Darwin und die Götter der Scheibenwelt
englischen Südküste, in der Nähe von Dover, sind Hunderte von Metern hoch. Das bedeutet also mehrere hunderttausend Jahre Ablagerung, und dabei haben wir nur eine von zahlreichen Gesteinsschichten betrachtet, die die geologische Säule bilden – die historische Abfolge verschiedener Gesteine.
Wir besitzen jetzt viele andere Arten von Beweisen für das gewaltige Alter unseres Planeten. Die Zerfallsrate radioaktiver Elemente, die wir heute messen und in die Vergangenheit extrapolieren können, stimmt allgemein mit dem Zeugnis der Gesteinsschichten überein. Die Geschwindigkeit der Kontinentalverschiebung, kombiniert mit den von den Kontinenten zurückgelegten Entfernungen, passt wiederum zu anderen Schätzungen. Wir haben gesehen, dass Indien einst mit Afrika verbunden war, aber vor etwa 200 Millionen Jahren abbrach und sich bis vor 40 Millionen Jahren über die ganze Strecke zu seiner gegenwärtigen Lage bewegte, wo es gegen Asien stieß und den Himalaja auffaltete.
Wenn sich Kontinente voneinander wegbewegen – wie gegenwärtig Afrika und Südamerika oder Europa und Nordamerika –, bildet sich am Ozeangrund neues Material, das aus dem Erdmantel darunter hervorquillt und riesige mittelozeanische Gebirgsrücken bildet. Die Gesteine in den Rücken enthalten eine Aufzeichnung der Veränderungen im Magnetfeld der Erde, das bei der Abkühlung des Gesteins ›eingefroren‹ wurde. Sie zeigen eine lange Folge wiederholter Umkehrungen der Feldausrichtung. Manchmal befindet sich der magnetische ›Nordpol‹ am nördlichen Ende der Erde, wie jetzt, aber die Ausrichtung kehrt sich immer wieder um, sodass sich am geographischen Nordpol der magnetische Südpol befindet. Mathematische Modelle des Magnetfelds der Erde sagen vorher, dass derlei Umkehrungen ungefähr alle fünf Millionen Jahre vorkommen. Man zählt die Umkehrungen im Gestein der mittelozeanischen Rücken, multipliziert mit fünf Millionen Jahren … abermals stimmen die Zahlen ziemlich gut überein, und sorgfältige Vergleiche sowie eine Menge Diskussion unter den Experten führen zu revidierten Zahlen, die noch besser passen.
Der Grand Canyon ist ein tiefer Spalt durch Gesteinsschichten von einer Meile (1,6 km) Dicke. Nun haben Sie die Wahl. Sie können verstehen, was das Zeugnis der Gesteine Ihnen hier sagt: Es hat sehr lange Zeit gedauert, um diese Gesteine abzulagern, und ziemlich lange – wenngleich weniger lang –, damit flutartige Überschwemmungen des Colorado-Flusses sie wieder erodierten. Oder man kann sich einem Buch anschließen, welches bis vor kurzem – bis zahlreiche Wissenschaftler protestierten – in der ›Wissenschafts‹-Abteilung des Grand-Canyon-Buchladens verkauft wurde, und behaupten, der Grand Canyon sei ein Beweis für die Sintflut. Die erste Möglichkeit stimmt mit einer riesigen Menge von Beweisen und den geologischen Vorstellungen überein. Die zweite ist eine hervorragende Erprobung des Glaubens, weil sie zu überhaupt nichts passt. Eine Flut, die nur vierzig Tage dauerte, hätte niemals diese Art von geologischer Formation erzeugen können. Ein Wunder? In diesem Fall könnte die Sahara ebenso gut zum Beweis für die Sintflut erklärt werden, wo sich wunderbarerweise kein tiefer Canyon gebildet hat. Wenn man erst einmal Wunder einräumt, kann man keinem logischen Faden mehr folgen.
Jedenfalls gibt es die zweite Zutat – die Tiefe Zeit. Es dauert gewaltige Zeitspannen, um Organismen in völlig neue Arten zu verwandeln, wenn man – wie Darwin glaubte – nichts als sehr allmähliche Veränderungen vornehmen kann. Doch sogar die Tiefe Zeit im Verein mit erblicher Variation genügt nicht, um zu den organisierten, zusammenhängenden Veränderungen zu führen, die für die Entstehung neuer Arten benötigt werden. Es muss einen Grund für das Auftreten solcher Veränderungen geben, ebenso wie Gelegenheit und Zeit. Wie wir gesehen haben, fand Darwin seinen Grund in Malthus’ Behauptung, das schrankenlose Wachstum von Organismen sei exponentiell, das der Ressourcen dagegen linear. Auf lange Sicht gewinnt immer das exponentielle Wachstum.
Die erste Behauptung trifft ziemlich genau zu, die zweite ist überaus strittig. Die Bedingung ›schrankenlos‹ ist entscheidend, und wirkliche Populationen wachsen nur dann exponentiell, wenn reichlich Nahrung vorhanden ist. Typischerweise beginnt das Wachstum bei einer kleinen Population exponentiell und nimmt dann ab, während die Population wächst. Bei den meisten Arten bringen aber
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