Darwin und die Götter der Scheibenwelt
sich Aleph-nullplex als gut getarntes Aleph-null erweisen, da alle Unendlichkeiten doch wohl gleich sein müssen? Nein. Sind sie nicht. Cantor hat bewiesen, dass man die reellen Zahlen nicht den ganzen Zahlen zuordnen kann. Aleph-nullplex ist eine größere Unendlichkeit als Aleph-null.
Er ging noch weiter. Viel weiter. Er bewies* [* Der Beweis ist nicht schwierig, aber raffiniert. Wenn Sie ihn sehen wollen, schauen sie in ein Lehrbuch der Grundlagen der Mathematik.], dass, wenn hmpf eine unendliche Kardinalzahl ist, hmpfoplex eine größere ist. Also ist Aleph-nullplexplex noch größer und Aleph-nullplexplexplex wiederum größer und …
Die Liste der Cantorschen Unendlichkeiten hat kein Ende. Es gibt keine ›Hyperunendlichkeit‹, die größer wäre als alle anderen Unendlichkeiten.
Die Vorstellung von der Unendlichkeit als der ›größtmöglichen Zahl‹ kommt hier stark ins Wanken. Und das ist die vernünftige Art, eine unendliche Arithmetik zu entwerfen.
Wenn man mit einer unendlichen Kardinalzahl Aleph-hmpf beginnt, dann ist Aleph-hmpfoplex größer. Es ist eine natürliche Annahme, dass das Ergebnis Aleph-(hmpf+1) sein muss, eine Aussage, die in der Verallgemeinerten Kontinuums-Hypothese formuliert ist. 1963 bewies Paul Cohen (unseres Wissens weder mit Jack noch mit dem Barbaren verwandt), dass … nun ja, je nachdem. In manchen Versionen der Mengenlehre ist die Hypothese wahr, in anderen ist sie falsch.
So sind die Grundlagen der Mathematik, und darum ist es besser, erst das Haus zu bauen und die Fundamente später zu legen. Man kann sie dann, wenn sie einem nicht gefallen, wieder herausnehmen und etwas ganz anderes einbauen. Ohne das Haus zu beeinträchtigen.
Das also ist Cantors Paradies: ein völlig neues Zahlensystem von Alephs, von Unendlichkeiten über alle Maßen, die nie enden – in einem sehr starken Sinn von ›nie‹. Es ergibt sich durchweg aus einem sehr einfachen Prinzip: dass man weiter nichts als das Verfahren der ›Zuordnung‹ braucht, um die logischen Grundlagen der Arithmetik zu schaffen. Die meisten Mathematiker stimmen heute mit Hilbert überein, und Cantors ursprünglich erstaunliche Ideen sind tief in die Mathematik eingewoben.
Die Zauberer haben nicht nur mit der Mathematik der Unendlichkeit zu kämpfen. Sie verstricken sich auch in die Physik. Hier ergeben sich völlig neue Fragen nach der Unendlichkeit. Ist das Universum endlich oder unendlich? Auf welche Weise endlich oder unendlich? Und was ist mit all diesen Paralleluniversen, von denen die Kosmologen und Quantentheoretiker immerzu reden? Selbst wenn jedes Universum endlich ist, könnte es unendliche viele parallele geben?
Der gegenwärtigen Kosmologie zufolge ist das, was wir gewöhnlich als das Universum betrachten, endlich. Es begann beim Urknall als ein einzelner Punkt und dehnte sich dann mit endlicher Geschwindigkeit ungefähr 13 Milliarden Jahre lang aus, also muss es endlich sein. Natürlich könnte es unendlich fein unterteilbar sein, ohne eine Untergrenze für die Größe von Dingen, wie die Linie oder die Ebene eines Mathematikers – aber quantenmechanisch gesprochen gibt es unten an der Plancklänge eine deutliche Körnigkeit, also hat das Universum eine sehr große, aber endliche Anzahl von möglichen Quantenzuständen.
Die Viele-Welten-Version der Quantentheorie wurde von dem Physiker Hugh Everett als Methode erfunden, die Qantendarstellung der Welt mit unserer alltäglichen ›vernünftigen‹ Anschauung zu verknüpfen. Sie besagt, dass jedes Mal, wenn eine Entscheidung zu treffen ist – zum Beispiel, ob ein Elektronenspin up oder down ist, eine Katze lebendig oder tot –, das Universum nicht einfach eine Entscheidung trifft und alle anderen Möglichkeiten aufgibt. So sieht es für uns aus, aber in Wahrheit folgt das Universum allen Wahlmöglichkeiten . Zahllose ›alternative‹ oder ›parallele‹ Welten zweigen von derjenigen ab, die wir wahrnehmen. In jenen Welten ereignen sich Dinge, die sich hier nicht ereignet haben. In einer hat Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg gewonnen. In einer anderen haben Sie gestern Abend eine Olive mehr gegessen.
Vom erzählerischen Standpunkt aus ist die Viele-Welten-Beschreibung des Quantenreichs eine reine Freude. Ihr wird wohl kein Autor widerstehen können, der ein beeindruckendes wissenschaftliches Dings braucht, das es ihm erlaubt, Figuren in alternative Erzählungsstränge zu versetzen – wir bekennen uns schuldig.
Das Problem dabei ist, dass die
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