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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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erfasst er erstmals systematisch Flora und Fauna und stellte während dieser Zeit eine nahezu vollkommene Sammlung der Tiere, Vögel und Pflanzen zusammen . Das wäre in Brasilien unmöglich gewesen. Die schiere Vielfalt der tropischen Arten dort hätte nicht einmal einen Gedanken an Vollständigkeit aufkommen lassen.
    Darwin weiß zwar fleißige Helfer an seiner Seite. Für ein paar Reales haben alle Jungen in der Stadt sich in meinen Dienst gestellt; wenige Tage vergehen, in denen sie mir nicht die sonderbarsten Kreaturen bringen. Doch auch in Uruguay mit heute geschätzten 2500 Pflanzenarten allein in der Prärie und 420 Vogelarten landesweit kann von einer vollständigen Sammlung natürlich keine Rede sein. Dennoch zeigt die Natur sich dem Forscher hier um Größenordnungen übersichtlicher. Je kühler, trockener und windiger das Klima, desto weniger Spezies teilen sich in der Regel das Land.
    Es sind diese Brüche durch lange Seereisen in andere Klimazonen, die Darwin mehr als alles andere die Augen öffnen für die Spielarten von Spezies und ihre jeweilige Anpassung an die örtlichen Verhältnisse. Je krasser die Unterschiede, desto klarer die Vergleiche. Er arbeitet noch nicht an seiner Theorie. Aber sie arbeitet bereits in ihm.
    Rein äußerlich verhält er sich wie jeder Entdeckungsreisende in vergleichbarer Situation. Die regelmäßige Routine besteht an einem Tag im Schießen und Einsammeln meiner Mausefallen, und am nächsten im Konservieren der Tiere. Er fängt, sammelt, pflückt, häutet, trocknet, legt ein, stopft aus - und schickt seine Ausbeute an Henslow. Beschäftigt mit dem Verpacken von Proben der Naturgeschichte für England . Die Schiffszimmerleute
auf der Beagle nageln die Kisten zusammen. Schon damals verbindet ein dichtes, gut organisiertes Netz aus Postrouten die meisten Orte der Erde. Die Besatzungen offizieller Schiffe tauschen je nach Fahrtrichtung ständig die Korrespondenz von und nach Europa oder in andere Teile der Welt miteinander aus, wenn es sein muss, auch auf hoher See. Wenngleich oft mit Verzögerungen von Monaten, stehen Darwin und seine Reisegefährten in ständigem Kontakt mit der Heimat. Ich kann in jedem Provinznest elektronische Post empfangen und versenden.
     
    Beim Sammeln und Sortieren folgt der junge Forscher der grob gesehen heute noch gültigen Ordnung der Natur, wie sie der Schwede Carl von Linné im 18. Jahrhundert begründet hat - eine Idee, die bereits auf Aristoteles und Platon zurückgeht. Das Prinzip, nach dem sich die Arten in das System einfügen, und ihre abnehmende Ähnlichkeit untereinander weisen auf eine Vorstellung hin, die Darwin berühmt machen wird: die gemeinsame Abstammung aller Kreaturen aus einem Ursprung. Die Linné’sche Systematik spiegelt den Baum des Lebens wider, der in ferner Vorzeit wurzelt und sich immer weiter in Klassen, Ordnungen, Gattungen und Spezies verzweigt.
    Der Genfer Zoologe Charles Bonnet hat im 18. Jahrhundert das Modell einer Stufenleiter aller Naturdinge - einer scala naturae - verfochten. Auf der ordnen sich, fußend auf den vier Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde, auf Metallen, Kristallen und Steinen, die Wesen je nach Höhe ihrer Organisation ein - von den Korallen und Pilzen über Pflanzen und Insekten bis zu Vierbeinern und an der Spitze der Mensch. Im Geheimen denkt Bonnet sogar über einen verzweigten Stammbaum und »einen immerwährenden und mehr oder weniger langsamen Fortschritt aller Arten auf eine höhere Vollkommenheit hin«, verwirft den Gedanken aber wieder.
    Darwin kennt Bonnets Spekulationen nicht. Doch als er die Bühne betritt, sind wichtige Elemente einer Evolutionstheorie bereits vorgedacht - nicht zuletzt von seinem eigenen Großvater. In seiner Bordbibliothek führt er neben Reisebeschreibungen und philosophischen Werken auch Bestimmungsbücher mit. Viele stammen aus der Feder von Franzosen, darunter die »Histoire naturelle des animaux sans vertèbres« von Jean Baptiste de Lamarck, einem Professor für »Insekten
und Würmer« am Pariser Museum für Naturgeschichte. In der Ideengeschichte der Wissenschaft wird er als direkter Vorgänger Darwins gesehen.
    Lamarck hat als Fünfundsechzigjähriger, in Darwins Geburtsjahr 1809, mit seiner »Philosophie zoologique« eine erste Evolutionstheorie vorgelegt. Hierin formuliert er bereits einen wesentlichen Gedanken, der Darwin zu Unrecht zugeschrieben wird, »dass die Natur die verschiedenen Organismen nacheinander in der Weise hervorgebracht habe,

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