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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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VON GUILFORD LAW:
     
    Ich möchte diese Ereignisse erzählen, solange ich es noch kann.
    Es ist ein Wunder, dass ich noch lebe, und es wäre ein weiteres, wenn auch nur einer von uns den Winter überstünde. Ja, wir haben Unterschlupf gefunden – später mehr über diesen unsäglich merkwürdigen Ort –, aber die Lebensmittel sind knapp, das Klima ist frostig und da ist die ständige Angst vor einem weiteren Überfall.
    Heute bin ich noch geschwächt und das Tageslicht schwindet bereits. (Ich halte den Bleistift, wie Lily es tut, und meine Schrift sieht aus wie die ihre.)
    Ich hoffe, das Tagebuch findet eines Tages zu euch, und Lily wird diese Worte lesen. Ich denke an dich, Caroline, und an Lily, so oft und so intensiv, dass ich euch fast berühren kann. Seit das Fieber zurückgeht, weiß ich, wie sehr es daran beteiligt war.
    Von all meinen Fieberphantomen vermisse ich nur zwei: dich und Lily.
    Morgen mehr, wenn die Umstände es erlauben.
     

     
    Drei Monate sind vergangen, seit uns die Partisanen überfallen haben. Ich war sehr lange ohne Bewusstsein und habe lange nur phantasiert. Das Folgende ist eine Rekonstruktion der Ereignisse. Besonders Avery Keck, John Sullivan und ›Diggs‹ Digby haben mir geholfen, die Lücken zu füllen.
    Ich muss mich kurz fassen, solange es mir an Kraft und Zeit mangelt. (Das Licht, das durch die hohen Steinscharten fällt, ist launisch, weil es durch Wachstuch und Tierhäute gefiltert wird. Ich muss jetzt meinen bescheidenen Beitrag für das Wohlergehen aller leisten – ich helfe hauptsächlich Diggs, der seinen linken Arm nicht mehr benutzen kann. Ich werde gleich beim Kochen unserer kargen Mahlzeit gebraucht. Diggs schürt bereits das Feuer und Wilson Farr ist nach draußen, um einen Eimer Schnee zu holen.)
    Wir hatten also den Bodensee verlassen und näherten uns den Alpen, als wir von einer Bande bewaffneter Partisanen überfallen wurden, die allem Anschein nach nur eins im Sinn hatten: uns umzubringen und auszuplündern. In den ersten Salven verloren wir Ed Betts, Chuck Hemphill und Emil Swensen – und alles wäre noch viel schlimmer gekommen, hätten wir näher am Gehölz kampiert. Dass Tom Compton so kurz entschlossen gehandelt hat, war unsere Rettung. Er führte uns um eine weite, ringförmige Knochenhalde der hiesigen Insekten herum, eine Falle, in die unsere Verfolger hineintappten und die ihnen zum Verhängnis wurde. Die nicht darin umkamen, flohen oder wurden von uns erschossen.
    Sie waren nicht die einzigen Opfer der Insekten. Einem der Biester gelang es, sein Gift in meinen Kreislauf zu spritzen. Bei Einbruch der Dunkelheit, so Dr. Farr, sei ich bereits mit einem Bein im Grab gewesen. Ich war dem Tode geweiht und die meisten von uns litten unter mehr oder weniger großen Verletzungen. Preston Finch kam mit einem verstauchten Knöchel davon, aber sein Elan war dahin; er gab nur noch einsilbige Antworten und übergab die Führung an Sullivan und Tom Compton.
    Nachdem man sich einigermaßen erholt und zum Lager zurückgeschleppt hatte, zeigte sich das ganze Ausmaß der Verwüstung: Die wissenschaftliche Ausrüstung und alle Proben waren verbrannt, die Tiere niedergemetzelt, Proviant und Medikamente gestohlen.
    Der Gedanke daran schmerzt mich jetzt noch. Die ganze Arbeit, Caroline! Sullivans Proben, seine Notizen, seine Pflanzenpresse, alles fort. Beide Kameras zerstört und die belichteten Platten zertrümmert. (Sullivan brachte es mir schonend bei, als ich aus dem Koma erwachte.) Mein Notizbuch hat nur überlebt, weil ich es immer am Körper trage. Wir konnten noch ein paar weitere Notizen bergen, außerdem Schreibgerät und genügend Papierfetzen, sodass jetzt viele von uns ein Wintertagebuch führen.
    Ich konnte nicht um die Toten trauern, Caroline, ebensowenig wie ich die Augen öffnen oder mehr als atmen konnte, während das Gift durch meinen Körper kochte.
    Ich habe sie später betrauert.
    Die Verwundeten brauchten Ruhe und Nahrung. Einmal mehr erwies sich Tom Compton als unsere Rettung. Er brannte meinen Insektenbiss aus und behandelte ihn mit dem bitterstoffhaltigen Saft eines Krauts. Da es weit und breit keine zivilisierten Arzneien gab, akzeptierte Dr. Farr diese Kumpanei mit der Wildnis. Er tat, was er konnte, um Wunden zu verbinden und Knochenbrüche zu richten. Für den Fall, dass sich hier noch mehr Partisanen herumtrieben, fabrizierten wir aus dem, was uns geblieben war, ein Lager, das weniger auffällig und besser zu verteidigen war. Ein paar von

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