Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
irrigen Grundaussagen, sondern die darauf konstruierten Argumentationsketten. Selbst wenn ich bestes Baumaterial auf ein löchriges Fundament schichte, kann daraus kein stabiles Gebäude entstehen. Wenn aber auch noch das Baumaterial nichts taugt, erschaffe ich nichts weiter als eine Ruine. Das krampfhafte Festhalten an der „Egoismustheorie“, nach der die Konkurrenz im „struggle for life“ einzig die individuelle Selbstsucht fördere, hat die Kritiker zu der absurden These verführt, Konkurrenz und Kooperation seien unvereinbar gegensätzliche Bestrebungen. In der Natur dominiere nun mal die Harmonie, und damit könne Darwins Kampftheorie nur falsch sein. Hier offenbart sich eine weitere kardinale Schwäche des Gegenkonzeptes. Die Kritiker schauen einzig auf den Ist-Zustand, das Ergebnis, ohne die Genese, den Lösungsweg, zu beachten. Wie konnten sich so ausgetüftelte kooperative Beziehungen, wie wir sie heute allerorten in der Natur beobachten, denn herausbilden? Wohl kaum mit dem harmonischen Fingerschnippen einer ominösen Instanz, sondern in der Konkurrenz. Kooperation schafft Selektionsvorteile. Die Entwicklung stabiler Sozialstrukturen befähigt körperlich Schwächere durch Einsatz nicht physischer Kapazitäten zu Leistungen, die für egoistische Einzelkämpfer unerreichbar wären. Und diese Leistungen nutzen dem Allgemeinwohl, stärken die Gruppenstabilität. Auf diese Weise entwickeln verschiedene Populationen über die Ausnutzung individueller Fähigkeiten unterschiedliche Strategien des Zusammenlebens. Diese Strategien müssen sich erneut beweisen, und zwar ständig. Das ist konkurrierende Kooperation oder kooperierende Konkurrenz – ganz gleich. Eine ganz anschauliche Metapher bildet eine Gruppe von Freunden, die sich am Wochenende zum Fußballspielen verabreden. In einer insgesamt sehr harmonischen Atmosphäre wird um jeden Ball gekämpft. Innerhalb jeder Mannschaft haben egoistische Einzelkämpfer keine guten Karten. Was zählt, ist eine auf die eigenen Stärken und Schwächen abgestimmte Taktik. Der eine ist sehr schnell, aber weniger filigran am Ball, ein anderer ein ausdauerndes Laufwunder mit brillanter Technik und der etwas eckige „Terrier“ mit Torjägerqualitäten gibt keinen Ball verloren. Das Team, das diese verschiedenen Stärken und Schwächen am besten zu kombinieren vermag, wird die meisten Erfolge feiern dürfen. Sowohl die „innerartliche“ Konkurrenz (um Spielerpositionen innerhalb der Mannschaft) als auch das „zwischenartliche“ Kräftemessen (mit der gegnerischen Mannschaft) optimieren die Leistungen über einen Selektionsprozess. Denn jene Taktiken und Spielsysteme, die sich als erfolgreich erweisen, werden beibehalten. Diejenigen, die nicht zum Profil einer Mannschaft passen, weil vielleicht nicht die geeigneten Spielertypen zur Verfügung stehen, werden verworfen, fallen sozusagen durch das Raster der Selektion. Wenn nur eine 1,70 Meter große zentrale Sturmspitze zur Verfügung steht, wird das Füttern mit hohen Flankenbällen sicher eine wenig erfolgsversprechende Taktik sein. In einem Team mit einem „1,90er-Brecher“ sieht es vielleicht anders aus. Im Winter auf schneebedecktem Boden ist eine andere Spielweise gefragt als an warmen Sommertagen oder bei „Land unter“-Wetter. Die Umweltbedingungen bestimmen die Richtung des Selektionsdruckes. Sie sehen, lieber Leser, dieses Fußball-Analogon veranschaulicht doch recht gut eine ganze Anzahl an Parametern, die auch für den Ablauf der biologischen Evolution bestimmend sind. Konkurrenz, die mit Harmonie vereinigt bzw. darin umgesetzt wird, steigert die Gesamtqualität, belebt so zu sagen das „Evolutionsgeschäft“. Eigensinn ist kontraproduktiv. Schwächen innerhalb eines Teams (Population) lassen sich durch geeignete Kombination mit vorhandenen Stärken ausgleichen. Das Gesamtergebnis ist entscheidend für die Überlebensfähigkeit. Erfolgreiche Konzepte werden beibehalten – selektiert – und steigern längerfristig das Leistungsniveau (Evolution). Mit Änderung der Umweltbedingungen ändern sich die Selektionsdrücke.
Von einer Unvereinbarkeit von Konkurrenz und harmonischer Kooperation kann jedenfalls keine Rede sein. Und daher ist der Vorwurf, im Evolutionsmodell könne die in der Natur überall anzutreffende Harmonie keinen Platz finden, da sich hier alles nur um Kampf und Krieg drehe, regelrecht absurd. Harmonische Konkurrenz oder konkurrierende Harmonie sind partout keine Wiedersprüche, müssen
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