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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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spürte, eilte Gwen, ohne sich umzusehen, aus der Scheune, rannte durch den Platzregen zum Haus zurück und ließ das verängstigte Pony in der Finsternis der Scheune allein.
    Rohkopf hörte die Frauenfüße sich entfernen, hörte die Haustür zuschlagen.
    Er wartete, um sicherzugehen, daß sie nicht zurückkam, dann tappte er zu dem Tier hinüber, streckte seine Hand aus und packte es. Das Pony schlug aus und klagte, aber Rohkopf hatte seinerzeit weitaus größere und weitaus besser bewehrte Tiere gerissen als dieses hier.
    Er öffnete den Mund. Blut durchströmte das Zahnfleisch, als die Zähne - wie Krallen, die herausfahren aus einer Katzentatze - aus ihm hervortraten. Zweireihig war jeder Kiefer bestückt, zwei Dutzend nadelscharfer Spitzen. Sie leuchteten auf, als sie sich um das Fleisch des Ponyhalses schlössen. Dickes, frisches Blut strömte Rohkopf die Kehle hinunter. Er schluckte es gierig. Der heiße Geschmack der Welt. Auf ihn hin fühlte er sich stark und weise. Das war nur die erste von vielen Mahlzeiten, die er zu sich nehmen würde, an allem, was ihm in den Sinn kam, würde er sich vollfressen, und niemand würde ihn aufhalten, nicht dieses Mal. Und wenn er soweit war, dann würde er diese Möchtegernanwärter von seinem Thron schleudern, in ihren Häusern würde er sie einäschern, ihre Kinder würde er schlachten und die Eingeweide ihrer Säuglinge als Halsschmuck tragen. Dieser Ort hier gehörte ihm. Daß sie die Wildnis eine Zeitlang gezähmt hatten, hieß beileibe nicht, daß die Erde in ihrem Besitz war. Sie gehörte ihm, und niemand würde sie ihm wegnehmen, nicht einmal die Heiligkeit. Auch mit der kannte er sich aus. Niemals wieder würden sie ihn bezwingen.
    Mit übereinandergeschlagenen Beinen saß er auf dem Scheunenboden, umwunden von graurosa Ponygedärm, und plante sein weiteres Vorgehen, so gut er eben konnte. Ein großer Denker war er nie gewesen. Zuviel Appetit: der überwältigte seine Vernunft. Er lebte im ewigen Hier und Jetzt seines Hungers und seiner Stärke, verspürte ausschließlich den rohen, auf dieses Land begrenzten Trieb, der früher oder später regelmäßig zu einem Gemetzel gedieh.
    Über eine Stunde lang ließ der Regen nicht nach.
    Ron Milton wurde ungeduldig; eine Charakterschwäche, die ihm ein Magengeschwür und einen Spitzenjob in der Designberatung verschafft hatte. Was Milton für einen erledigen konnte, ließ sich unmöglich schneller erledigen. Er war der Beste. Und Faulheit haßte er bei anderen Leuten ebensosehr wie bei sich selbst. Nimm dieses verdammt e Haus, zum Beispiel. Sie hatten versprochen, es wäre bis Mitte Juli fertig, der Garten angelegt, die Zufahrt gepflastert, alles, und bitte, wie sah es jetzt aus, zwei Monate nach dem Termin? Von Bewohnen war bei dem Haus keine Rede, noch lange nicht. Die Hälfte der Fenster ohne Glas, die Eingangstür nicht vorhanden, der Garten ein Schlachtfeld, die Zufahrt ein Sumpf.
    Dies sollte sein Schloß werden, sein Refugium vor einer Welt, die ihm Verdauungsstörungen und Reichtum einbrachte. Ein ruhiger Hafen, weit weg von den Scherereien der City, wo Maggie Rosen züchten und die Kinder reine Luft atmen konnten. Nur daß es noch nicht fertig war. Verdammt, bei dem Tempo wäre er nicht vor nächstem Frühling drin. Noch ein Winter in London. Die Vorstellung ließ ihn schier verzweifeln.
    Maggie gesellte sich zu ihm und bot ihm Schutz unter ihrem roten Schirm.
    »Wo sind die Kinder?« fragte er.
    Sie schnitt eine Grimasse. »Wieder im Hotel, bringen Mrs.
    Blatter zur Verzweiflung.«
    Enid Blatter hatte ihre Kapriolen den Sommer über einige Wochenenden lang ertragen. Sie hatte selber Kinder, und sie war souverän und gelassen genug, um mit Debbie und lan gut zurechtzukommen. Aber selbst ihrem Fundus an Frohsinn und Heiterkeit waren Grenzen gesetzt.
    »War’ besser, wir fahr’n zurück nach London.«
    »Nein. Bitte, bleiben wir doch noch ein, zwei Tage. Wir können Sonntag abend fahren. Ich hätt’ gern, daß wir am Sonntag alle auf das Erntedankfest gehen.«
    Jetzt schnitt Ronnie eine Grimasse. »Ach du lieber Heiland.«
    »Das gehört einfach zum Leben auf dem Dorf, Ronnie. Wenn wir hier leben wollen, dann müssen wir uns auch in die Gemeinschaft eingliedern.«
    Er quengelte wie ein kleiner Junge, wenn er in dieser Stimmung war. Sie kannte ihn so gut, daß sie seine nächsten Worte hören konnte, noch bevor er sie sagte. »Hab’ keine Lust.«
    »Uns bleibt aber nichts anderes übrig.«
    »Wir können heut

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