Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Einer hieß Robert FitzRoy, der Darwin hier beinahe um den Großteil seiner Weltreise gebracht hätte.
Wir trafen ziemlich schwer auf einen Felsen. Das tückische Kliff fordert bis heute die Künste der Kapitäne heraus. Die Spitze ist so schmal, dass sie am kommenden Tag trotz aller Anstrengungen nicht gefunden werden konnte . Deshalb also die plötzliche Dünnhäutigkeit Khoklovs, der von einem Fuß auf den anderen tritt und mit seinen hängenden Armen nichts anzufangen weiß. Er steckt fast in der gleichen Lage wie damals der Brite. Mit etwas Glück schlug [die Beagle] nur zweimal an. So etwas würde Khoklov auf der Aliança Pampas den Job kosten. Der Lotse bleibt ruhig. Er kennt die Stelle im Schlaf.
»Wir hatten den gleichen Felsen getroffen, auf den die Beagle 1829 geschlagen war«, gesteht FitzRoy, »als ich ziemlich unvorsichtig mit der letzten Viertelebbe auslaufen ließ.« Zweimal der gleiche Fehler, das wurmt. Offenbar hat auch Khoklov auf einer früheren Tour Bekanntschaft mit dem gefährlichen Stein gemacht - ohne seinem Schiff
allerdings größere Blessuren zuzufügen. Über Details schweigt er sich aus. Bei beiden Gelegenheiten, schreibt Darwin, hat die Beagle keinen nennenswerten Schaden erlitten. Die Unbefangenheit der Landratte. In Wahrheit ist der Schaden so groß, dass die Brigg wenig später auf einen Strand gezogen und repariert werden muss.
Den heimtückischen Felsen, obgleich fast immer unter Wasser, kennt fast jeder in Puerto Deseado. Und zwar nicht wegen der vergleichsweise harmlosen Havarien der Beagle. Ein ähnlich gebautes britisches Schiff, der Dreimaster HMS Swift, hatte hier weniger Glück. Die Kriegsschaluppe war auf den Falklandinseln stationiert und an der patagonischen Küste, ähnlich wie später die Beagle, zu geografischen Vermessungsarbeiten unterwegs. Da Südamerika an diesem Teil der Küste kaum natürliche Häfen bietet, befiehlt Kapitän Farmer während eines schweren Sturms, die Swift in die vermeintlich sichere Flussmündung zu segeln. Schon Magellan hat dort 1520 mit seiner Flotte Schutz vor Unwettern gesucht.
Am 13. März 1770 um sechs Uhr abends prallt die Swift, nur unwesentlich kleiner als die Beagle, gegen den Felsen und sinkt sofort. Mit etwas weniger Glück hätte auch Darwins Reise hier ihr jähes Ende finden können. Vom Untergang des englischen Vermessungsschiffs haben er und seine Gefährten offenbar noch nie gehört. Jedenfalls findet die Geschichte in keinem der bekannten Tagebücher Niederschlag. Kein Wunder angesichts von Hunderten von Briggs, Schonern oder Korvetten, die in jener Zeit den nassen Tod fanden. Seekarten, auf denen die Wracks gesunkener Schiffe eingezeichnet sind, zeigen eindrucksvoll, dass sie fast immer an Küsten zerschellten. Auf offenem Meer, hat Kapitän Khokhlov mir versichert, versinken Ozeanschiffe so selten, wie Flugzeuge vom Himmel fallen.
Bis auf drei Leute kann sich die fast hundertköpfige Mannschaft der Swift retten. Doch ohne ausreichend Proviant ist das Leben der Seeleute weiterhin gefährdet. Also fällen sie eine Entscheidung: Sechs kräftige Männer und ein Offizier sollen auf einem Beiboot die ganze Strecke bis zu den Falklands zurückrudern. Sie schaffen es tatsächlich, und einen Monat später kann der Rest der Mannschaft wohlbehalten in Sicherheit gebracht werden.
Diese Episode ist längst in Vergessenheit geraten, als Anfang der
Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts ein Australier in Puerto Deseado auftaucht. Der Mann hat in alten Unterlagen seiner Familie Aufzeichnungen eines Vorfahren gefunden, der zu den Überlebenden der Swift gehörte. Zum ersten Mal hören die Bewohner der Stadt von dem Schiff und seiner abenteuerlichen Geschichte. Eine Gruppe von Oberschülern beschließt, das Wrack zu suchen. Monatelang tauchen sie im eiskalten Wasser, nehmen immer neue Rückschläge hin, geben aber den Glauben nicht auf - und werden 1982 fündig. Die Swift befindet sich in einem außergewöhnlich guten Zustand.
Die Stadt hat ihre ersten Helden. Dem Anführer der Gruppe zu Ehren wird das »Museum Mario Brozoski« gegründet. Diese einzige Attraktion will ich mir ansehen. Beim Verlassen des Hafens zeige ich dem Zollbeamten meinen Pass und meinen Landausweis für Matrosen. Ohne richtig hinzusehen, stempelt er den Landausweis ab. Ein folgenreicher Fehler, wie sich noch zeigen wird.
Im Museum sind sie bis heute damit beschäftigt, geborgene Fundstücke zu reinigen und zu konservieren. Seit 1998 untersuchen
Weitere Kostenlose Bücher