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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Szene i:
    »Steht nichts im Weg, uns beide zu beglücken, Als diese angenommne Männertracht,
    Umarmt mich dennoch nicht, bis jeder Umstand Von Lage, Zeit und Ort sich fügt und trifft, Daß ich Viola bin.«
    Die Stimme war zart und melodisch, aber sie schien in ihrem Körper Widerhall zu finden und jede Äußerung mit dem Unterton verhaltener Leidenschaft zu erfüllen.
    Und dies Gesicht. Es war wunderbar lebendig, mit köstlicher Dezenz spiegelten ihre Züge wider, was in ihrer Rede sich vollzog. Sie war hinreißend.
    »Tut mir leid«, sagte Hammersmith. »Aber bei so ‘ner Sache gibt es Satzungen und Statuten. Ist sie bei der Equity?«
    »Nein«, sagte Lichfield.
    »Na, da haben Sie’s! Es ist unmöglich. Die Genossenschah schließt solche Fälle von vornherein aus. Die würden uns total zur Schnecke machen.«
    »Was geht Sie das schon an, Hammersmith?« fragte Calloway.
    »Was scheißen Sie sich drum? Sie brauchen nie mehr den Fuß in ein Theater zu setzen, wenn dieser Schuppen einmal abgerissen ist.«
    »Meine Frau hat bei den Proben zugesehen. Sie ist rollenfest.«
    »Das reinste Wunder«, sagte Calloway, der mit jedem begeisterten Blick auf Constantia mehr Feuer und Flamme war.
    »Sie riskieren Ihre Mitgliedschaft, Calloway«, warnte ihn Hammersmith.
    »Das Risiko nehm’ ich auf mich.«
    »Wie Sie sagen, mir kann es ja egal sein. Aber wenn denen was zu Ohren kommt, dann sind Sie weg vom Fenster.«
    »Hammersmith: Geben Sie ihr eine Chance! Geben Sie uns allen eine Chance! Wenn die Equity mich boykottiert, dann ist das allein mein Bier.«
    Hammersmith setzte sich wieder hin. »Kein Schwein wird kommen, ist Ihnen doch klar, oder? Diane Duvall war ein Star; die Leute hätten Ihre ganze geschwollene Inszenierung über sich ergehn lassen, nur um sie zu sehen, Calloway. Aber eine Unbekannte… Na gut, ist ja Ihr Begräbnis. Vorwärts also, ziehn Sie’s durch! Ich will mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. Das geht auf Ihre Kappe, Calloway, vergessen Sie das nicht! Hoffentlich macht man Sie zur Sau deswegen.«
    »Danke sehr«, sagte Lichfield. »Äußerst hebenswürdig.«
    Hammersmith nahm jetzt auf seinem Schreibtisch allerlei Umgruppierungen vor, damit Flasche und Glas deutlicher in den Vordergrund rückten. Die Unterredung war vorbei: Er hatte jegliches Interesse an diesen Schmetterlingen verloren.
    »Gehn Sie«, sagte er. »Gehn Sie doch bloß.«
    »Ich hätte noch ein oder zwei Bitten«, wandte sich Lichfield an Calloway, als sie das Büro verließen. »Änderungen an der Inszenierung, die die Darstellung meiner Frau besser zur Geltung brächten.«
    »Zum Beispiel?«
    »Wegen Constantias Wohlbefinden möchte ich darum bitten, daß man die Beleuchtungsstärke erheblich herabsetzt. Sie ist einfach das Spielen unter so heißer, greller Beleuchtung nicht gewohnt.«
    »Geht in Ordnung.«
    »Ich möchte auch darum ersuchen, daß wir eine Reihe Rampenleuchten installieren.«
    »Rampenleuchten ?«
    »Ein sonderbares Ansinnen, das ist mir klar, aber mit Rampenlicht fühlt sie sich viel unbeschwerter.«
    »Sie blenden aber die Schauspieler«, sagte Calloway, »und es wird schwierig, das Publikum zu sehen.«
    »Trotzdem… Ich muß mir ihre Installierung ausbedingen.«
    »Okay.«
    »Als drittes möchte ich bitten, daß alle Szenen, die mit Umarmen, Küssen oder sonstigem Berühren Constantias verbunden sind, neu einstudiert werden, um jedweden wie auch immer gearteten körperlichen Kontakt auszuschließen.«
    »Ohne Ausnahme?«
    »Ohne Ausnahme.«
    »Warum, um Himmels willen?«
    »Zur dramatischen Gestaltung der Herzens-Arbeit braucht meine Frau keine zusätzlich inszenierte Handlung, Terence.«
    Diese komische Betonung auf dem Wort »Herz«. Herzens-Arbeit.
    Den Hauch eines Augenblicks lang lenkte Calloway Constantias Aufmerksamkeit auf sich. Ihm war, als würde er gesegnet.
    »Machen wir unsere neue Viola mit der Truppe bekannt?«
    schlug Lichfield vor.
    »Warum nicht.«
    Das Trio ging in den Theatersaal.
    Die Neueinstudierung des szenischen Geschehens zur Aus-merzung jeglichen körperlichen Kontakts war einfach. Und obwohl sich die übrigen Ensemblemitglieder gegenüber ihrer neuen Kollegin anfangs zurückhaltend zeigten, lagen sie ihr wegen ihres ungekünstelten Benehmens und ihrer natürlichen Anmut bald zu Füßen. Außerdem bedeutete ihr Mitwirken, daß die Aufführung stattfinden konnte.
    Um sechs ordnete Calloway eine Pause an. Er gab bekannt, daß sie mit der Generalprobe um acht anfangen würden, und

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