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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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mit gesellschaftlicher Durchlässigkeit.
    Anders als Obama kam Darwin nicht von unten. Er entstammt einer privilegierten, wohlhabenden Bürgerfamilie. Erfolg und Ruhm hat er weniger seinen Genen als dem Geld seines Vaters zu verdanken, Erziehung und Bildung mindestens so sehr wie seiner Intelligenz. In einfachen Verhältnissen aufgewachsen, hätte er sich trotz seiner Begabungen eher als Arbeiter in einer Fabrik oder Kohlengrube wiedergefunden.
    Dass es auch zu seiner Zeit schon anders ging, zeigt der Lebensweg seines Kontrahenten Alfred Russel Wallace. Der Sohn aus armem Elternhaus bildete sich autodidaktisch zum Naturforscher aus und entwickelte unabhängig von Darwin dieselben Ideen einer Evolution durch Modifikation und Selektion. Doch während der menschliche Körper, so Wallace, seine Evolution weitgehend abgeschlossen hat (eine sehr moderne Auffassung), entwickelt sich der menschliche Geist weiter und erhebt sich über die biologische Selektion.
    Nicht Darwin, sondern der Mann im Blendschatten seines Ruhms, begreift den entscheidenden Punkt: Kulturelle Evolution läuft nicht darwinistisch ab, sondern lamarckistisch: Erworbene Eigenschaften wie Sprache, Werkzeuggebrauch, medizinische Kenntnisse oder Mythologie werden kulturell tradiert, nicht über Gene. Information fließt schneller als Blut.
    Das darwinistische Programm findet seine moderne Fortsetzung in der Soziobiologie, die tierisches wie menschliches Verhalten evolutionsbiologisch zu erklären versucht. Darin lebt Darwins Idee wieder auf, neben körperlichen Merkmalen auch Geistiges über die Mechanismen
der biologischen Evolution zu erklären - und ihr damit die kulturelle unterzuordnen. »Gerade in seiner Kultur zeigt sich des Menschen Natur«, erklärt der Gießener Biophilosoph Eckart Voland. »Sie mögen außergewöhnlich lernfähig sein, aber dass Menschen deshalb belehrbar wären, heißt das nicht. Das ist im Kern die Auffassung der Soziobiologie.« Der Mensch ist schlecht, er kann nicht anders.
    Soziobiologen und ihre jüngsten Ableger, die Evolutionspsychologen, werfen uns auf Steinzeitniveau zurück und behaupten (ohne Beweise liefern zu können), unser heutiges Verhalten habe sich im Wesentlichen als biologische Anpassung an die damaligen Verhältnisse entwickelt. Ihr Argument folgt der darwinistischen Denkweise: Da es existiert, muss es sich als vorteilhaft durchgesetzt haben - auch Gier oder Pädophilie, Fremden- oder Frauenfeindlichkeit. Da soll »der Spaß am Quickie evolutionspsychologisch verankert« sein, da heißt es, Vergewaltigung sei eine »während der Stammesgeschichte begünstigte Spezialisation«, da wird das Gewaltverhalten der Männer in einer Weise für evolutionär erklärt, dass es fast wie ein Freispruch klingt. Denn schuld sind - die Gene!
    Niemand wird die herausragende Rolle von (angeborenen) Instinkten für das menschliche Handeln bestreiten. Wir sind ja nicht sexuell erregt, fürchten uns im Dunkeln oder erleben bei Gefahren Adrenalinschübe, weil uns das jemand beigebracht hat. Aber deshalb zu behaupten, wir seien gewissermaßen Marionetten unserer Gene, wie sie sich bei unseren frühesten Vorfahren als vorteilhaft durchgesetzt haben, verleugnet den Einfluss von Zivilisation und Kultur, oder anders gesagt: der menschlichen Umwelt.
    Genau das macht im Prinzip der britische Biologe Richard Dawkins, als er 1976 die Debatte mit seiner gleichermaßen originellen wie gefährlichen Hypothese vom »Egoistischen Gen« zuspitzt. »Wir sind Überlebensmaschinen - Roboter, die blind darauf programmiert sind, diese egoistischen kleinen Moleküle zu erhalten, die gemeinhin als Gene bekannt sind.« Damit folgt Dawkins direkt dem Gedanken des Survival of the Fittest: Die Gene, die uns formen, haben sich gegen alle anderen Konkurrenten durchgesetzt. Sie »kämpfen« gegeneinander in Form der Organismen, deren Eigenschaften sie bestimmen.

    In Wahrheit »machen« Gene aber nichts, genauso wenig wie Texte von sich aus etwas machen. Allenfalls wird mit ihnen etwas gemacht, wenn sie »gelesen« werden. Biologische Systeme als die eigentlichen Akteure bedienen sich des Genoms, um ihre Lebensfunktionen aufrecht zu erhalten und sich an äußere Umstände anzupassen, nicht umgekehrt. Sie können sogar, etwa durch »springende Gene«, den Evolutionsprozess aktiv vorantreiben und damit unter Umständen ihre Art retten.
    Darwin würde diese moderne Sicht der Biologie wahrscheinlich begrüßen. Er selbst vermutet bereits, dass die natürliche

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