Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
sind und welche spezifischen Enzyme von Fall zu Fall benötigt werden, ist wie gesagt noch ein Thema mit weit mehr offenen als beantworteten Fragen. Wer übernimmt hier die Funktion des „Supervisors“, der den korrekten Ablauf überwacht?
Wie weit die Epigenetik hier hinter die Kulissen zu schauen in der Lage sein wird, kann heute niemand voraussehen. Ob ein allzu tiefer Einblick mit Bedacht auf die Missbrauchsgefahren überhaupt wünschenswert ist, muss an anderer Stelle sicher diskutiert werden. Hier bleibt als Fazit festzuhalten: Die Regulation von Genaktivitäten ist das zentrale Element der Stammes- und Individualentwicklung der Organismen, für die Zell- und Gewebedifferenzierung, für Regenerations- und Reparaturprozesse, für Zellreifungs- und Alterungsvorgänge sowie für pathologische Entartungen und vieles andere mehr. Ohne Genregulation gäbe es keine Biodiversität, und ohne die Kenntnis ihrer Mechanismen ist ein Gesamtverständnis des Phänomens Leben unmöglich. Wie gesagt, wir stehen bei der Aufklärung der Mechanismen noch ganz am Anfang. Es gibt erste Hinweise auf spezielle Regulatormoleküle, deren Aktivität aber ihrerseits über Signale, die von einer höheren Ebene aus gesendet werden, gesteuert werden muss. Damit verschiebt sich die Grundfrage natürlich nur auf ein höheres Niveau. Wer reguliert die Regulatoren? Das ist eine Art „Matroschka-Problematik“, bei der sich eine Puppe in der anderen versteckt. Auf See ist die Hierarchie eindeutig geklärt. Hier erhält der Matrose seine Befehle vom Bootsmann, der seinerseits vom Kapitän instruiert wird. An Bord bildet Letzterer die absolut höchste Instanz. Doch ist er in seinem Handeln an die seerechtlichen Gesetze gebunden. Auf der Ebene der Gene kennen wir vielleicht gerade einmal den Schiffsjungen. Wie der Kapitän und die übrigen Dienstgrade beschaffen sind, wie die Befehlsweitergabe erfolgt und wie die Naturgesetze entstanden sind, an die alle Aktionen gebunden sind, ist derzeit nicht zu beantworten. Hier wurden schon einige Thesen entwickelt – von der Möglichkeit der molekularen Selbstorganisation bis hin zur spekulativen Existenz sogenannter morphogenetischer Felder 6 . Nach wissenschaftlichen Maßstäben akzeptable Hinweise liefert bislang nur die junge epigenetische Forschung mit Belegen dafür, dass bestimmte Zelleigenschaften auf Tochterzellen vererbt werden, obwohl sie nicht in der DNA-Sequenz festgelegt sind. Hierbei spielen Veränderungen an den Chromosomen eine Rolle, wodurch Abschnitte oder ganze Chromosomen in ihrer Aktivität beeinflusst werden. Wie weit zukünftige Forschungsbemühungen hier Klärung verschaffen, wird sich zeigen, doch sollten wir uns dem Bewusstsein nicht verschließen, dass die Existenz von Kräften, die sich unserer Detektierbarkeit entziehen, keine Utopie sein muss. Wir verstecken diese Einsicht gern hinter dem Begriff der Metaphysik – dem Unfassbaren –, um damit selbst unserer Unwissenheit noch einen wissenschaftlichen Touch zu verleihen.
Kommen wir wieder zurück auf die Kritik an der Evolutionstheorie. Die Fragen „welche wie auch immer geartete (göttliche?) Kraft steht hinter allem?“ und „bedarf es überhaupt einer solchen Kraft?“ sind doch beileibe keine exklusiv für das Darwinmodell geltende Problematik. Vielmehr betrifft sie alle Modelle aus sämtlichen naturwissenschaftlichen Disziplinen. Die Fragen nach den Ursachen von Massen anziehung, Magnetismus, den fundamentalen Materieeigenschaften usw. sind von uns nicht zu beantworten. Der Zugang zu den wirklichen Grundlagen der Naturgesetze wird uns verschlossen bleiben, weil uns entsprechende Antennen fehlen. Aber diese dauerhafte Wissenslücke allein dem Evolutionsmodell anzukreiden, seine Existenzberechtigung von der Beantwortung dieser Fragen abhängig zu machen, ist völlig ungerechtfertigt. Nur bei anderen naturwissenschaftlichen Theorien wagt kaum jemand Kritik zu üben, aus Scham seine Unwissenheit preiszugeben. So trauen sich etwa an die Relativitätstheorie oder die Quantenmechanik nur wirkliche Experten heran. Beim „Normalbürger“ sind diese Modelle über jeden Zweifel erhaben. Man ergeht sich in stiller Ehrfurcht vor der Materie und den findigen „Modellbauern“. Nur Darwin genießt dieses Ansehen nicht. Vielleicht hat er seine Theorie zu volksnah formuliert, sodass sich heute fast jeder für einen Spezialisten hält. Wir haben nicht nur zig Millionen Bundestrainer, die ohne selbst je gegen den Ball getreten zu
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