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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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infizierte Mücken gerechnet. Die Viren haben Südamerika bereits großenteils erobert, und es scheint nur eine Frage der Zeit, wann sie als blinde Passagiere hier eintreffen. Im August 2008 berichten amerikanische Forscher, sie hätten in Galápagos-Pinguinen Erreger der Malariagruppe gefunden. Ein anderer Vertreter dieser Parasitengruppe hat in Hawaii bereits die Hälfte der einheimischen Vogelfauna ausgerottet. Die Tiere auf Galápagos stehen der Herausforderung durch neue Erreger so hilflos gegenüber wie die indianischen Ureinwohner den Seuchen ihrer Eroberer. Die Wehrlosigkeit der Vögel gegen eingeschleppte Krankheiten hat die gleiche Ursache wie ihre Zahmheit gegenüber Menschen: Ohne evolutionären Selektionsdruck haben sie sich nie an den potenziellen Feind anpassen können und müssen.
    Wie konkret die Gefährdung durch Insekten geworden ist, haben Birgit Fessl und Sabine Tebbich vom Wiener Konrad-Lorenz-Institut zeigen können. Die beiden Biologinnen halten sich regelmäßig zu längeren Forschungsaufenthalten auf Galápagos auf, Fessl managt inzwischen als Angestellte der Darwin-Station das Mangrovenfinkenprojekt. Die parasitischen Larven einer Fliege, wahrscheinlich eingeschleppt auf Obst oder Gemüse, machen ausgerechnet den Darwinfinken schwer zu schaffen. Die Fliegen legen ihre Eier in deren Nester, die Larven bohren sich in die Körper der Küken und trinken ihr Blut. Die Sterblichkeit der Jungvögel hat sich bereits deutlich erhöht.
    Ein mindestens ebenso großes Problem geht von Ratten aus, die Vogelnester mit frischen Eiern ausrauben. Die Mangrovenfinken stehen mit weniger als hundert Exemplaren vor dem Aussterben. Birgit
Fessl hat sich ein cleveres Experiment ausgedacht, um die Übeltäter dingfest zu machen. Sie baut die Nester der Vögel aus Kokosfasern nach, formt Eier aus Knetmasse, versieht die künstlichen Nester mit den Ei-Imitaten und hängt sie in Bäume. Um die Bissspuren der Räuber als Abdrücke eindeutig zuordnen zu können, hat sie sich zum Vergleich eigens ein Skelett von RATTUS RATTUS besorgt. Falls die Nager anbeißen, will sie die Eier mit Gift versetzen.
     
    Mehr und mehr Forschung muss sich den Folgen menschlicher Einflüsse widmen. Doch Galápagos hält auch für klassische Biologen weiterhin Geheimnisse bereit. Sabine Tebbich untersucht, wie Spechtfinken lernen, Stöckchen als Werkzeuge zu gebrauchen. Das Geschick der Tiere erinnert an das von Schimpansen, die mit Ästen Ameisen aus Baumlöchern holen. Unglaublich, wie schnell die winzigen Piepmätze bei Versuchen mit künstlichen Verstecken aus Plastikröhrchen begreifen, auf welchem Weg sie an die leckere Larve gelangen. Aber wie lernen sie? »Sozial« wie wir Menschen und mitunter auch Schimpansen? Oder angeboren wie Spechte, die auch ohne Lehrer klopfen können? Die Forscherin hat in ihren Versuchen bei den Finken eine Art Mischform gefunden. Zumindest teilweise sind sie genetisch auf den Werkzeugbedarf vorbereitet. Mithilfe der angeborenen Grundausstattung können sie die Tricks Schritt für Schritt lernen.
    Zum sozialen Lernen und seinem direkten Einfluss auf die Biologie hat Verhaltensökologin Fessl auf der Basis früherer Forschungsarbeiten von Kollegen Grundfinken untersucht. Bei denen lernen die Söhne den Gesang von den Vätern. Weibchen bevorzugen bei der Partnerwahl Männchen mit Gesängen, die denen ihrer Väter ähneln. Mit Klangattrappen lassen sich die Vögel auf die falsche Fährte locken: Die Weibchen wählen nach dem bevorzugten Gesang, auch wenn der Partner aus biologischer Sicht nicht ihrer Präferenz entspricht. Ein durch Lernen weitergegebenes Merkmal beeinflusst demnach das Fortpflanzungsverhalten. Solche abweichenden Vorzüge bei der Partnerwahl, wenn die eine Gruppe plötzlich eine andere Melodie attraktiver findet als die andere, können zur Trennung von Populationen führen, die sich zu eigenen Arten aufspalten.
    Seit ein paar Jahren hat sich Galápagos tatsächlich zu dem »Labor der Evolution« gemausert, das Darwin dort vermutet. Die Biologen
Rosemary und Peter Grant aus Princeton haben evolutionäre Vorgänge in Anfängen erstmals im freien Feld beobachtet. Wie noch niemand vor ihnen können sie die Wirkung der natürlichen Auslese direkt demonstrieren. Sie untersuchen die Schnäbel von Grundfinken auf der Insel Daphne Major, gleichzeitig erfassen sie deren Futterquellen. In Jahren mit extremer Trockenheit stirbt ein Großteil der Population ab. Aber welche Tiere überleben? Das Ehepaar

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