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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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dass sie vom Einfachen zum Komplizierten überging«. Kurz gesagt: Organismen entwickeln sich durch Evolution. Den Menschen versteht Lamarck als Endprodukt, allmählich aus Niederem entstanden, und es ist »nicht zweifelhaft, dass die Vierhänder schließlich zu Zweihändern umgebildet wurden«. Selbst die Abstammung des Menschen von einer Affenart bedeutet für ihn kein Tabu.
    Doch Lamarcks Evolutionstheorie unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von derjenigen Darwins: So kommt in seinem Konzept die gemeinsame Herkunft allen Lebens nicht vor. Statt eines Lebensbaums mit einem einzigen Stamm und vielfältigen Verzweigungen zeichnet er ein Modell aus parallelen Linien. Danach geht jede einzelne Art auf eine primitive Form zurück, die jeweils in einer eigenen Urzeugung aus unbelebter Materie entstanden ist. Von dort entwickeln sie sich getrennt voneinander über einfachste Formen wie Würmer zu höheren wie Insekten und schließlich zu Wirbeltieren. Da alle Arten auf ihren eigenen Ursprung zurückgehen, sind sie nicht miteinander verwandt.
    Lamarck erkennt zwar, dass Lebewesen eine Evolution durchlaufen und sich höher entwickeln können. Doch er sieht weder, dass sich Linien verästeln, noch kann er die Evolution innerhalb der Linien schlüssig erklären. Als Mechanismus schlägt er die »Vererbung erworbener Eigenschaften« vor, die als Lamarckismus bekannt geworden ist. Das geläufigste Beispiel ist die Giraffe, die sich nach Blättern reckt. Der Franzose nimmt an, dass die Tiere einen längeren Hals ausbilden, weil sie sich lebenslang strecken müssen. Jedes Einzelne gibt seinen im Leben erworbenen »Fortschritt« direkt an die nächste Generation weiter. So wird der Hals allmählich immer länger, bis er die heutigen Ausmaße erreicht hat. Die Vielfalt des Lebens, glaubt Lamarck, ist dadurch entstanden, dass unterschiedliche Umwelten die
Entwicklung der einzelnen Arten in verschiedene Richtungen drängen. Der eine Urkeim wird zur Giraffe, der andere zu Löwe, Gazelle oder Elefant. Lamarck sieht weder eine Selektion am Werk, noch glaubt er an das Aussterben von Arten.
    Der Gedanke an eine Evolution im Sinne der Weiterentwicklung von Arten zu immer ausgefeilteren Formen ist also längst in der Welt, als Darwin sich auf die Reise begibt. Doch nach welchem »konstanten Naturgesetz«, wie Lamarck es nennt, Arten entstehen, kann niemand auch nur ansatzweise erklären. Bei seiner Weltumrundung macht der junge englische Naturforscher wichtige Beobachtungen für sein späteres Werk, ohne deren Bedeutung zunächst zu erkennen.
    Noch steht er zu stark unter dem Einfluss von Charles Lyell. Der Geologe widerspricht im zweiten Band seines Standardwerks Lamarck und damit dem Evolutionsgedanken. Er hält zwar das Aussterben von Spezies sowie die Entstehung neuer Arten für möglich - doch nicht durch Urzeugung, sondern durch göttliche Schöpfung, fertig und unveränderbar. Er glaubt nicht, dass sie sich evolutionär weiterentwickeln können. Darwin verhält sich gleichwohl so, als ob er unabhängig von Lyell auf ein Ziel zusteuere, das er selbst nicht kennt.
     
    Das Tucutuco (CTENOMYS BRASILIENSIS) ist ein eigenartiges Tierchen, welches kurz gefasst als Nager mit der Lebensweise eines Maulwurfs beschrieben werden kann. Die Tiere leben unter der Erde und sind trotz Augen mehr oder weniger blind. Sie verständigen sich mit einem ganz eigenartigen Geräusch , dem sie ihren Namen verdanken. Darwin erscheint es seltsam, dass ein Tier überhaupt ein Organ hat, das seine Funktion nicht mehr erfüllt . Ohne es zu wissen, schaut er einem evolutionären Vorgang zu, dem er später in seiner Argumentation für die natürliche Auslese großen Raum einräumen wird: der allmählichen Rückbildung von Organen, die verkümmert noch zu erkennen sind, wie der Blinddarm, Brustwarzen bei Männern oder der Rest vom Schwanz beim Menschen durch »Nichtgebrauch«. Lamarck wäre hocherfreut gewesen, hätte er davon gewusst, als er (wahrscheinlich wahrhaftiger als gewöhnlich) über die allmählich erworbene Blindheit des Aspalax spekulierte - einer anderen Maulwurfsratte ohne Augenlicht, auch als Blindmull bekannt.
    Wenn er ein Tucutuco höre, bitte ich meinen Führer, als wir den
höchsten Gipfel der Sierra de las Animas erklimmen, den »Cerro de las Animas«, solle er mir Bescheid geben. Doch die Erde schweigt. Die Vierbeiner, so sie noch hier leben, halten sich bedeckt. Mäuse aus der Ferne, Spuren eines Fuchses, der Jaguar ist zu Darwins

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