Darth Bane 01 - Schöpfer der Dunkelheit
Rancor starb nicht sofort; er war viel zu groß, um durch zwei Wunden getötet zu werden. Stattdessen trieben die Schmerzen ihn zur Berserkerwut an. Er schlug mit Zähnen und Krallen auf alles in der Nähe ein.
Kas'im wich aus, sprang über eine zuschlagende Tatze hinweg und warf sich dann zu Boden, um einer anderen zu entkommen. Er bewegte sich so schnell, dass der Rancor ihn nur verschwommen hätte sehen können, wenn er nicht ohnehin vor Wut schon blind gewesen wäre. Und bei jeder Ausweichbewegung schlug der Schwertmeister abermals zu, arbeitete an diesem Berg aus Sehnen und Fleisch wie ein Meisterbildhauer an einem Brocken Lommit.
Der Rancor taumelte und stolperte, als vollzöge er den Tanz eines betrunkenen Raumfahrers. Kas'im war rasch und präzise. Mit jeder Sekunde, die verging, wurde sein Gegner langsamer, und seine Kraft ließ mehr nach. Schließlich fiel das Tier mit einem trostlosen Ächzen nach vorn und blieb reglos liegen.
Kas'im wandte sich ab und zog nun schneller weiter. Dieser Kampf hier war der erste um Leben und Tod, seit er Qordis' zugesagt hatte, die Schüler der Akademie auszubilden. Es freute ihn zu sehen, dass die lange Pause seine Fähigkeiten nicht beeinträchtigt hatte.
Er hatte das Gefühl, dass er all diese Fähigkeiten brauchen würde, noch bevor der Tag vergangen war. Bane saß im Schneidersitz auf dem Steinboden des Hauptraums im obersten Stockwerk des Tempels. Er meditierte über Revans Worte, wie er es schon zwischen den Lektionen des Holocrons getan hatte. Nun, da das Artefakt nicht mehr da war, hielt er es für noch wichtiger, darüber nachzudenken, was er über das Wesen der Dunklen Seite gelernt hatte ... und über den Weg, auf den sie ihn führen würde.
Es liegt im Wesen der Dunklen Seite, Rivalität und Auseinandersetzungen zu fördern. Dies ist die größte Stärke der Sith: Die Schwachen werden auf diese Weise aus dem Orden aussortiert.
Die ununterbrochenen Kämpfe der Sith seit Anbeginn der Aufzeichnungen dienten einem notwendigen Zweck: Sie sorgten dafür, dass sich die Macht der Dunklen Seite auf einige wenige Individuen konzentrierte. Die Bruderschaft hatte all das verändert. Es gab nun mehr als hundert Dunkle Lords, die Kaan folgten, aber die meisten waren schwach und unterlegen. Die Anzahl der Sith war größer als je zuvor, aber sie verloren den Krieg gegen die Jedi immer noch.
Die Macht der Dunklen Seite kann nicht auf viele verteilt werden. Sie muss in den wenigen konzentriert werden, die dieser Ehre würdig sind.
Die Idee der Kraft durch Masse war eine Falle ... eine, die alle großen Sith-Lords verschlungen hatte, die vor ihm gekommen waren. Naga Sadow, Exar Kun, Darth Revan: Sie waren alle mächtig gewesen. Alle hatten Schüler angezogen und sie den Weg der Dunklen Seite gelehrt. Alle hatten eine Armee von Anhängern gesammelt und sie auf die Jedi losgelassen. Aber in jedem einzelnen Fall hatten die Diener des Lichts gesiegt.
Die Jedi würden stets vereint zu ihrer Sache stehen. Die Sith würden stets durch interne Streitigkeiten und Verrat geschwächt werden. Genau die Eigenschaften, die sie zu individueller Größe und Ruhm trieben - der gnadenlose Ehrgeiz, die unersättliche Machtgier -, würden sie am Ende als Ganzes zum Untergang verurteilen. Das war das Paradox der Sith, dem keiner entkommen konnte.
Kaan hatte versucht, dieses Problem zu lösen, indem er alle in der Bruderschaft gleichmachte. Aber seine Lösung hatte einen Fehler. Ihr fehlte das Verständnis des wahren Problems. Das Verständnis des wahren Wesens der Dunklen Seite. Die Sith müssen von einem einzigen Anführer beherrscht werden: der Verkörperung von Kraft und Macht der Dunklen Seite.
Wenn alle gleich sind, ist keiner stark. Aber wer immer sich aus den aufgeblähten Reihen der Sith erhob, um den Mantel des Dunklen Lords zu beanspruchen, würde ihn niemals halten können. Mit der Zeit werden die Schüler ihre Kraft zusammentun und den Meister überwältigen. Das ist unvermeidlich. Gemeinsam würden die Schwachen den Starken in einer scheußlichen Perversion der natürlichen Ordnung überwältigen.
Aber es gab noch eine andere Lösung. Eine Möglichkeit, diese endlose Spirale zu brechen, in der die Sith abwärtsgezogen wurden. Bane wusste das jetzt. Zuerst hatte er geglaubt, die Antwort bestünde darin, den Orden der Sith durch einen einzelnen, allmächtigen Dunklen Lord zu ersetzen. Keine anderen Meister. Keine Schüler. Nur ein einziges Gefäß für alles Wissen und alle
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