Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Autos schwer beschädigt. »Es gibt keine effektivere Weise, die Spuren zu zerstören«, klagt die Paläontologin.
Aber sie hat nicht resigniert, sondern den Kampf mit Politik und Behörden aufgenommen, um den Strandabschnitt für Fahrzeuge sperren zu lassen. Dieser weltweit einmalige Trampelzoo müsse unbedingt erhalten bleiben. Während der Hochsaison haben ihre Studenten Wachdienste eingerichtet, um das Schlimmste zu verhindern. Doch erst als Manera 2004 den Internationalen Rolex-Award für ihr Engagement bekommt, kann sie sich Gehör verschaffen. Die erreichte Regelung steht allerdings bis heute nur auf dem Papier.
Die Natur macht es ihr ebenfalls nicht leicht. Wenn sie Pech hat, verschwindet ihr Forschungsobjekt für ein paar Monate im Sand, im schlimmsten Fall bleibt es für immer verborgen. Manche Spuren findet sie ohnehin nur bei extremer Ebbe zu Zeiten von Voll- oder Neumond. An den Füßen von Megatherien aus dieser Gezeitenzone hat sie Hinweise auf Haare entdeckt. Damit, glaubt sie, könne der wissenschaftliche Streit beigelegt werden, ob die Riesenfaultiere ein Fell besaßen oder nicht. Dass die meisten ihrer Megatiere Pflanzenfresser waren, hat schon Darwin an deren Zähnen nachgewiesen
Hier, am Strand bei Pehuén-Co, schlägt er das nächste große Kapitel in seiner Evolutionstheorie auf. In seinem Kopf nimmt sie Formen an wie ein Falter in der Puppe - ohne sich äußerlich bemerkbar zu machen: Gewiss ist kein Faktum in der langen Geschichte der Welt … so verblüffend wie das weitreichende und wiederholte Aussterben ihrer Bewohner. Er stellt eine Frage, die bis heute die Wissenschaft bewegt: Was also hat so viele Arten und ganze Gattungen ausgelöscht? Einigkeit besteht darin, dass es in der Geschichte des Lebens immer wieder zu Katastrophen kam, denen massenhaft Arten und ganze Gruppen von Lebewesen zum Opfer fielen. Über deren Ursachen gehen die Meinungen jedoch weit auseinander.
Mindestens fünf große »Extinktionsereignisse« - »Big Five« genannt - haben Forscher ausgemacht: vor 444 Millionen Jahren im Ordovizium, vor 360 im Devon, vor 251 am Ende des Perm, als 95 Prozent aller im Meer und drei Viertel aller an Land lebenden Spezies verschwanden, und vor 220 Millionen Jahren in der Trias. Am bekanntesten wurde das plötzliche Aussterben der Dinosaurier vor etwa 65 Millionen Jahren. Allein für diesen Massentod sind über hundert Szenarien vorgeschlagen worden. Sie lesen sich wie Drehbücher für Katastrophenfilme.
Die meisten Experten favorisieren als Auslöser jähe Ereignisse wie Einschläge von Himmelskörpern auf der Erde und deren weltumspannende Folgen. Tatsächlich finden sich auf dem ganzen Globus in Ablagerungen genau an der Grenze zwischen Tertiär und Kreidezeit, die das Sauriersterben markieren, stark erhöhte Mengen des Metalls Iridium, das offenbar von Asteroiden oder Kometen stammt. Andere führen klimatische oder ökologische Faktoren ins Feld. Gewaltige Vulkanausbrüche könnten die Atmosphäre für lange Zeiträume regelrecht vergiftet, die Verdunklung der Erde durch riesige Staubwolken wiederum könnte zu Temperaturstürzen und Eiszeiten geführt haben. Wieder andere halten als Ursache für den Massentod das Aufsteigen gigantischer Wolken des giftigen Methans für möglich, das in einer monströsen Explosion verbrannte.
Darwin - dem geologischen Gradualismus Lyells zu- und dem biblisch geprägten Katastrophismus abgeneigt - hält nichts vom Massensterben, wie es eine Sintflut ausgelöst haben soll. Wir müssen annehmen, dass das Aussterben einer ganzen Artengruppe ein langsamerer Vorgang ist als ihre Entstehung , schreibt er in der »Entstehung der Arten«. Für das Massensterben prähistorischer Tiere, deren Friedhof bei Punta Alta er durchwühlt hat, kann es daher nur einen Grund geben: Hat der Mensch, wie behauptet wird, nach seinem ersten Einfall in Südamerika das schwerfällige Megatherium und die anderen Edentata ausgerottet?
Auch auf diese Frage glaubt Teresa Manera die Antwort zu kennen. Einer ihrer Studentinnen ist kürzlich eine weitere Sensation geglückt: Zwischen den Abdrücken der Tiere fand sie die versteinerten Fußspuren von Menschen, die demnach zur selben Zeit am selben Ort gelebt haben.
Was das bedeutet, wird mir erst in ihrem Museum klar. Dort steht
maßstabgetreu ein Replikat des Riesenfaultiers. Gegen dessen fast fünf Meter wirke ich wie ein schmächtiges Kind neben einem kräftig gebauten Erwachsenen. Viel Fleisch für ein Indianervolk.
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