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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Schlaf zu ergattern; und in einer Nacht Arbeit hatte er es lediglich geschafft, ein winziges Stückchen des Knotens zu lösen.
    Die nächsten vier Tage wurde das Problem zu einer fixen Idee, einer dunklen, zwanghaften Leidenschaft, zu der er bei jeder verfügbaren Gelegenheit zurückkehrte, um an dem Knoten zu zupfen mit Fingern, die durch die Beschäftigung zunehmend fühllos wurden. Das Rätselspiel fesselte ihn wie bislang nur weniges in seinem Erwachsenenleben; während der Arbeit am Knoten war er blind und taub gegen die Außenwelt.
    Nachts im Lampenschein in seinem Zimmer sitzend oder tags im Park, konnte er sich beinahe in das verfitzte Innere des Knotens hineinversetzen, war doch sein Bewußtsein so lupenscharf konzentriert, daß es wendiger war als das Licht.
    Aber trotz seiner Ausdauer erwies sich das Aufdröseln als eine langwierige Angelegenheit. Die meisten Knoten, die ihm bisher untergekommen waren, erlaubten, sobald sie teilweise gelockert waren, die vollständige Auflösung. Doch diese Struktur war so geschickt konzipiert, daß das mühsame Lockern von einem Element nur dazu diente, ein anderes zusammenzuziehen und zu straffen.
    Der Dreh, so begriff er allmählich, bestand darin, an allen Seiten des Knotens mit dem gleichen Aufwand zu arbeiten: ein Segment um einen Bruchteil zu lockern, um dann auf der Gegenseite ein anderes im gleichen Ausmaß aufzudröseln, und so weiter. Dieses systematische, wenn auch ermüdende Einkreisen zeigte nach und nach Ergebnisse.
    Von Red, Brendan oder Catso sah er in dieser Zeit nichts; ihr Schweigen ließ darauf schließen, daß sie seine Abwesenheit so wenig betrauerten wie er die ihre. Er war folglich überrascht, als Catso, auf der Suche nach ihm, am Freitagabend aufkreuzte.
    Er kam mit einem Vorschlag. Er und Brendan hatten ein zum Ausrauben geeignetes Haus ausfindig gemacht und wollten, daß Karney Schmiere stand. Diese Rolle hatte er in der Vergangenheit schon zweimal übernommen. In beiden Fällen hatte es sich um kleine Einbruchdiebstähle wie diesen gehandelt; der erste hatte eine Anzahl Schmuckstücke eingebracht, die sich gut zu Geld machen ließen, der zweite mehrere hundert Pfund in bar. Diesmal mußten sie die Sache jedoch ohne Reds Beteiligung durchziehen: Er wurde immer mehr von Anelisa in Beschlag genommen, und die hatte ihn, laut Catso, dazu gebracht, kleinen Diebereien abzuschwören und sein Talent für etwas Anspruchsvolleres aufzusparen.
    Karney spürte instinktiv, daß Catso – und Brendan höchstwahrscheinlich auch – darauf brannte, seine kriminelle Befähigung unter Beweis zu stellen. Das Haus, das sie ausgesucht hatten, war, wie Catso behauptete, problemlos zu knacken, und Karney ein verdammter Narr, wenn er sich die Gelegenheit zu einem so leichten Fang entgehen ließe. Er nickte zu Catsos begeisterten Ausführungen, war aber mit den Gedanken bei einem anderen Fang. Als Catso schließlich mit seiner Platte fertig war, sagte ihm Karney seine Beteiligung bei dem Job zu, nicht des Geldes wegen, sondern weil ihn ein Ja am ehesten wieder zu dem Knoten zurückbringen würde.
    Viel später am selben Abend trafen sie sich, auf Catsos Anregung, um sich die örtlichen Gegebenheiten des geplanten Jobs anzusehen. Die Lage versprach augenscheinlich einen leichten Fang. Karney war oft über die Brücke gegangen, auf der die Hornsey Lane die Archway Road überquerte, aber er hatte nie den steilen Fußweg bemerkt, der – teils Treppe, teils Pfad – seitlich von der Brücke zur darunter liegenden Straße führte. Der Zugang war schmal und leicht überschaubar, und die sich dahinschlängelnde Strecke war nur von einer einzigen Lampe beleuchtet, deren Licht wiederum Bäume verdunkelten, die in den an den Pfad angrenzenden Gärten wuchsen.
    Ebendiese Gärten waren es – die rückwärtigen Zäune konnte man leicht übersteigen oder einreißen –, die einen so ausgezeichneten Zugang zu den Häusern boten. Ein Dieb, der den abgelegenen Fußpfad benutzte, konnte, dem Blick der Passanten auf der oberen wie auch der unteren Straße entzogen, ungestraft kommen und gehen. Man mußte nur den Pfad im Auge behalten, um rechtzeitig Alarm zu geben, falls ein vereinzelter Spaziergänger den Fußweg benutzen sollte. Diese Aufgabe würde Karney übernehmen.
    Die folgende Nacht war ideal für Diebe. Kühl, aber nicht kalt; bewölkt, aber ohne Regen. Sie trafen sich auf Highgate Hill, an den Toren der Passionistenkirche, und gingen von dort hinunter zur Archway Road. Sich

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