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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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Darwinist betrachtet werden. Er stirbt im Frühjahr 1861. Darwin bleibt der Beisetzung fern. Der Astronom und Philosoph John Herschel nennt die natürliche Auslese »das Gesetz des Drunter und Drüber«. Der vierundsiebzigjährige Adam Sedgwick, Darwins Lehrmeister der Geologie, wird deutlicher. Wer die Lehre akzeptiere, »versenke die menschliche Rasse in einen niedrigeren Stand der Entwürdigung als jeden, in den sie gefallen ist, seit uns schriftliche Zeugnisse ihre Geschichte erzählen«.

    Am schlimmsten wütet Richard Owen, der Anatom, der Darwins fossile Ausbeute der Beagle-Reise ausgewertet hat. Seine Kritik in der »Edinburgh Review« trifft Darwin schwer. Äußerst bösartig, geschickt und … schädlich , wettert der Gescholtene, und gehässig. In spätestens zehn Jahren, verkündet Owen, sei die ganze Sache vergessen. Ihn treiben indes nicht nur religiöse Motive. Er ist auch beleidigt, weil seine eigene These von der spontanen Entstehung neuer Arten ohne zufallsgetriebene Evolution bei Darwin keine Erwähnung findet.
    Ansonsten hat Darwin das Prinzip Generation in die Hände gespielt. Die Widersacher sind durch die Bank älter, die Befürworter jüngeren Alters. Eine rühmliche Ausnahme bildet Charles Lyell. Trotz anfänglicher Skepsis überzeugt ihn die Theorie seines Freundes so sehr, dass er sein eigenes geologisches Standardwerk umschreibt. In Darwins Evolutionstheorie feiert Lyells Gradualismus einen späten Triumph.
    Zum vielfach beschriebenen Höhepunkt der Auseinandersetzung kommt es am 30. Juni 1860 in Oxford. Auf der Versammlung der Britischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften soll Bischof Samuel Wilberforce zu Wort kommen. Er hat in der anglikanischkonservativ beherrschten Universitätsstadt seinen Sitz. Unter den mehr als siebenhundert Zuhörern in der überfüllten Bibliothek sitzen auch Hooker, Huxley und - Robert FitzRoy. Der Kirchenmann heizt die Stimmung an, verspottet den abwesenden Darwin, verhöhnt Huxley, zitiert Owen und macht dann offensichtlich im Überschwang der Attacke einen schweren Fehler: Er wendet sich direkt an Huxley und fragt ihn, ob er lieber einen Affen zur Großmutter oder zum Großvater hätte.
    Der gefürchtete Rhetor hat nur auf diese Gelegenheit gewartet. Über seine Replik kursieren in der Literatur mehrere Versionen. In seiner eigenen fragt er zunächst zurück, »welchen Unterschied es für meine moralische Verantwortung machen würde, wenn ich tatsächlich einen Affen zum Großvater hätte«. Dann dreht Huxley den Spieß um. Vor die Wahl gestellt, »einen erbärmlichen Affen zum Großvater« zu haben »oder einen von der Natur reich begabten Mann mit großen Mitteln und Einfluss«, der sie nur nutze, um »eine ernsthafte wissenschaftliche Diskussion ins Lächerliche zu ziehen, dann zögerte ich nicht zu erklären, dass ich den Affen bevorzugte«.

    Ob die Sitzung wirklich so verlaufen ist, werden wir wohl nie erfahren. Für die Legendenbildung eignet sich die Version hervorragend: Der Saal bricht in Gelächter aus, Huxley weiß das Publikum auf seiner Seite, der Bischof verstummt, und seit dieser Minute tritt der Darwinismus seinen Siegeszug an. Die öffentliche Meinung spaltet sich nicht wegen der natürlichen Auslese, sondern ob der Frage: Hat der Mensch äffische Vorfahren, oder ist er von Gott erschaffen worden?
    Im Tumult meldet sich »ein grauhaariger, älterer Gentleman mit römischer Nase« zu Wort - Robert FitzRoy. »Eine riesige Bibel zuerst mit beiden und dann mit einer Hand emporhaltend« beschwört er »die Anwesenden feierlich, Gott mehr zu glauben als dem Menschen«. Der Direktor des Wetterdienstes distanziert sich von seinem ehemaligen Gefährten, der die Ergebnisse der Beagle-Reise für Ansichten herangezogen habe, »die dem ersten Kapitel der Genesis widersprachen«. Aber offenbar kann er sich kein Gehör verschaffen.
    Darwin erfährt von alledem nur durch Schilderungen. Er weilt gerade zur Wasser-Kur in Sudbrook Park. Ansonsten hat er sich fast vollständig eingebunkert im idyllischen Down. Während die Welt sein Jahrhundertbuch diskutiert, vertieft er sich in experimentelle Detailstudien. Er untersucht die Fortpflanzungsmechanismen von Orchideen, experimentiert mit fleischfressenden Pflanzen, Sonnentau und Venusfliegenfalle, vergleicht Knochen von Zuchtkaninchen und macht Beobachtungen an Bienen.
    Und er ist krank, so krank wie nie - ohne dass die Ursache je geklärt werden kann. Einem Spezialisten für Magenleiden fasst er

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