Das 3. Buch Des Blutes - 3
abend heimfahren.«
»Ronnie …«
»Was soll’n wir hier denn noch. Die Kinder langweilen sich, du bist unglücklich …«
Maggie hatte ihre Gesichtszüge in Beton gefaßt; keinen Millimeter würde sie nachgeben. Dieses Gesicht kannte er genausogut wie sk seine Quengelei.
Er musterte die Pfützen, die sich dort bildeten, wo eines Tages möglicherweise ihr Vorgarten sein würde; er war außerstande, sich hier Gras oder Rosen vorzustellen. Es kam ihm plötzlich alles undurchführbar vor.
»Fahr ruhig schon nach London, wenn du willst, Ronnie.
Nimm die Kleinen mit. Ich bleib’ noch. Und komm’ dann mit dem Sonntagabend-Zug.«
Schlau, dachte er, ihm einen Ausweg anzubieten, der weniger reizvoll war, als hier festzuhängen. Zwei Tage in der Stadt allein auf die Kinder aufpassen. Nein danke.
»Okay. Hast gewonnen. Wir gehn auf das elende Erntedankfest. «
»Du Ärmster.«
»Aber nur, wenn ich nicht beten muß.«
Amelia Nicholson kam in die Küche gelaufen, das runde Gesicht ganz weiß, und brach bewußtlos vor ihrer Mutter zusammen. Auf ihrem grünen Plastikregenmantel war Erbrochenes verschmiert, und Blut auf ihren grünen Gummistiefeln.
Gwen kreischte nach Denny. Die Kleine zitterte in ihrer Ohnmacht, ihr Mund kaute an einem Wort, oder Worten, die nicht kommen wollten.
»Was’n los?« Denny polterte die Treppe herunter. »Um Himmels willen.«
Amelia erbrach sich erneut. Ihr Gesicht war so gut wie blau.
»Was fehlt ihr denn?«
»Sie is’ grad reingekommen. Du rufst besser gleich ‘nen Krankenwagen.«
Denny legte ihr die Hand an die Wange. »Sie hat ‘n Schock.«
»‘n Krankenwagen, Denny…« Gwen zog der Kleinen den grünen Regenmantel aus und öffnete ihr die Bluse.
Langsam stand Denny auf. Durch das regengepeitschte Fenster konnte er den Hof sehen. Die Scheunentür klatschte auf und zu im Wind. Es war jemand drin; flüchtig registrierte er Bewegung-
»Um Himmels willen - ‘nen Krankenwagen!« sagte Gwen abermals.
Denny hörte nicht hin. Jemand war in seiner Scheune, auf seinem Besitz, und solche Übergriffe ahndete er nach strengem Ritual.
Aufreizend öffnete sich erneut die Scheunentür. Ja! Zog sich zurück ins Dunkel. Eindringling.
Er schnappte sich das Gewehr neben der Tür und behielt dabei soweit wie möglich den Hof im Auge. Gwen ließ Amelia auf dem Küchenboden liegen und telefonierte um Hilfe. Das Mädchen stöhnte jetzt. Sie war bestimmt bald wieder okay. Bloß so ein dreckiger Eindringling, der ihr einen Schreck eingejagt hatte, das war alles. Auf seinem Grund und Boden.
Er öffnete die Tür und trat auf den Hof hinaus. Er war in Hemdsärmeln, und der Wind war beißend kalt, aber der Regen hatte aufgehört. Zu seinen Füßen glitzerte der Boden, und Tropfen fielen von jeder Dachrinne, jedem Verandavorsprung, ein unruhiges Schlagzeugsolo, das ihn über den Hof begleitete.
Matt schwang die Scheunentür wieder halb auf und blieb diesmal offen. Er konnte nichts entdecken. Fragte sich vage, ob ihn irgendein Lichteffekt …
Aber nein. Er hatte gesehen, wie sich im Innern jemand bewegte. Die Scheune war nicht leer. Etwas (nicht das Pony) faßte ihn eben jetzt ins Visier. Sähe das Gewehr in seinen Händen und käme ins Schwitzen. Soll er nur. Auf so eine Tour bei ihm aufzukreuzen. Soll ruhig glauben, daß er ihm die Eier wegpusten würde.
Mit einem halben Dutzend selbstsicherer Schritte legte er die Entfernung zurück und betrat die Scheune.
Der Magen des Ponys war unter seinem Schuh, eines seiner Beine rechts von ihm, der Unterschenkel bis auf den Knochen abgenagt. Pfützen gerinnenden Blutes spiegelten die Löcher im Dach wider. Angesichts dieser Verstümmelung hätte er sich am liebsten übergeben.
»Also dann«, forderte er die Schatten heraus. »Komm da raus.« Er hob sein Gewehr. »Hast du mich verstanden, du Dreckskerl? Raus, hab’ ich gesagt, oder ich knall’ dich ins Jenseits.« Und er meinte es auch durchaus ernst.
Am ändern Ende der Scheune rührte sich etwas zwischen den Heuballen.
Jetzt hab’ ich den Hurensohn, dachte Denny. Der Eindringling stand auf, mit seinen ganzen zwei Meter siebzig, und starrte Denny an.
»O mein Gooott …«
Und ohne Warnung ging es auf ihn los, zügig und unaufhalt sam wie eine Lokomotive. Er feuerte voll hinein, und die Kugel traf es in den oberen Brustkorb, aber die Wunde verlangsamte es kaum.
Nicholson drehte sich um und rannte. Die Steine des Hofs waren schlüpfrig unter seinen Schuhen, und er brachte nicht die nötige
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