Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
Selbstbegrenzung der Individuenzahlen gäbe, die Konkurrenzkampf und Elitenauslese überflüssig machten. Als Beispiele werden etwa das Revierverhalten, Tötungen des eigenen Nachwuchses bei Raubtieren, hormonelle Fruchtbarkeitsbeschränkungen, Nahrungsketten und vieles andere bis hin zum Massensuizid der Lemminge angeführt. Liebe Kritiker, macht eure Augen auf! Alle die genannten Phänomene sind geradezu Paradebeispiele für die unerschöpflich vielseitige Produktionsfähigkeit mutativ/rekombinanter DNA-Veränderungen und das vielschichtige Wirken der Selektion. Das ist Evolution par excellence im Sinne Darwins. Ihr seht die Entwicklung und fragt nach der Evolution – ihr beschreibt die Bäume, aber weigert euch, den Wald zu erkennen! Löst euch endlich von eurer fixen Idee eines Darwin’schen „Mord-und-Totschlag-Tunnelblicks“! Dass sich höchst beeindruckende soziale Verhaltensweisen herausbilden konnten, die sich über Tausende Generationen hinweg fest im Erbgut verankert haben, ist ein so starkes Argument für das ineinandergreifende Zusammenspiel von zufälliger Merkmalsproduktion (Mutation/Rekombination) und richtunggebender Selektion, dass es jede Schraube um das Gerüst des Evolutionsmodels einige Umdrehungen fester zieht. Von Lockerung oder gar Überdrehung, die Darwins Gegner zu sehen glauben, keine Spur. Also, Scheuklappen ablegen und die Darwin-Krieg-Assoziation streichen!
Variation, Selektion und Evolution findet in allen Bereichen des Lebens statt. Sozialverhalten ist da ein ganz zentrales Thema, das in der Konkurrenz um Ressourcen zum Zünglein an der Waage werden kann. Aber das funktioniert nur in der Gruppe. Wer ständig nur den egoistischen Einzelkämpfer sieht, wird nicht zu einem Verständnis des Darwin’schen Evolutionsprinzips gelangen. Wie anders sollten sich all die wunderbaren natürlichen Mechanismen der Selbstkontrolle entwickelt und dauerhaft konserviert haben, wenn nicht Erbgutveränderungen Phänotypen hervorgebracht hätten, die vorteilhafte, an den Nachwuchs vererbbare Verhaltensweisen offenbaren? Es gibt keine fundiertere Erklärung, als es das Evolutionsmodell liefert. Vielfach gewinnt man den Eindruck, dass die ablehnende Haltung auch gegenüber der aktualisierten Form des Evolutionsmodells auf einer tief verwurzelten Aversion gegen die Person Charles Darwin beruht. Die Gründe sind für den neutralen Beobachter nicht nachzuvollziehen und daher kann die Aufforderung nur lauten: Löst euch von der Starrköpfigkeit, mit der ihr die Abneigung gegen Darwin aufrechterhaltet und orientiert euch an den modernen wissenschaftlichen Belegen, die das Modell erweitert und gefestigt haben! Darwin ist lange tot, jeder weitere Affront gegen ihn sinnlos und unpassend. Mit euren haltlosen Anklagen betreibt ihr einen Kampf gegen Windmühlen.
Auf verschlungenen Pfaden: Nicht Existentes funktioniert anders!
Legen Sie, verehrter Leser, gerade Ihre Stirn in Falten, weil Sie trotz mehrmaligen Lesens dieser verworrenen Überschrift nicht dahintersteigen, worum es in diesem Kapitel gehen soll? Womöglich tippen Sie auch auf einen Übermüdungszustand des Autors. Der kann Sie freilich beruhigen, fühlt sich selbst ausgeschlafen, hält Sie für völlig normal und zählt Sie überdies zu den intellektuell besser Ausgestatteten. Andersfalls würde die Beschäftigung mit dieser speziellen Evolutionsthematik gar nicht Ihr Interesse erwecken.
Worum es in diesem Abschnitt geht, ist ein weiterer Schachzug der Anti-Darwin-Fraktion, deren Logik sich wohl einzig den eingefleischtesten „Tunnelblickern“ erschließt. Das Prozedere ist folgendes: Man erklärt lang und breit, wie bestimmte, im Evolutionsmodell natürlich völlig falsch beschriebene Mechanismen in Wahrheit ablaufen, um dann postwendend darauf hinzuweisen, dass diese Mechanismen eigentlich gar nicht vonstattengehen, weil das zugrunde liegende Problem ja überhaupt nicht existiere. Sind Sie jetzt noch mehr verwirrt, lieber Leser? Jeder logisch denkende Mensch ist das. Darum hier ein hoffentlich klärendes Beispiel: Im vorherigen Kapitel haben Sie erfahren, wie die Kritiker mit Darwins Beschreibung des allgegenwärtigen Nachkommenüberschusses und der Beschränkung der Bevölkerungsexplosion umgehen. Sie verweisen auf natürliche Mechanismen der Selbstregulation, Geburtenkontrolle, verschiedene soziale Verhaltensweisen und so weiter. Dass sie darin nicht das Wirken von Mutation und Selektion erkennen können oder wollen, soll jetzt nicht noch
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