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Das 2. Gesicht

Das 2. Gesicht

Titel: Das 2. Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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getroffen. Mit wem dann? Was sollte ich jetzt tun? Natürlich musste ich erst mal meinen Mann alarmieren. Aber wie sollte ich ihm das mit dem Makler erklären? Ich war total verzweifelt. Trotzdem, ich musste etwas tun. Sollte ich vielleicht gleich die Polizei alarmieren? Hieß es nicht immer, dass die ersten Stunden nach dem Verschwinden einer Frau die wichtigsten sind, die einzigen, in denen man noch eine Chance hat, sie zu finden? Sandra, wo bist du?
    Ich rief George an. Er ging nicht ans Telefon. Also schrie ich auf seinen Anrufbeantworter, es sei ein Notfall und er solle mich sofort zurückrufen.
    Ich wartete mit klopfendem Herzen auf seinen Anruf. Aber er rief nicht an. Jedenfalls nicht sofort. Hatte er das Telefon in die Tiefkühltruhe getan? Wie kam ich auf Tiefkühltruhe? Ein Gänsehautschauer überkam mich.
    Ich musste endlich anfangen, ehrlich zu mir zu sein. „Ja, ich habe Angst“, sagte ich laut. Und leise fügte ich hinzu: „Vor George.“ Ja, ich hatte Angst vor George. So, jetzt war es heraus. Dachte ich etwa, dass George Sandra …? Ich wollte diesen Gedanken nicht zu Ende denken.
    Und: Was sollte ich ihm sagen? Dass wir rein zufällig seinen Makler kennengelernt hatten? Dass Sandra sich mit ihm verabredet hatte und nicht wieder nach Hause gekommen ist? Wieso machte George so ein Geheimnis um sein Strandhaus? Jedes Mal, wenn die Sprache darauf kam, wurde er ungehalten und machte richtiggehend zu. Ist es normal, dass ein Mann seine Ehefrau nicht in sein Strandhaus mitnimmt, wo er fast jede Nacht schläft oder arbeitet, wo er ganz offensichtlich lebt? Ist es normal, wenn ein Mann nur mit seiner Frau schläft, wenn er sauer auf sie ist? Und dass ein Mann ausflippt, wenn seine Frau sich für ihn schön macht, während derselbe Mann es offensichtlich gern sieht, wenn die Freundin seiner Frau sich herausputzt und mit ihm flirtet?
    Das Telefon klingelte. Auf dem Display sah ich, dass es George war. Mein Herz klopfte bis zum Hals, denn ich hatte eben festgestellt, dass mein Ehemann alles andere als normal war.
    „Sandra ist verschwunden“, sagte ich statt einer Begrüßung.
    „Was heißt verschwunden?“, fragte er. Es klang nicht mal ärgerlich.
    „Du weißt doch, dass sie gestern Abend ein Date hatte. Sie ist bis jetzt nicht aufgetaucht. Und sie hat mir auch keine Nachricht hinterlassen. George, was soll ich tun?“ Ich schrie es fast.
    „Sie ist doch erwachsen, oder?“
    „Sie bleibt nicht über Nacht weg und den halben Tag ohne Bescheid zu sagen, da kannst du sicher sein.“
    „Der Kerl wird sie wohl total umgehauen haben“, meinte George.
    „So total hat sie noch nie ein Kerl umgehauen. Was soll ich tun?“
    „Du kannst noch nicht zur Polizei gehen, die werden dir das Gleiche sagen, wie ich jetzt. Sandra ist erwachsen. Weißt du, mit wem sie sich getroffen hat?“
    Ich schwieg. Was sollte ich antworten?
    „Hallo, bist du noch dran? Kennst du den Mann, mit dem Sandra sich getroffen hat?“, fragte er.
    „Nein, ich habe ihn nur einmal gesehen.“
    „Du könntest ihren Standort über ihr Smartphone rauskriegen“, schlug er vor. Mir wurde heiß. Genau das hatte Sandra ja auch mit George vergeblich versucht.
    „Gib mir doch einfach ihre Telefonnummer, ich werde es versuchen“, sagte er.
    Widerstrebend gab ich ihm Sandras Nummer. Schon kurz darauf kam sein Rückruf.
    „Das Telefon ist nicht zu orten, sie hat bestimmt den Akku rausgenommen. Außerdem läuft die Nummer noch über Deutschland, da ist es schwerer ranzukommen.“
    Ich schluckte. Mir wurde heiß. Sandra würde nie im Leben den Akku ihres Handys rausnehmen. Niemals!
    „George, wir müssen zur Polizei!“, sagte ich.
    „Du glaubst doch nicht, dass sie sofort jemanden suchen, vor allem, wenn diejenige erwachsen ist und ein Date hatte.“
    Mein Gehirn machte gerade Doppelschicht. Und dann hatte ich eine Idee.
    „Ich habe Sandra den BMW gegeben, könnten wir den nicht als gestohlen melden? Vielleicht finden sie Sandra dann“, sagte ich.
    George lachte. „Du hast vielleicht Ideen! Aber so blöd ist das gar nicht. Nach einem verschwundenen Auto suchen sie sofort. Okay, Engelchen, aber diese Anzeige muss ich machen. Denn du hast ihr ja offensichtlich erlaubt, das Auto zu nehmen. Und wenn jemand sich wundert, warum ich nicht wusste, dass du das Auto verliehen hast, dann erfinde ich eine Geschichte. Du weißt, das kann ich.“
    „Machst du das mit der Polizei sofort?“, fragte ich.
    „Na klar, sofort, versprochen. Und du reg dich

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