Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
allerdings neue Gefahren. Die gefährlichste ist ein zweibeiniger „Luxurianer“ der meint, die Froschschenkel auf seinem Speiseplan unbedingt um eine weitere, seinen Wohlstand indizierende Attraktion bereichern zu müssen, um so als selbsternannter Feinschmecker seinem Geltungsbedürfnis in mehr als fragwürdiger Weise Befriedigung zu verschaffen. Aber selbst, wenn man diese humane Dekadenz unberücksichtigt lässt, sichert bei diesen Meeresschildkröten allein wegen der natürlichen Räuberorganismen nur eine hohe Nachkommenzahl das Überleben. Arten, die dazu in der Lage sind, werden von der Selektion begünstigt. Somit spiegelt auch dieses Beispiel der natürlichen Geburtenregulation das Wirken der Evolution wider. Weniger zur Nachwuchsproduktion befähigte Meeresschildkrötenarten waren unterlegen und fielen der Auslese zum Opfer. Auch für die Fälle von Tötungen des eigenen Nachwuchses (z. B. bei Raubtieren) sowie für das Stattfinden von Kannibalismus in überbevölkerten Nagerpopulationen liefert Darwins Lehre, wie im Kapitel „
Selektion als Kriegstreiber“
beschrieben, plausible Erklärungen. Wenngleich es hier noch vieles zu erforschen gilt, die Stabilität des Evolutionsmodell ist nicht in Gefahr.
Fest steht: Am Überlebenskampf – keinem Krieg, sondern dem Meistern der Lebensanforderungen in Konkurrenz zu Mitbewerben – kommt kein Individuum und keine Population, Art und Gattung vorbei.
Mechanismen der Selbstkontrolle machen den evolutionären Überlebenskampf nicht überflüssig, sondern sie sind ein Produkt davon. Die selektive Entwicklung dieser Mechanismen ist ein wesentlicher Stabilisierungsfaktor für den dauerhaften Arterhalt.
Arterhaltung und Artwandel – paradoxes Tauziehen oder logische Konsequenz?
„Wer gemeinsam an einem Strange zieht, sollte es auch in die gleiche Richtung tun“
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(Alte Volksweisheit)
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Die darwinistische Definition des Überlebenskampfes als nicht konfrontative Konkurrenz innerhalb einer Leistungsgesellschaft mit dem Fehlen eines kriegerischen Naturbildes schmeckt den Kritikern also überhaupt nicht. Die in dieser Definition enthaltene Konsequenz, dass auch suboptimale Merkmale und weniger leistungsfähige Phänotypen nicht stante pede ausgemerzt bzw. nicht durch Grausamkeiten egoistischer Feinde sofort ausgerottet werden, passt nicht in das Darwin-Bild der Evolutionsgegner. Dabei hat dieser keineswegs nur den „Primanern“ Überlebenschancen eingeräumt, sondern ausdrücklich auf die prinzipielle Bestandsfähigkeit minimaler Merkmalsverbesserung hingewiesen. Dass auch dem „zweiten Glied“ – zwar mit geringeren Erfolgsaussichten – über längere Zeit Bewährungschancen eingeräumt werden, wollen die Kritiker nicht als wesentliche Komponente des Evolutionsmodells anerkennen. Zu fest scheint in ihren Hirnen die völlig aus der Luft geholte Vorstellung eingemeißelt, Darwin könne die Natur nur als globales Schlachtfeld gesehen haben, auf dem nur zwei Alternativen offenständen: Leben oder Tod – Sieg oder Besiegter – Mörder oder Opfer. Fairerweise muss gesagt werden, dass unter diesen „Starrköpfen“ zumindest einige versuchen, plausible Argumente zu finden, weshalb ein friedlicher Konkurrenzkampf als Motor der Evolution nicht in Betracht käme. Der biologische Sinn der natürlichen Selektion liegt ja sozusagen in der Qualitätsverbesserung einer Population bzw. Art. Durch günstige Merkmalsveränderungen wird die Umweltadaptation optimiert, und das dient letztendlich der ArtERHALTUNG. Aber genau in diesem Punkt meldet sich die (schein)argumentationsfreudige Opposition zu Wort. Wenn – so ihr Einwand – die Selektion die Evolution vorantreiben soll, müsse sie doch ein Instrument sein, das den ArtWANDEL forciert und nicht dem Bestandsschutz dienlich sei. Beides gemeinsam – Wandel und Erhalt – sei ja wohl nicht möglich oder wissenschaftlich ausgedrückt eine Contradictio in Adjecto, ein innerer Widerspruch. Das käme dem Ziehen an einem Strang von zwei Seiten gleich. Ist Darwin hier tatsächlich in die „Paradoxonfalle“ getappt, um einen „schwarzen Schimmel“ zu produzieren? Widerspricht sich die Synchronität von Arterhalt und wandel tatsächlich? – Mitnichten! Ein weiterer Irrtum hat sich hier in den Gedankengängen der Kritiker festgesetzt. Der klärende Satz lautet: Arterhalt und Artwandel sind prinzipiell keine Gegensätze! Eine Art kann ihren Merkmalspool verändern und dadurch an Stabilität gewinnen. Das äußere
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