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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Aufmerksamkeit wieder dem vorhandenen Problem zu; die Leichtigkeit, mit der der Knoten plötzlich aufging, reizte ihn beinah zum Lachen.
    Seine Augen, vielleicht von seiner wachsenden Erregung befeuert, gaukelten ihm ein verblüffendes Schauspiel vor.
    Farbenblitze in einzigartigen, unbeschreiblichen Tönungen entflammten vor ihm – und sie kamen aus dem Knoteninneren.
    Das Licht erfaßte seine entknotenden Finger, in seinem Glanz wurde Karneys Fleisch durchscheinend. Er konnte seine Nervenenden sehen, die in neugefundener Feinfühligkeit aufleuchteten; die Stäbchen seiner Fingerknochen, dem Auge zugänglich bis aufs Mark. Dann, fast ebenso plötzlich, wie sie ins Leben geflackert waren, erstarben die Farben wieder, ließen seine Augen behext im Dunkel zurück – um dann abermals zu entflammen.
    Das Herz begann ihm in den Ohren zu hämmern. Der Knoten, spürte er, war nur noch Sekunden vor der Auflösung.
    Die verflochtenen Fäden fuhren jetzt eindeutig auseinander.

    Seine Finger waren das Spielzeug der Schnur, und nicht umgekehrt. Er öffnete Schlingen, um die anderen beiden Knoten durchzuschieben; er zog, er drückte: alles auf Geheiß des Knotens.
    Und jetzt kamen die Farben wieder, aber diesmal waren seine Finger unsichtbar, und statt dessen konnte er in den letzten Windungen des Knotens etwas glühen sehen. Die Gestalt krümmte und warf sich wie ein Fisch im Netz und wurde mit jeder abgenommenen Masche größer. Der Hammer in seinem Kopf verdoppelte sein Tempo. Die Luft um ihn war fast klebrig geworden, als wenn er in Schlamm getaucht würde.
    Irgend jemand pfiff. Er wußte, daß ihm das Signal etwas Bestimmtes hätte sagen müssen, aber er konnte sich nicht entsinnen, was. Es gab zu viele Ablenkungen: die sich verdichtende Luft, sein dröhnender Kopf, der Knoten, der sich in seinen hilflosen Händen selber entwirrte, während die wellenförmige, glitzernde Gestalt in seinem Mittelpunkt tobte und schwoll. Der Pfiff ertönte nochmals. Diesmal schüttelte dessen Eindringlichkeit Karney aus seiner Trance. Er schaute auf. Brendan durchquerte bereits den Garten; Catso kam in wenigen Metern Abstand hinterher. Karney blieb nur ein Moment, um ihr Erscheinen zu registrieren, als der Knoten auch schon die Schlußphase seiner Auflösung einleitete. Die letzte Schlinge fiel auseinander, und das Gebilde in ihrem Inneren sprang – um die n-te Potenz anwachsend – Karney ins Gesicht. Er schnellte zurück, um zu vermeiden, daß ihm der Kopf weggerissen würde, und das Wesen schoß an ihm vorbei.
    Vor Schreck strauchelte er in dem Brombeergestrüpp und fiel in ein Bett aus Dornen. Über seinem Kopf schüttelte sich das Laubwerk wie in einem starken Wind. Blätter und kleine Zweige regneten rings um ihn herab. Er starrte in die Äste hinauf und bemühte sich, etwas von der Gestalt zu erblicken, aber sie war bereits außer Sicht.
    »Wieso hast mir nicht geantwortet, du bekackter Idiot?«

    wollte Brendan wissen, »wir ham geglaubt, du hast ’ne Fliege gemacht.«
    Karney bemerkte Brendans atemloses Aufkreuzen kaum; er suchte noch immer den Baldachin der Bäume über seinem Kopf ab. Der muffige Geruch kalten Schlamms füllte seine Nasenlöcher.
    »Wär’ besser, du setzt dich in Bewegung«, sagte Brendan, der durch den zerbrochenen Zaun auf den Pfad hinauskletterte.
    Mühsam versuchte Karney, sich hochzurappeln, aber die Dornen der Brombeersträucher, die sich in seinen Haaren und Kleidern verfingen, behinderten ihn.
    »Scheiße!« hörte er Brendan von der anderen Zaunseite her keuchen. »Polizei! Auf der Brücke.«
    Catso hatte das Gartenende erreicht. »Was machst’n da drunten?« fragte er Karney.
    Karney streckte die Hand aus. »Hilf mir«, sagte er. Catso packte ihn am Handgelenk, aber im selben Augenblick zischte Brendan: » Polizei! Los, weg! «, und Catso ließ seine Hilfestellung bleiben und verduftete durch den Zaun, um Brendan zur Archway Road hinunter zu folgen. Karney brauchte nur ein paar benebelte Sekunden, um festzustellen, daß die Schnur mit ihren zwei noch verbliebenen Knoten aus seiner Hand verschwunden war. Er hatte sie nicht fallenlassen, da war er sich sicher. Wahrscheinlicher wat daß sie ihn vorsätzlich verlassen hatte, und zwar bei der einzigen Gelegenheit dazu: seinem Handkontakt mit Catso. Er hielt sich an dem verfallenen Zaun fest und hievte sich auf die Beine.
    Polizei hin oder her; Catso mußte vor den Taten der Schnur gewarnt werden. Schlimmeres als die Polente war in der Nähe.
    Während

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