Darwin und die Götter der Scheibenwelt
entstanden, zu einer Art, die vom separaten Handeln der Hand Gottes erschaffen wurde.‹«
»Das schrieb der Autor von Die Entstehung ? Es klingt eher nach dem Autor der Theologie .«
»Er schickte sich zu etwas Großem an, Herr. Das machte ihm Sorgen.«
»Ich habe Die Theologie gelesen«, erklärte Ridcully. »Das heißt, einen Teil davon. Klingt alles sehr vernünftig.«
»Ja, Herr.«
»Ich meine, wenn wir nicht alles von Tag eins gesehen hätten, wären wir vielleicht bereit gewesen zu glauben …«
»Ich weiß, was du meinst, Herr. Ich glaube, deshalb war Die Theologie so populär. Darwin – ich meine unseren Darwin – dachte, kein Gott würde so viele Arten von Rankenfußkrebsen erschaffen. Er hielt das für verschwenderisch. Ein vollkommenes Wesen täte so etwas nicht. Die anderen Darwins, die religiösen, meinten, genau das sei der Punkt. Sie meinten, nicht nur die Menschen müssten versuchen, Vollkommenheit zu erreichen, sondern auch die Tiere. Und auch die Pflanzen. Überleben des Würdigsten, so nannten sie es. Die Dinge wurden nicht vollkommen erschaffen, sondern mit dem eingebauten, äh, Bestreben, Vollkommenheit zu erreichen, so als befände sich der Schöpfungsplan in ihnen. Sie konnten sich entwickeln. Und das war eine gute Sache. Es bedeutete, dass sie sich verbesserten.«
»Erscheint logisch«, kommentierte Ridcully. »Zumindest nach Götterlogik.«
»Und dann gibt es da noch die Sache mit dem Garten Eden und dem Ende der Welt«, sagte Ponder.
»Das Kapitel muss ich übersehen haben«, erwiderte Ridcully.
»Es handelt sich um den allgemeinen Mythos von einem goldenen Zeitalter zu Beginn der Welt und schrecklicher Zerstörung an ihrem Ende, aber er ist in einer recht interessanten Sprache verschlüsselt. Nach Darwin brachten die frühen Chronisten die Dinge durcheinander. Wie Trolle, weißt du? Sie glauben, die Vergangenheit liege vor ihnen, weil sie sie sehen. Die schreckliche Zerstörung stellte den Anfang der Welt dar …«
»Oh, du meinst rotglühende Felsen, kollidierende Planeten und so etwas?«
»Genau. Und das Ende der Welt sei die Versammlung vollkommener Geschöpfe und Pflanzen in einem vollkommenen Garten, der dem Gott gehört.«
»Wo sie Glückwünsche entgegennehmen? Wo Preise verliehen und Noten verteilt werden?«
»Könnte sein, Herr.«
»Eine Art immerwährendes Picknick?«
»So drückte er es nicht aus, aber vielleicht hast du Recht.«
»Was ist mit den vollkommenen Wespen?«, fragte Ridcully. »Die bekommt man immer, weißt du. Und Ameisen.«
Ponder war darauf vorbereitet.
»Darüber fand eine lange Debatte statt«, sagte er.
»Und wie endete sie?«, fragte der Erzkanzler.
»Man gelangte zu dem Schluss, dass es sich um ein Thema handle, über das man lange debattieren könne und bei dem weltliche Erwägungen nicht anwendbar seien.«
»Ha! Und Darwin brachte das alles an den Priestern vorbei?«
»Ja«, bestätigte Ponder. »An den meisten von ihnen.«
»Aber er stellte ihre ganze Welt auf den Kopf!«
»Ähm, das passierte ohnehin, Herr. Aber auf diese Weise fiel der Gott nicht unten heraus. Die Menschen forschten und stellten fest, dass die Welt in Wirklichkeit sehr alt war, dass aus dem Grund von Meeren die Gipfel von Bergen geworden waren und vor langer Zeit viele seltsame Tiere gelebt hatten. Viele Leute hatten sich bereits an das Konzept der Evolution gewöhnt. Die Idee von der natürlichen Auslese, wie Darwin sie nannte, von Leben, das sich selbst entwickelte, hing in der Luft. Sie war eine große Bedrohung. Aber Theologie der Arten sprach von einem Plan. Einem riesigen, göttlichen Plan, der sich über Jahrmillionen entfaltete! Und der sogar den Planeten betraf! All der Aufruhr und Vulkane und im Meer versinkende Länder – es war die Entwicklung der Welt, verstehst du? Einer Welt, die mit Mutterboden endete, mit der richtigen Atmosphäre und leicht zugänglichen Mineralien, mit Meeren voller Fische …«
»Mit anderen Worten: einer Welt für Menschen.«
»Treffend ausgedrückt, Herr«, sagte Ponder. »Der Mensch. Gipfel des Erfolgs. Ein Wesen, das sich seiner selbst bewusst ist, Dingen Namen gibt und eine Vorstellung von Epiphanie hat. Jener Darwin schrieb später noch ein anderes Buch mit dem Titel Der Aufstieg des Menschen , wohingegen unser Darwin ein Buch verfasste, das Die Abstammung des Menschen heißt.«
»Aufstieg wäre besser gewesen«, sagte Ridcully.
»In der Tat«, entgegnete Ponder. »Den Theologie -Darwin hielt man für kühn,
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