleiden sich in keimfreie Ganzkörpermäntel und können so die Jodkristalle auffegen.
    Wir benutzen prinzipiell dasselbe System, wenn wir uns die Hände eincremen: Wir schließen die Mikroben in einen Fettfilm ein und halten sie dort fest. Wenn wir den Film abwaschen, werden wir auch die Bakterien wieder los. Bei dem natürlichen Fettmantel, den die Haut produziert, reicht oft Wasser ohne Seife. Der Fettfilm ist dann nicht völlig demoliert und kann seine Arbeit nach dem Waschen schneller wieder aufnehmen. Zu häufiges Waschen ist Unsinn – das gilt fürs Händewaschen wie auch beim Duschen. Spült man den schützenden Fettfilm zu oft ab, setzt man seine Haut wehrlos der Umgebung aus. Wenn dann stinkende Bakterien Einzug finden, riechen wir beim Schwitzen stärker. Ein Teufelskreis.
Neue Methoden
    Ein Team aus Gent versucht sich derzeit an einer ganz neuen Methode. Die Forscher bekämpfen Schweißgeruch mit Bakterien. Sie desinfizieren Achseln, beschmieren sie mit geruchslosen Bakterien und schauen auf die Uhr. Nach ein paar Minuten kann die Versuchsperson ihr Hemd wieder anziehen und nach Hause gehen. Dann werden die Versuchspersonen immer mal wieder ins Labor eingeladen, und es wird von Experten an ihnen gerochen. Die ersten Ergebnisse sind ziemlich gut – bei vielen können geruchsneutrale Bakterien die stinkenden vertreiben.
    Dieselbe Methode wendet man derzeit auch bei miefenden öffentlichen Toiletten in Düren an. Eine Firma hat einen Bakterienmix, den man wie ein Reinigungsmittel zum Putzen verwenden kann. Der geruchsneutrale Bakterienmix kann sich ausbreiten und nimmt den Stinkern den Platz weg. Die Idee, Sanitäranlagen mit Bakterien zu reinigen, ist genial, aber leider verraten die Hersteller die Zusammensetzung nicht, was es schwermacht, das Produkt wissenschaftlich zu beurteilen. Die Stadt Düren scheint mit diesem Experiment jedenfalls ganz gut gefahren zu sein.
    Diese neuen Bakterienkonzepte zeigen eines sehr schön: Sauberkeit bedeutet nicht, alles Bakterielle auszulöschen. Sauberkeit ist ein gesundes Gleichgewicht aus genügend guten Bakterien und wenigen schlechten. Das bedeutet: kluger Schutz vor wahren Gefahren und manchmal das gezielte Ausbreiten von Gutem. Wenn man sich das vor Augen hält, kann man auch wieder alten Weisheiten zustimmen – wie denen der amerikanischen Autorin Suellen Hoy: »From the perspective of a middle-class American woman (also a seasoned traveler) who has weighed the evidence, it is certainly better to be clean than dirty.«
Antibiotika
    Antibiotika töten gefährliche Krankheitserreger sehr zuverlässig ab. Und deren Familie. Und deren Freunde. Und deren Bekannte. Und ferne Bekannte von den Bekannten. Das macht sie zu den besten Waffen gegen gefährliche Bakterien – und zu den gefährlichsten Waffen gegen die besten Bakterien. Wer stellt die meisten Antibiotika her? Bakterien. Hä?
    Antibiotika sind die Waffen, mit denen feindliche Pilze und Bakterien sich gegenseitig

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