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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wenn die Götter wirklich wollen, dass es Krieg gibt, dann dürfte Randalls Aussage kein Hindernis sein. Und die Zeitungen werden sowieso nicht darüber berichten.«
    »Aber sie werden den Mord bringen. Und wenn wir es richtig anstellen, dann waren es britische Agenten.«
    Vale schloss die Augen. Ein Rad greift ins andere, ad infinitum. Einen qualvollen Moment lang sehnte er sich nach der Morphium-Spritze.
    Dann überkam ihn eine verdrossene Entschlossenheit, es war nicht wirklich seine. »Wird es lange dauern?«
    »Überhaupt nicht«, winkte Crane ab.
     

     
    Vielleicht war es eine Nebenwirkung des Morphiums, denn Vale spürte die Gegenwart seiner Gottheit neben sich, als er durch den verwaisten Korridor des Museums zu Randalls Büro ging. Randall war allein, arbeitete noch, und vermutlich hatten die Götter auch das arrangiert.
    Seine Gottheit war ungewöhnlich leibhaftig. Wenn er nach links sah, konnte er sie sehen oder bildete sich ein, sie zu sehen. Sie ging neben ihm her. Bot weder einen erfreulichen noch einen ätherischen Anblick. Ihre Präsenz war so aufdringlich wie die eines ausgewachsenen Ochsen, allerdings um Längen grotesker.
    Sie hatte viel zu viel Arme und Beine, das Maul war grausig, außen scharf wie ein Schnabel und inwendig feucht und knallrot. Ein Kamm aus knotigen Beulen zog sich vom Bauch bis zum Hals. Eine frontale Wirbelsäule? Vale konnte die Farbe der Gottheit nicht ausstehen: ein totes, mineralisches Grün. Crane, der rechts neben ihm ging, sah nichts von alledem.
    Roch auch nichts. Doch der Geruch war genauso leibhaftig, zumindest für Vales Nase. Ein strenger, chemischer Geruch wie in einer Gerberei oder in einer Arztpraxis, wenn irgendeine Flasche zu Bruch gegangen war.
    Sie überraschten Eugene Randall in seinem Büro. (Wie überrascht Randall erst gewesen wäre, hätte er die abscheuliche Gottheit sehen können! Das war offensichtlich nicht der Fall.)
    Randall sah müde von der Arbeit auf. Nach Walcotts Ausscheiden hatte er die Leitung des Museums übernommen, was sichtlich an seinen Kräften zehrte. Ganz zu schweigen von der Vorladung des Untersuchungsausschusses und seiner post mortem nörgelnden Gattin.
    »Elias!«, sagte er. »Und Sie sind Timothy Crane, richtig? Wir sind uns bei Eleanor begegnet.«
    Eine Unterhaltung war unerwünscht. Die Zeiten ändern sich. Crane ging ans Fenster hinter Randall und öffnete den Arztkoffer. Er nahm das Skalpell heraus. Es glitzerte im wässrigen Licht. Randalls Aufmerksamkeit galt weiterhin Vale.
    »Elias, was gibt es? Offen gesagt, ich habe jetzt keine Zeit für…«
    Wofür?, fragte Vale sich, als Crane rasch vortrat und das Messer über Randalls Hals zog. Randall gurgelte und schlug um sich, doch er hatte zu viel Blut im Mund, um wirklich laut zu werden.
    Crane legte das blutige Skalpell in den Koffer zurück und nahm die braune Flasche mit Methylalkohol heraus.
    »Ich dachte, damit wolltest du das Messer sterilisieren«, sagte Vale. Idiotischer Gedanke.
    »Sei nicht albern, Elias.«
    Crane leerte die Flasche über Randalls Kopf und Schultern und besprengte mit dem Rest den Schreibtisch. Randall kippte aus seinem Schreibtischsessel und machte Anstalten, über den Boden zu robben. Eine Hand umklammerte den Hals, als versuchte er, die klaffende Wunde zu schließen, doch das Blut quoll in Bächen über die Finger.
    Crane riss ein Zündholz an.
     

     
    Cranes linke Hand stand in Flammen, als er das brennende Büro verließ. Er war fasziniert, drehte und wendete die Hand vor seinen Augen, bis die blauen Flammen infolge Nahrungsmangel erloschen. Hand und Manschette waren unversehrt geblieben.
    »Amüsant«, sagte er.
    Elias Vale, dem plötzlich speiübel war, sah sich nach seiner Gottheit um. Doch die Gottheit war fort. Alles, was von ihr übrig war, waren Rauch und Feuerschein und dieser entsetzliche Gestank nach brennendem Fleisch.

 
Kapitel Einundzwanzig
     
     
     
    Um wieder zu Kräften zu kommen, ritt Guilford auf einer Wollschlange, derweil Tom Compton die Tiere den Hang hinauftrieb. Es war kein leichter Aufstieg. Der eisverkrustete Schnee verbiss sich in die dicken Beine der Wollschlangen; die Tiere beklagten sich bitter, verweigerten aber nicht den Gehorsam. Vielleicht weil sie begriffen, was hinter ihnen lag, dachte Guilford. Vielleicht waren sie um jeden Schritt froh, den sie zwischen sich und dieses gewaltige Ruinenfeld brachten.
    Nach Einbruch der Dunkelheit und bei Schneeregen machte der Grenzer auf einer Lichtung halt und

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