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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Löwe respektive Christ, dafür zu sorgen.
    »Du tust dir weh, wenn du dich wehrst«, riet Red dem Mann,
    »wir woll’n bloß nachschaun, was du in deinen Taschen hast.«
    »Geht euch nichts an«, gab Pope scharf zurück, und einen Moment lang sprach er als ein Mann, der es vormals gewohnt war, daß man ihm gehorchte. Auf den Ausbruch hin wandte sich Karney von den Mücken ab und blickte Pope flüchtig ins ausgemergelte Gesicht. Namenlose Entartungen hatten es der Würde oder Energie beraubt, aber irgend etwas, das unter dem Dreck schimmerte, war noch vorhanden. Karney fragte sich, was der Mann wohl gewesen sein mochte. Ein Bankier vielleicht? Ein Richter, der nun für das Gesetz für immer verloren war?
    Catso hatte inzwischen in das Gerangel eingegriffen, um Popes Kleidung zu durchsuchen, während Red seinen Gefangenen am Hals gegen die Tunnelmauer hielt. Pope wehrte Catsos unwillkommene Aufmerksamkeiten ab, so gut er irgend konnte; seine Arme rotierten wie Windmühlenflügel, sein Blick wurde zusehends verstörter dabei. Wehr dich nicht, beschwor ihn Karney insgeheim, du kommst dadurch nur schlechter weg. Aber der Alte schien kurz vorm Durchdrehen; er stieß kleine, protestierende Grunzlaute aus, die mehr tierisch als menschlich klangen.
    »Hält doch einer seine Arme«, sagte Catso und duckte sich vor Popes Angriffen. Brendan schnappte Pope an den Handgelenken und riß dem Mann mit einem Ruck die Arme über den Kopf, um eine leichtere Durchsuchung zu ermöglichen. Selbst jetzt, wo jegliche Hoffnung auf ein Entkommen zerschlagen war, hörte Pope nicht auf, sich zu winden. Er schaffte es, Reds linkem Schienbein einen ordentlichen Fußtritt zu verpassen, wofür er seinerseits einen Hieb einstecken mußte. Blut schoß ihm aus der Nase und lief ihm in den Mund. Wo das herkam, gab es noch mehr Farbe, das wußte Karney. Er hatte jede Menge Bilder von Auseinandergenommenen gesehen – helle, schimmernde Eingeweideschlingen; gelbes Fett und purpurne Lichter – all dieser Glanz war in Popes grauem Körpersack verschlossen.
    Karney begriff nicht recht, weshalb ihm so ein Gedanke in den Sinn kam. Es beunruhigte ihn, und er versuchte wieder den Mücken seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, aber sie wurde von Pope beansprucht: Ihm entfuhr ein qualvoller Schrei, als Catso ihm eine seiner Westen aufriß, um zu den tieferen Schichten zu gelangen.
    » Saukerle « kreischte Pope, anscheinend unbekümmert, daß seine Beleidigungen ihm unweigerlich weitere Schläge einbringen würden. »Nehmt eure Scheißhände von mir, oder ich lass’ euch sterben . Euch alle!« Reds Faust machte den Drohungen ein Ende, und Blut floß über Blut. Pope bespuckte seinen Peiniger damit. »Bringt mich nicht in Versuchung«, sagte Pope; seine Stimme sank zu einem. Gemurmel ab.

    »Ich warne euch…«
    »Du riechst wie ein toter Hund«, sagte Brendan. »Bist du das etwa: ein toter Hund?«
    Pope gönnte ihm keine Antwort; sein Blick lag auf Catso, der systematisch den Mantel und die Westentaschen ausleerte und eine klägliche Kollektion Andenken auf den staubbedeckten Tunnelboden warf.
    »Karney«, schnauzte Red, »schau das Zeug durch, ja? Sieh nach, ob irgendwas Brauchbares drunter ist.«
    Karney betrachtete den Plastiktinnef und die verschmuddelten Bänder; die zerfledderten Papierstöße (war der Mann ein Dichter?) und die Weinflaschenkorken. »Is’
    lauter Schund«, sagte er.
    »Schau trotzdem nach«, wies ihn Red an. »Könnte Geld in dem Zeug versteckt sein.« Karney reagierte nicht. » Schau nach, verdammt noch mal.«
    Widerwillig ging Karney in die Hocke und machte sich daran, den aufgehäuften Plunder zu durchfilzen, den Catso noch immer mit Nachschub versorgte. Karney sah auf einen Blick, daß sich nichts Wertvolles darunter befand, obwohl vielleicht einige dieser Gegenstände – die abgegriffenen Photographien, die beinah unentzifferbaren Notizen, irgendeinen Hinweis auf jenen Mann bereithalten mochten, der Pope gewesen war, ehe Suff und einsetzender Irrsinn die Erinnerungen vertrieben hatten. So neugierig er auch war: Karney wollte Popes Intimsphäre nicht antasten. Es war alles, was dem Mann geblieben war.
    »Da ist echt nichts drunter«, meldete er nach oberflächlicher Prüfung. Aber Catso war mit seiner Durchsuchung noch nicht fertig; je tiefer er grub, desto mehr Schichten verdreckter Kleidung boten sich seinen begierigen Händen dar. Pope hatte mehr Taschen als ein Zauberermeister.
    Karney blickte flüchtig von dem elenden Haufen

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