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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Ian Stewart , Jack Cohen , Erik Simon
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ihrem chronophonischen Schloss mit endlosen gläsernen Zimmern zeigt sie sich von, äh, Zeit zu Zeit als große, dunkelhaarige Frau, die ein langes rotes und schwarzes Gewand trägt.«
    Tick.
    Sogar die Scheibenwelt hat Probleme mit der Zeit. Auf der Rundwelt ist es schlimmer. Es gab eine Zeit (da haben wir’s), als Raum und Zeit für völlig verschiedene Dinge gehalten wurden. Der Raum hatte – oder war – Ausdehnung: Er breitete sich sozusagen ringsum aus, und man konnte sich willkürlich darin bewegen. In vernünftigen Grenzen, vielleicht dreißig Kilometer pro Tag auf einem guten Pferd, wenn die Wege nicht zu schlammig und die Wegelagerer nicht zu aufdringlich waren.
    Tick.
    Die Zeit hingegen bewegte sich nach eigenem Gutdünken und nahm einen mit. Die Zeit verging einfach mit konstanter Geschwindigkeit von einer Stunde pro Stunde, immer in Richtung auf die Zukunft. Die Vergangenheit war bereits geschehen, die Gegenwart geschah jetzt eben – oh, schon vorbei –, und die Zukunft war noch nicht geschehen, aber geschehen würde sie – Sie werden schon sehen –, wenn sie soweit fertig wäre.
    Tick.
    Man konnte auswählen, wohin man im Raum ging, nicht aber in der Zeit. Man konnte nicht die Vergangenheit besuchen, um herauszufinden, was wirklich geschehen war, oder die Zukunft, um herauszufinden, was das Schicksal für einen in petto hatte; man musste einfach abwarten. Die Zeit war also völlig verschieden vom Raum. Der Raum war dreidimensional, mit drei voneinander unabhängigen Richtungen: links/rechts, vorn/hinten, oben/unten. Die Zeit war einfach da .
    Tick.
    Dann kam Einstein des Wegs, und die Zeit vermischte sich mit dem Raum. Zeitartige Richtungen waren noch immer in gewisser Hinsicht von raumartigen unterschieden, aber man konnte sie ein wenig vermengen. Man konnte Zeit hier ausborgen und sie woanders zurückzahlen. Trotzdem konnte man nicht in die Zukunft aufbrechen und sich in der eigenen Vergangenheit wiederfinden. Das wäre Zeitreise gewesen, die in der Physik nicht vorkam.
    Ti…
    Was die Wissenschaft verabscheut, schätzen die Künste. Die Zeitreise mag physikalisch unmöglich sein, aber sie ist ein wunderbares Erzählwerkzeug für Schriftsteller, weil sie es ermöglicht, dass sich die Geschichte in die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft bewegt, wie der Autor es will. Natürlich braucht man dazu keine Zeitmaschine – die Rückblende ist ein herkömmlicher literarischer Kunstgriff. Aber es macht Spaß (und erweist dem Narrativium Respekt), eine Art Erklärung zu haben, die in die Geschichte selbst passt. Viktorianische Schriftsteller verwendeten gern Träume; ein gutes Beispiel ist Charles Dickens’ ›Ein Weihnachtslied in Prosa‹ von 1843 mit den Geistern der vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Weihnacht. Es gibt sogar das literarische Untergenre der ›Zeitverschiebung-Liebesgeschichten‹, manche davon sind ziemlich schwül. Die französischen.
    Die Zeitreise verursacht Probleme, wenn man sie nicht nur als literarischen Kunstgriff betrachtet. Im Verein mit dem freien Willen führt sie zu Paradoxen. Das klassische Klischee ist hier das ›Großvater-Paradox‹, welches auf René Barjavels Roman Der unvorsichtige Reisende zurückgeht. Sie reisen in der Zeit zurück und bringen Ihren Großvater um, aber weil Ihr Vater dann nicht geboren wird und Sie selber auch nicht, können Sie nicht zurückreisen, um ihn umzubringen … Es ist nicht recht klar, warum immer der Großvater daran glauben muss (außer als Anzeichen für ein Klischee, eine heruntergezüchtete Form des Narrativiums). Vater oder Mutter zu töten hätte dieselben paradoxen Folgen. Auch die Vernichtung eines kreidezeitlichen Schmetterlings könnte das bewirken, wie in Ray Bradburys Erzählung ›Ferner Donner‹ (1952), wo der zufällige Tod eines Schmetterlings von der Hand* [* Eigentlich vom Fuß.] eines unwissenden Zeitreisenden die Politik der Gegenwart zum Schlechten wendet.
    Ein anderes gefeiertes Zeitparadox ist das Paradox des kumulativen Publikums. Gewisse Ereignisse – das Standardbeispiel ist die Kreuzigung – sind so mit Narrativium aufgeladen, dass jeder Zeitreisende, der etwas auf sich hält, sie unbedingt wird sehen wollen. Die unvermeidliche Folge ist, dass jeder, der die Kreuzigung besucht, Christus von Tausenden, wenn nicht Millionen von Zeitreisenden umringt finden wird. Ein drittes ist das Paradox der wiederholten Investition. Sie legen Ihr Geld 1955 bei einer Bank an, heben es 2005 mit den

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